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»Wie ein Hund?«

Sie zögerte. »Vielleicht... ein klein wenig wie ein Hund.« »Vielleicht auch ein klein wenig wie ein Bär?«

»Nein.«

»Wie ein Panther?«

»Nein. Gar nicht wie eine Katze.«

»Wie ein Affe?«

Sie zögerte wieder, runzelte die Stirn, dachte nach. »Ich weiß nicht, warum ... aber, ja, vielleicht ein wenig wie ein Affe. Nur daß kein Hund und kein Affe solche Zähne haben.«

Die Tür zum Korridor öffnete sich, Dr. Selbok tauchte auf. »Die fünf Minuten sind bereits um.«

Walt wollte den Arzt hinauswinken.

Aber Lem sagte: »Nein, es ist schon gut. Wir sind fertig. Eine halbe Minute noch.«

»Ich werde die Sekunden zählen«, sagte Selbok und zog sich zurück.

Zu dem Mädchen gewendet, sagte Lem: »Kann ich mich auf dich verlassen?«

Sie sah ihm in die Augen und sagte: »Daß ich den Mund halte?«

Lem nickte.

Sie sagte: »Ja. Ich will es ganz bestimmt niemandem sagen. Meine Eltern meinen, ich bin für mein Alter ziemlich reif. Geistig und emotionell reif, meine ich. Aber wenn ich anfange, verrückte Geschichten zu erzählen, über... über Ungeheuer, dann werden sie glauben, ich bin doch nicht so reif, und kommen vielleicht auf die Idee, ich bin noch nicht vernünftig genug, mich um Pferde zu kümmern. Und dann ändern sie vielleicht ihre Pläne wegen der Zucht. Das will ich nicht riskieren, Mr. Johnson. Nein, Sir. Also ist es, soweit es mich betrifft, ein verrückter Kojote gewesen. Aber...«

»Ja?«

»Können Sie mir sagen.., besteht die Möglichkeit, daß es wiederkommt?«

»Das glaube ich nicht. Aber eine Weile wäre es wohl klug, nachts nicht zum Stall zu gehen. In Ordnung?«

»In Ordnung«, sagte sie. Nach ihrem gehetzten Blick zu schließen, würde sie die nächsten Wochen nach Einbruch der Dämmerung das Haus nicht mehr verlassen.

Sie gingen hinaus, dankten Dr. Selbok für sein Verständnis und stiegen hinunter in die Parkgarage des Krankenhauses.

Die Morgendämmerung hatte noch nicht eingesetzt, die riesige unterirdische Halle aus Beton war leer und verlassen. Ihre Schritte hallten hohl von den Wänden wider.

Ihre Wagen standen im selben Stockwerk, und Walt begleitete Lem zu dem grünen, nicht gekennzeichneten NSA-Wa-gen. Als Lem den Schlüssel ins Türschloß steckte, um aufzusperren, schaute Walt sich um, um sich zu vergewissern, daß sie allein waren, und sagte dann: »Sag es mir.«

»Kann nicht.«

»Ich werde es herausbekommen.«

»Du bist raus aus dem Fall.«

»Dann mußt du mich vor Gericht bringen. Besorg dir einen Haftbefehl.«

»Das könnte ich tun.«

»Wegen Gefährdung der nationalen Sicherheit.«

»Das würde auch zutreffen.«

»Steck mich doch in den Knast.«

»Das könnte ich tun«, sagte Lem, obwohl er wußte, daß er es nicht tun würde.

Eigenartigerweise, obwohl Walts Hartnäckigkeit störend und mehr als lästig war, tat sie ihm in gewisser Weise wohl. Er hatte nur wenige Freunde, und Walt war davon der wichtigste. Seiner Ansicht nach hatte er deshalb wenige Freunde, weil er wählerisch war, strenge Maßstäbe anlegte. Hätte Walt sich einfach zurückgezogen, sich von einem Bundesgesetz einschüchtern lassen, seine Neugierde abgeschaltet, wie man ein Licht ausknipst, dann wäre das in Lems Augen ein Makel gewesen. »Was erinnert dich an einen Hund und an einen Affen und hat gelbe Augen?« fragte Walt. »Abgesehen von deiner Mama natürlich.«

»Laß gefälligst meine Mama aus dem Spiel, Honky«, sagte Lem. Gegen seinen Willen lächelnd, stieg er in den Wagen. Walt hielt die Tür offen und beugte sich zu ihm in den Wagen. »Was, um Christi willen, ist aus Banodyne entkommen?« »Ich habe dir gesagt, daß es nichts mit Banodyne zu tun hat.«

»Und das Feuer, das sie am nächsten Tag in den Labors hatten ... Haben sie das selber gelegt, um alle Spuren und Hinweise auf das, was sie gemacht haben, zu vernichten?«

