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Travis kam langsam hinter dem Sofa hervor und sagte:

»Jetzt hör mir gut zu. Pelzgesicht. Ich bin dein Herrchen ...« Ein Bellen.

Travis runzelte die Stirn. »O doch, ich bin dein Herrchen. Du magst ja ein verdammt schlauer Hund sein - aber du bist immer noch der Hund und ich der Mensch, und ich sage dir, daß wir jetzt zum Tierarzt gehen.«

Ein Bellen.

Nora lehnte mit verschränkten Armen an dem Durchgang zum Speisezimmer und lächelte. »Ich glaube, er will dir jetzt zeigen, wie es mit Kindern ist, für den Fall, daß wir je welche haben sollten.«

Travis machte einen Satz auf den Hund zu.

Einstein war mit einen weiten Sprung von seinem Hochsitz und bereits aus dem Zimmer, als Travis, der nicht mehr bremsen konnte, über den Sessel fiel.

»Ungeheuer unterhaltsam ist das«, sagte Nora lachend.

»Wo ist er hin?« wollte Travis wissen.

Sie deutete in den Flur, der zu den zwei Schlafzimmern und dem Bad führte.

Er fand den Retriever im Schlafzimmer, wo er auf dem Bett stand und zur Tür blickte. »Du kannst nicht gewinnen«, sagte Travis. »Das ist doch zu deinem eigenen Nutzen, verdammt noch mal, und du wirst jetzt diese Spritzen bekommen, ob es dir paßt oder nicht.«

Einstein hob ein Hinterbein und pinkelte auf das Bett.

Erstaunt sagte Travis: »Was, zum Teufel, soll das?«

Einstein hörte zu pinkeln auf, entfernte sich von der Pfütze, die bereits in die gesteppte Zudecke einsickerte, und starrte Travis herausfordernd an.

Travis hatte Geschichten von Hunden und Katzen gehört, die ihr extremes Mißvergnügen durch solche Aktionen zum Ausdruck brachten. Als er noch die Immobilienagentur geführt hatte, hatte eine seiner Angestellten ihren Zwergcollie zwei Wochen in eine Hundepension gebracht, während sie Urlaub machte. Als sie zurückkam und den Hund wieder abholte, bestrafte der sie, indem er auf ihren Lieblingssessel und ihr Bett urinierte.

Aber Einstein war kein gewöhnlicher Hund. In Anbetracht seiner bemerkenswerten Intelligenz war es noch empörender, daß er das Bett beschmutzt hatte.

Travis wurde jetzt zornig und sagte, während er auf den Hund zuging: »Das ist wirklich unverzeihlich.«

Einstein sprang von der Matratze. Travis begriff, daß der Hund versuchen würde, um ihn herum aus dem Zimmer zu schlüpfen, deshalb zog er sich hastig zurück und knallte die Tür zu. Da ihm der Fluchtweg abgeschnitten war, wechselte

Einstein schnell die Richtung und hetzte zum anderen Ende des Schlafzimmers, wo er vor der Kommode stehenblieb.

»Jetzt ist Schluß mit dem Unsinn«, sagte Travis streng und schwang die Leine in der Hand.

Einstein zog sich in die Ecke zurück.

Während er geduckt näher rückte, die Arme ausgebreitet, um zu verhindern, daß der Hund wieder an ihm vorbeihuschte, gelang es ihm schließlich, dem Tier die Leine am Halsband einzuhaken. »Ha!«

Einstein kauerte besiegt in der Ecke, ließ den Kopf hängen und fing zu zittern an.

Travis' Triumphgefühl war nur von kurzer Dauer. Bedrückt starrte er auf den gesenkten, zitternden Kopf und die fliegenden Flanken des Tieres. Einstein gab ein fast unhörbares, klägliches Winseln der Angst von sich.

Während er den Hund streichelte, ihn zu beruhigen und aufzumuntern suchte, sagte Travis: »Das ist doch wirklich gut für dich, das weißt du doch. Staupe, Tollwut - das willst du doch nicht. Es tut gar nicht weh, mein Freund. Das schwör' ich dir.«

Der Hund wich seinem Blick aus und ließ sich nicht beruhigen.

Unter Travis' Hand fühlte der zitternde Hundekörper sich an, als würde er gleich in Stücke zerfallen. Er starrte den Retriever an, überlegte und meinte dann: »In dem Labor... haben die dich da oft mit Nadeln gestochen? Haben sie dir damit weh getan? Hast du deshalb Angst vor der Impfung?«

Einstein winselte nur.

Travis zog den widerstrebenden Hund aus der Ecke heraus. um seinen Schwanz für eine Frage-und-Antwort-Sitzung freizumachen. Er ließ die Leine fallen, nahm Einsteins Kopf in beide Hände und zwang ihn aufzublicken, um so Auge in Auge mit ihm zu sein.

