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»Wenn du das tust«, sagte Lem, »würdest du nicht in den Knast wandern. Dann würdest du deine Stellung verlieren und deine ganze Laufbahn ruinieren.«

»Das glaube ich nicht. Ich würde vor Gericht behaupten, daß ich die Wahl hatte, die nationalen Sicherheitsbestimmungen zu brechen oder das Vertrauen der Leute zu verraten, die mich in diesem Bezirk in mein Amt gewählt haben. Ich würde behaupten, daß ich in einer solchen Krise die öffentliche Sicherheit meiner Mitbürger über die Sorgen der Verteidigungsbürokraten in Washington stellen mußte. Ich bin sicher, daß so ziemlich jedes Geschworenengericht mich freisprechen würde. Ich würde nicht in den Knast wandern, und bei der nächsten Wahl würde ich noch mehr Stimmen bekommen als bei der letzten.«

»Scheiße!« sagte Lem, weil er wußte, daß Walt recht hatte. »Wenn du mir jetzt reinen Wein einschenkst, wenn du mich überzeugst, daß deine Leute besser imstande sind, mit der Situation fertigzuwerden, als meine, dann mache ich dir den Weg frei. Wenn du es mir aber nicht sagst, lasse ich alles auffliegen.«

»Damit würde ich meinen Eid brechen. Ich würde selber meinen Hals in die Schlinge stecken.«

»Niemand wird je erfahren, daß du es mir gesagt hast.« »Wirklich? Also schön, Walt. Warum, um Christi willen, bringst du mich in eine so unangenehme Lage? Bloß um deine Neugierde zu befriedigen?«

Walt sah ihn verletzt an. »Verdammt noch mal, eine solche Kleinigkeit ist das nicht. Das ist nicht nur Neugierde.«

»Was ist es dann?«

»Einer meiner Männer ist tot!«

Lem lehnte den Kopf gegen den Sitz, schloß die Augen und seufzte. Walt mußte wissen, warum er auf die Rache für die Ermordung eines seiner eigenen Männer zu verzichten hatte. Sein Pflichtgefühl und seine Ehre verlangten wenigstens das, wenn man von ihm einen Rückzieher erwartete. Der Standpunkt, den er einnahm, war nicht unvernünftig.

»Also, was ist - soll ich mit den Reportern reden?« fragte Walt ruhig.

Lem schlug die Augen auf und strich sich mit der Hand über das schweißnasse Gesicht. Im Inneren des Wagens war es unangenehm warm und stickig. Er wollte sein Fenster herunterkurbeln. Aber gelegentlich kamen Männer auf dem Weg zum Haus oder zurück draußen vorbei, und er durfte wirklich nicht riskieren, daß jemand hörte, was er Walt jetzt sagen würde. »Du hattest recht, als du dich auf Banodyne eingeschossen hast. Die führten dort seit einigen Jahren auf die Verteidigung gerichtete Forschungen durch.«

»Biologische Kriegsführung?« fragte Walt. »Gen-Manipulation, um häßliche neue Viren zu machen?«

»Das vielleicht auch«, sagte Lem. »Aber Bakterienkriegsführung hat mit diesem Fall nichts zu tun, und ich werde dir nur von den Forschungsarbeiten erzählen, die unser Problem hier berühren.«

Die Fenster fingen an zu beschlagen. Walt startete den Motor. Der Wagen war nicht klimatisiert, und der Beschlag an den Fenstern breitete sich weiter aus. Aber selbst der schwache, feuchtwarme Luftstrom aus den Düsen war willkommen.

Lem sagte: »Sie arbeiteten an einigen Forschungsprogrammen, die die Bezeichnung Francis-Projekt bekamen. Benannt nach dem heiligen Franz von Assisi.«

Walt blinzelte überrascht und sagte; »Ein Kriegsprojekt benennen die nach einem Heiligen?«

»Das paßt schon«, versicherte ihm Lern. »Franz von Assisi konnte mit Vögeln und Tieren reden. Und bei Banodyne leitete Dr. Davis Weatherby ein Projekt, das darauf abzielte, eine Kommunikation zwischen Mensch und Tier zu ermöglichen.« »Die Sprache der Delphine erlernen - so etwas Ähnliches?«

»Nein. Die Idee war die, das allerneueste Wissen der Gentechnologie einzusetzen, um Tiere mit wesentlich höherer Intelligenz zu schaffen. Tiere, die zu fast menschlichem Denken fähig sein sollten. Tiere, mit denen wir uns möglicherweise verständigen könnten.«

Walt starrte ihn mit offenem Mund an.

