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Bis jetzt waren noch keine Zäune errichtet worden, also war der Blick frei auf alle zwölf Hinterhöfe an dieser Straße. Purpurne Schatten sickerten über den sandigen Boden, aber sie konnten sehen, daß alle Höfe verlassen waren.

»Nichts zu sehen. Keine Kampfspuren«, sagte Teel.

»Und keine Jungfrau in Gefahr«, erklärte Ken.

»Nun, laß uns wenigstens hier durchgehen und zwischen die Häuser sehen«, erklärte Teel. »Schließlich müssen wir der Öffentlichkeit für ihr Geld etwas bieten.«

Zwei Häuser weiter, in dem zehn Meter breiten Durchgang zwischen den Rohbauten, fanden sie den Toten.

»Verdammt!« sagte Teel.

Der Mann lag auf dem Rücken, großteils im Schatten, im schmutzigroten Licht war nur die untere Hälfte seines Körpers zu sehen, und zuerst konnten Ken und Teel gar nichts erkennen, welcher Horrorfund das hier war. Aber als Ken neben der Leiche niederkniete, sah er mit Entsetzen, daß man dem Mann den Bauch aufgerissen hatte.

»Herr Jesus, seine Augen!« sagte Teel.

Ken ließ den Blick von dem brutal zerfetzten Torso aufwärts wandern und sah leere Höhlen, wo die Augen des Opfers hätten sein sollen.

Teel zog sich in den unratübersäten Hof zurück und holte den Revolver heraus.

Auch Ken trat den Rückzug von der verstümmelten Leiche an und zog ebenfalls die Waffe aus dem Halfter. Obwohl er den ganzen Tag geschwitzt hatte, fühlte er sich plötzlich noch feuchter, spürte eine andere Art von Schweiß auf der Haut, den kalten, sauren Schweiß der Furcht.

PCP, dachte Ken. Nur jemand, der eine volle Dosis PCP intus hatte, würde etwas so Widerliches tun.

Bordeaux Ridge war eine Oase der Stille.

Nichts bewegte sich, mit Ausnahme der Schatten, die jede Sekunde länger zu werden schienen.

»Irgendein Junkie, der bis über die Ohren voll Engelstaub steckt, hat das getan«, sagte Ken und kleidete damit seine Ängste bezüglich PCP in Worte.

»Das gleiche hab' ich mir auch gedacht«, sagte Teel. »Willst du weitersuchen?«

»Nicht zu zweit, weiß Gott. Wir wollen über Radio Hilfe anfordern.«

Sie gingen langsam den Weg zurück, den sie gekommen waren, hielten vorsichtig nach allen Seiten Ausschau, während sie sich bewegten, waren nicht weit gekommen, als sie den Lärm hörten. Ein Krachen. Das Scheppern von Metall. Brechendes Glas.

Für Ken gab es keinerlei Zweifel, woher die Geräusche kamen. Der Lärm hatte seinen Ursprung im am nächsten stehenden der drei Häuser, die fast fertiggestellt waren und als Musterhäuser dienen sollten.

Da kein Verdächtiger zu sehen war und sie auch über keinerlei Hinweise verfügten, wo sie nach einem hätten suchen können, wäre es durchaus gerechtfertigt gewesen, zum Streifenwagen zurückzukehren und Unterstützung anzufordern.

Aber jetzt, da sie den Lärm in dem Musterhaus gehört hatten, verlangten ihre Ausbildung und ihr Instinkt, etwas beherzter zu handeln. Sie strebten auf die Hinterseite des Hauses zu.

Hier hatte man Sperrholzplatten über die Pfosten genagelt, so daß die Wände nicht offen den Elementen ausgesetzt waren, hatte ein Drahtgeflecht auf den mit Dachpappe bedeckten Brettern angebracht und die Hälfte bereits mit Außenputz versehen. Tatsächlich sah der Putz feucht aus, als hätte man erst heute mit der Arbeit angefangen. Die meisten Fenster waren bereits eingesetzt; nur ein paar Auslassungen in den Wänden waren noch mit zerfetzten Plastikbahnen vermacht.

Ein weiteres Krachen war zu hören, lauter als das erste, dann das Geräusch von zersplitterndem Glas im Inneren des Hauses.

Ken Dimes versuchte die Glasschiebetür zu bewegen, die den Hinterhof und das Wohnzimmer verband. Sie war nicht abgesperrt.

Von draußen schaute Teel durch das Glas ins Wohnzimmer. Obwohl durch die von keinen Gardinen verhängten Türen und Fenster etwas Licht ins Haus drang, war das Innere von Schatten beherrscht. Sie konnten sehen, daß das Wohnzimmer verlassen war, also schob sich Teel durch die halb geöffnete Schiebetür, in der einen Hand die Taschenlampe, in der anderen seine Smith & Wesson.