»Mach dich nicht lächerlich«, sagte Lem müde und steckte den Schlüssel ins Zündschloß. »Beweismaterial könnte man sehr viel wirksamer auf weniger dramatische Art und Weise vernichten. Falls es Beweismaterial zu vernichten gab. Was nicht der Fall ist. Weil Banodyne damit nichts zu tun hat.«

Lem ließ den Motor an. Aber Walt ließ nicht locker. Er hielt die Tür offen und beugte sich noch tiefer hinein, um sich trotz des Brummens des Motors Gehör zu verschaffen. »Gentechnologie. Damit beschäftigen die sich in Banodyne. Die schnippeln an Bakterien und Viren rum, um neue Bazillen zu entWik-keln, die Nützliches leisten, wie zum Beispiel Insulin herstellen oder Ölpest auffressen. Und mit den Genen von Pflanzen basteln die auch rum, ich schätze, um Mais zu produzieren, der auch in saurem Boden wächst, oder Weizen, der mit der Hälfte des üblichen Wassers auskommt. Wenn wir an Genbastelei denken, dann meinen wir immer, das geschähe in kleinem Maßstab - Pflanzen und Bakterien. Aber könnte es sein, daß die sich an den Genen eines Tieres zu schaffen machen, daß es bizarre Nachkommen bekommt, eine ganz neue Gattung? Ist es das, was sie gemacht haben? Ist es das, was aus Banodyne entflohen ist?«

Lem schüttelte verzweifelt den Kopf. »Walt, ich bin kein Fachmann für Genen-Rekombination, aber ich glaube nicht, daß die Wissenschaft schon genügend weit ist, um mit einiger Zuversicht an solchen Dingen zu arbeiten. Und welchen Sinn hätte es auch? Okay, einmal angenommen, daß die ein unheimliches neues Lebewesen erzeugen könnten, indem sie an der Genstruktur einer existierenden Gattung herumschnippeln - welchen Nutzen würde das bringen? Ich meine, abgesehen davon, daß man es auf einem Rummelplatz zur Schau stellen könnte?«

Walts Augen verengten sich. »Ich weiß nicht. Das mußt du mir sagen.«

»Hör zu. Die Zuwendungen für Forschungsvorhaben sind immer verdammt knapp, und um jede größere und kleinere Zuwendung dieser Art gibt es heftige Konkurrenz, also wird niemand sich leisten können, mit etwas zu experimentieren, das keinen Sinn hat. Verstehst du? Und da jetzt ich in den Fall verwickelt bin, weißt du, daß es sich um eine Angelegenheit der nationalen Verteidigung handeln muß, was wiederum hieße, Banodyne verplempert Pentagon-Geld, um einen Faschingsnarren zu produzieren.«

»Die Worte >verplempern< und >Pentagon< sind schon manchmal im selben Satz vorgekommen«, sagte Walt trocken. »Jetzt bleib mal auf dem Teppich, Walt. Es ist eine Sache, wenn das Pentagon zuläßt, daß einige seiner Auftragnehmer Geld für die Produktion notwendiger Waffensysteme vergeuden, und eine völlig andere, daß sie bewußt Mittel für ein Experiment ohne Verteidigungsnutzen ausgeben. Das System ist manchmal ineffzient, manchmal sogar korrupt, aber regelrecht dumm ist es nie. Und außerdem sage ich noch einmaclass="underline" Dieses ganze Gespräch ist sinnlos, weil das hier nichts mit Banodyne zu tun hat.«

Walt starrte ihn einige Augenblicke lang an und seufzte dann. »Herrgott, Lem, du bist gut. Ich weiß, daß du mich anlügen mußt, aber fast glaube ich jetzt, du sagst die Wahrheit.« »Ich sage die Wahrheit.«

»Du bist gut. Also sag mir... wie steht's mit Weatherby, Yarbeck und den anderen? Habt ihr ihren Mörder inzwischen gefunden?«

»Nein.« Tatsächlich hatte der Mann, den Lem mit dem Fall betraut hatte, berichtet, allem Anschein nach hätten die Sowjets einen Killer eingesetzt, der nicht einer ihrer Agenten sei und vielleicht überhaupt nicht im Kreis der politischen Agenten zu suchen sei. Die Ermittlungen waren offenbar in eine Pattstellung geraten. Aber zu Walt gewendet, sagte er nur: »Nein.«

Walt schickte sich an, sich aufzurichten und die Wagentür zu schließen, beugte sich dann aber noch einmal hinunter. »Eines noch: Hast du schon bemerkt, daß es allem Anschein nach ein bestimmtes Ziel hat?«

»Wovon redest du?«

»Es hat sich, seit es aus Banodyne ausgebrochen ist, beständig in nördlicher oder nordnordwestlicher Richtung bewegt«, sagte Walt.