Lem fuhr fort: »Unter dem Generalbegriff des Francis-Projekts haben einige Teams von Wissenschaftlern an sehr verschiedenen Experimenten gearbeitet, und zwar seit wenigstens vier Jahren. Da waren zum einen Dr. Weatherbys Hunde ... «

Dr. Weatherby hatte mit den Samen und Eizellen von Golden Retrievers gearbeitet, die er ausgewählt hatte, weil diese Rasse seit mehr als hundert Jahren sorgfältig gezüchtet worden war, Zum einen bedeutete diese sorgfältige Züchtung, daß alle erblichen Krankheiten weitestgehend aus dem Gencode getilgt waren, wodurch Weatherby sicher sein konnte, daß ihm für seine Experimente gesunde und intelligente Tiere zur Verfügung standen. Außerdem konnte Weatherby, falls Welpen mit Abnormitäten zur Welt kamen, diese natürlichen Mutationen leicht von allen anderen unterscheiden, die sich als ungewollte Nebeneffekte seiner eigenen Manipulationen am Erbgut des Tieres einstellten; auf diese Weise würde er aus seinen eigenen Fehlern lernen können.

Im Laufe der Jahre hatte Davis Weatherby, einzig und allein bemüht, die Intelligenz der Zucht zu steigern, ohne eine Änderung im physischen Erscheinungsbild herbeizuführen, Hunderte genetisch veränderte Retriever-Eizellen in vitro befruchtet und die befruchteten Eier dann Hündinnen eingepflanzt, die als >Leihmütter< dienten: Die Hündinnen trugen die Reagenzglaswelpen aus, und Weatherby studierte diese jungen Hunde auf Anzeichen gesteigerter Intelligenz.

»Es gab eine verdammt große Zahl von Fehlschlägen«, sagte Lem. »Groteske physische Mutationen, die vernichtet werden mußten. Totgeborene Welpen. Welpen, die normal aussahen, aber weniger intelligent waren als gewöhnlich. Schließlich kreuzte Weatherby auch mit den Gencodes anderer Gattungen, also kannst du dir vorstellen, daß es zu ein paar recht schrecklichen Resultaten kam.«

Walt starrte auf die Windschutzscheibe, die jetzt völlig undurchsichtig war. Dann sah er Lern mit gerunzelter Stirn an. »Andere Gattungen? Was meinst du damit?«

»Nun, siehst du, er isolierte diese genetischen Intelligenzdeterminanten in den Gencodes von Gattungen, die intelligenter waren als der Retriever.«

»Affen zum Beispiel? Die sind doch intelligenter als Hunde, oder nicht?«

»Ja. Affen ... und Menschen.«

»Du lieber Gott!« sagte Walt.

Lem drehte eine Düse im Armaturenbrett so, daß der lauwarme Luftstrom sein Gesicht traf. »Weatherby hat das fremde genetische Material in den Gencode des Retriever eingebracht und gleichzeitig jene Gene, die seine Intelligenz auf die des Hundes beschränkten, eliminiert.«

Jetzt reichte es Walt. »Das ist doch nicht möglich! Dieses genetische Material; wie du es nennst, kann doch ganz sicherlich nicht von einer Spezies zur anderen weitergegeben werden.«

»In der Natur geschieht das die ganze Zeit«, sagte Lern. »Genetisches Material wird von einer Gattung auf die andere übertragen, und der Träger ist gewöhnlich ein Virus. Sagen wir einmal, ein Virus würde in Rhesusaffen gedeihen. Solange er sich in dem Affen befindet, nimmt er genetisches Material aus den Zellen des Affen auf. Diese aufgenommenen Affengene werden ein Teil des Virus selbst. Später, nachdem dieser Virus einen menschlichen Wirt infiziert hat, besitzt er die Fähigkeit, das genetische Material des Affen in seinem menschlichen Wirt zu hinterlassen. Denke beispielsweise einmal an den AIDS-Virus. Man nimmt an, daß AIDS über Jahrzehnte ein Krankheitskeim war, dessen Träger gewisse Affen und menschliche Wesen waren, obwohl keine der beiden Gattungen für die Krankheit selbst anfällig war; ich meine, wir waren einzig und allein Träger - wir wurden von dem, was wir trugen, nie krank. Aber dann passierte irgendwie etwas an den Affen, eine negative genetische Veränderung, die sie nicht bloß zu Trägern, sondern zu Opfern des AIDS-Virus machte. Affen fingen an, an der Krankheit zu sterben. Als dann der Virus auf die Menschen überging, brachte er dieses neue genetische Material mit, das die Anfälligkeit für AIDS spezifizierte, und von diesem Augenblick an dauerte es nicht mehr lange, bis sich auch Menschen die Krankheit zuziehen konnten. So funktioniert das in der Natur. Und im Labor geschieht es noch sehr viel effizienter.«