»Geh du vorne herum«, flüsterte Teel, »damit der Schweinehund nicht dort rauskann.«

Geduckt, um unterhalb des Fenstersimses zu bleiben, eilte Ken um die Ecke, am Haus entlang, nach vorne, wobei er bei ledern Schritt damit rechnete, daß jemand ihn vom Dach aus oder durch eine der Fensteröffnungen ansprang.

Die Innenwände und die Decke waren bereits verputzt. Das Wohnzimmer ging in einen Frühstücksraum über, der neben der Küche lag, und alles zusammen war ein einziger Raum mit nur angedeuteten Wänden. In der Küche waren bereits eichenfurnierte Schränke angebracht, aber der Fliesenboden noch nicht gelegt.

Der Geruch von feuchtem Mörtel, in den sich der scharfe Dunst von Ölfarbe mischte, lag in der Luft.

Teel stand im Frühstücksraum und lauschte nach weiteren Geräuschen, die auf Zerstörung oder Bewegung hindeuteten.

Nichts.

Wenn dieser Bau angelegt war, wie die meisten kalifornischen Reihenhäuser, würde er das Eßzimmer links hinter der Küche finden, danach ein weiteres Wohnzimmer, das Vorzimmer beim Eingang und ein Arbeitszimmer. Wenn er in den Korridor trat, der vom Frühstücksraum abging, würde er dort wahrscheinlich eine Wäschekammer finden, die Gästetoilette, einen begehbaren Kleiderschrank und den hinteren Vorraum. Keine der möglichen Routen schien ihm vorteilhafter, also ging er in den Korridor und prüfte zunächst die Wäschekammer.

Die Tür stand halb offen. Der dunkle Raum hatte keine Fenster, im Licht seiner Taschenlampe waren nur gelbe Einbauschränke und die Leerstellen zu sehen, wo später die Waschmaschine und der Trockner installiert werden würden. Teel wollte den Bereich hinter der Tür sehen, wo er einen Ausguß und eine kleine Arbeitsfläche vermutete. Er stieß die Tür ganz auf, ging schnell hinein und ließ seine Taschenlampe und den Revolver in diese Richtung schwingen. Er fand den Ausguß aus Edelstahl und den eingebauten Tisch, den er erwartet hatte. Aber keinen Killer.

Er war nervös wie seit Jahren nicht mehr. Er wurde das Bild des toten Mannes nicht los, das immer wieder vor seinem inneren Auge erstand: diese leeren Augenhöhlen.

Nicht bloß nervös, dachte er. Sei doch ehrlich: Eine Scheißangst hast du.

Vorne sprang Ken über einen schmalen Graben und strebte auf die doppelten Eingangstüren des Hauses zu, die noch geschlossen waren. Er musterte die Umgebung und sah niemanden, der zu fliehen versuchte. Im einsetzenden Zwielicht wirkte Bordeaux Ridge nicht wie eine Baustelle, eher wie eine zerbombte Gegend. Schatten und Staub schufen die Illusion von Ruinen.

In der Wäschekammer drehte Teel Porter sich um, wollte wieder auf den Korridor hinaustreten. Rechts hinter ihm im gelben Wandverbau flog plötzlich die einen halben Meter breite und einen Meter achtzig hohe Tür eines Besenschranks auf, und dieses Ding sprang wie ein Schachtelmann heraus. Hergott, den Bruchteil einer Sekunde lang war er sicher, daß es ein Junge in einer Gummimaske sein mußte. Im Widerschein der Taschenlampe, die nicht dem Angreifer zugewendet war, konnte er nur undeutlich sehen; aber dann wußte er, daß das, was er sah, echt war, weil diese Augen, die wie Lichtkreise rauchigen Lampenlichts aussahen, nicht bloß Plastik oder Glas waren - nein, sicher nicht. Er feuerte seinen Revolver ab, aber der Lauf war nach vorne gerichtet, in den Korridor, und die Kugel bohrte sich harmlos in die Wand draußen. Also versuchte er sich umzudrehen, aber das Ding war jetzt über ihm, zischte wie eine Schlange. Er feuerte wieder, diesmal in den Boden, das Geräusch in dem engen Raum war betäubend, dann wurde er gegen den Ausguß zurückgetrieben, die Waffe wurde seiner Hand entrissen. Auch die Taschenlampe verlor er, sie flog in die Ecke. Er versuchte zuzuschlagen, aber ehe seine Faust ihren Bogen halb vollendet hatte, spürte er einen schrecklichen Schmerz im Leib, als hätte man ihm mehrere Dolche gleichzeitig in den Leib getrieben, und im gleichen Augenblick wußte er, was mit ihm geschah. Er schrie, schrie, und in der Düsternis ragte das mißgestaltete Gesicht des Schachtelmanns über ihm auf, seine Augen leuchteten gelb, und Teel schrie wieder, schlug um sich, und weitere Dolche bohrten sich jetzt in das weiche Gewebe seiner Kehle ...