»Haben sie dir im Labor mit Nadeln weh getan?«

Ja.

»Hast du deshalb vor dem Tierarzt Angst?«

Obwohl der Hund nicht zu zittern aufhörte, bellte er einmaclass="underline" Nein.

»Die Nadeln haben dir weh getan, aber du hast vor ihnen keine Angst?«

Nein.

»Warum bist du dann so?«

Einstein starrte ihn bloß an und gab wieder diese schrecklichen Klagelaute von sich.

Nora öffnete die Schlafzimmertür einen Spalt weit und spähte herein. »Hast du ihn jetzt an die Leine bekommen?« Dann sagte sie: »Puh! Was ist denn hier passiert?«

Ohne den Kopf des Hundes loszulassen oder den Blick von ihm zu wenden, sagte Travis: »Er hat sein Mißvergnügen sehr selbstbewußt zum Ausdruck gebracht.«

»Selbstbewußt - das kann man wohl sagen«, pflichtete sie ihm bei, trat ans Bett und fing an, die besudelte Überdecke, die Decke und die Laken zu entfernen.

Immer noch bemüht, den Grund für das Verhalten des Hundes zu finden, sagte Travis: »Einstein, wenn du nicht vor den Nadeln Angst hast - ist es dann der Tierarzt?«

Ein Bellen. Nein.

Entmutigt brütete Travis über seiner nächsten Frage, während Nora den Matratzenschoner vom Bett zog.

Einstein zitterte.

Plötzlich stellte sich bei Travis blitzartig eine Erkenntnis ein, die die Widerspenstigkeit und die Angst des Hundes verständlich machte. Er ärgerte sich über seine eigene Schwerfälligkeit. »Zum Teufel, natürlich ist es das! Du hast keine Angst vor dem Tierarzt - sondern daß der Tierarzt dich an jemanden melden könnte.«

Einsteins Zittern ließ etwas nach, er wedelte kurz mit dem Schweif. ]a.

»Wenn die Leute aus diesem Labor auf dich Jagd machen -und wir wissen, daß sie das ganz bestimmt mit allem Nachdruck tun, weil du sicher das wichtigste Versuchstier der Geschichte bist -, dann werden die sich an jeden Tierarzt im ganzen Staat wenden, nicht wahr? Jeden Tierarzt... und jedes Tierheim... und auch jede Behörde, die Hundemarken ausgibt.«

Wieder ein heftiges Schweifwedeln.

Nora kam um das Bett herum und kauerte sich neben Travis nieder. »Aber Golden Retriever gehören doch zu den beliebtesten Rassen. Tierärzte und Hundelizenzbürokraten haben doch die ganze Zeit mit solchen Hunden zu tun. Wenn unser Hundegenie hier sein Licht unter den Scheffel stellt und den blöden Köter spielt...«

»Was er recht gut kann.«

»... dann können die unmöglich wissen, daß er der Flüchtling ist.«

Ja, beharrte Einstein.

»Was meinst du damit?« fragte Travis den Hund. »Soll das heißen, sie können dich identifizieren?«

Ja.

»Wie?« wollte Nora wissen.

»Irgendeine Markierung?« fragte Travis.

Ja.

»Irgendwo unter dem Fell?« fragte Nora.

Ein Bellen. Nein.

»Wo dann?« überlegte Travis.

Einstein zog den Kopf aus Travis' Händen und schüttelte ihn so heftig, daß seine Schlappohren flogen.

»Vielleicht an den Fußballen«, sagte Nora.

»Nein«, sagte Travis, während Einstein einmal bellte. »Als ich ihn fand, bluteten seine Pfoten, weil er so weit gelaufen war, und ich mußte ihm die Wunden mit Borwasser säubern. Da wäre mir eine Markierung aufgefallen.«

Wieder schüttelte Einstein heftig den Kopf, daß die Ohren flogen.

»Vielleicht an der inneren Lippe«, vermutete Travis. »Rennpferde tätowiert man an der Innenlippe, um sie zu identifizieren und um zu verhindern, daß bei den Rennen geschwindelt wird. Laß mich deine Lippen zurückschieben und nachsehen, Junge.«

Einstein bellte einmal - nein - und schüttelte heftig den Kopf.

Jetzt begriff Travis endlich. Er schaute ins rechte Ohr und fand nichts. Aber im linken Ohr war etwas. Er bedeutete dem Hund, mit ihm ans Fenster zu kommen, wo die Beleuchtung besser war, und entdeckte, daß die Markierung aus zwei Ziffern, einem Strich und einer dritten Ziffer bestand, die in purpurner Farbe in das rosabraune Fleisch eintätowiert waren: 33-9.