Выбрать главу

Jetzt war Travis mit Erröten an der Reihe. Er zuckte die Achseln.

Garrison wandte sich jetzt Nora zu: »Meine Liebe, ich bin entzückt für Sie. Glücklicher, als ich Ihnen sagen kann.«

»Ich danke Ihnen.« Nora schaute Travis liebevoll und mit strahlendem Gesicht an, was in ihm zum erstenmal an diesem Tag den Wunsch weckte, auf Holz zu klopfen.

Da sie beabsichtigten, nach der Hochzeit wenigstens eine Woche oder zehn Tage auf Flitterwochen zu gehen, wollte Nora, falls ihr Immobilienmakler einen Käufer für Violet Devons Haus finden sollte, nicht deswegen nach Santa Barbara zurückfahren müssen: Sie bat Garrison Dilworth also, ein Vollmacht schreiben abzufassen, das es ihm erlaubte, während ihrer Abwesenheit alle mit einem solchen Verkauf zusammenhängenden Formalitäten zu erledigen. Das war in weniger als einer halben Stunde getan, unterschrieben und beglaubigt. Nach einer weiteren Runde von Gratulationen und Glückwünschen machten sie sich auf den Weg, um ein Wohnmobil zu kaufen.

Sie hatten vor, Einstein nicht nur zu ihrer Hochzeit nach Las Vegas, sondern auch in die Flitterwochen mitzunehmen. Dort, wo sie hinfuhren, würde es möglicherweise nicht immer einfach sein, gute, saubere Motels zu finden, die auch Hunde aufnahmen, und deshalb war es klug, ein Motel auf Rädern mitzunehmen. Außerdem hätten weder Travis noch Nora sich unbefangen lieben können, wenn der Retriever im selben Raum gewesen wäre. »Das wäre, wie wenn eine andere Person dabei ist«, sagte Nora und wurde dabei rot wie eine Tomate. Im Motel würden sie zwei Zimmer nehmen müssen - eines für sie beide und eines für Einstein -, und das war doch wohl zu ausgefallen.

Bis vier Uhr hatten sie gefunden, was sie suchten: einen mittelgroßen, silberfarbenen, in Form einer Nissenhütte gebauten Airstream mit Miniküche, Eßnische, einem Wohnraum, einem Schlafraum und Bad, Wenn sie schlafengingen, konnten sie Einstein im vorderen Teil des Wagens lassen und die Schlafraumtür hinter sich schließen. Da Travis' Pick-up bereits über eine gute Anhängevorrichtung verfügte, konnten sie den Airstream, gleich nachdem der Kauf abgeschlossen war, anhängen und mitnehmen.

Einstein, der zwischen Travis und Nora im Pick-up mitfuhr, drehte die ganze Zeit den Kopf nach hinten, um durch das Fenster auf den blitzenden, zylindrischen Wohnwagen zu sehen, als bewundere er die Erfindungsgabe der Menschheit.

Sie kauften Vorhänge, Plastikgeschirr, Gläser, weiters Lebensmittel, die sie in den Wandschränken der Kochnische verstauten, und eine Menge anderer Dinge, die sie brauchten. Als sie schließlich wieder in Noras Haus waren und für ein spätes Abendessen Omeletten zubereiteten, waren sie geschafft. Diesmal war Einsteins Gähnen keine Affektiertheit; er war einfach müde.

Als Travis in jener Nacht zu Hause im eigenen Bett lag, fiel er in einen tiefen Schlaf, einen Schlaf uralter, versteinerter Bäume und Dinosaurier-Fossilien. Die Träume der letzten zwei Nächte wiederholten sich nicht.

Am Samstagmorgen begannen sie ihre Reise nach Vegas und in die Ehe. Da sie vorwiegend breite, mehrspurige Highways benützen wollten, auf denen der Wohnwagen keine Behinderung darstellte, fuhren sie zuerst auf Route 101 nach Süden und weiter nach Osten, bis sie zur Route 134 wurde, der sie dann folgten, bis daraus die Interstate 210 wurde und Los Angeles und seine Vororte im Süden und der große Angeles National Forest im Norden lagen Später, auf der Fahrt durch die weite Mojave-Wüste, faszinierte Nora das karge und doch unvergleichliche Panorama aus Sand, Stein, Tumbleweed, Mesquite, Josuabäumen und Kakteen. Die Welt erscheine ihr plötzlich um vieles größer, als sie sich je vorgestellt habe, meinte sie, und Travis genoß ihr Staunen.

Barstow, Kalifornien, war ein riesiger Boxenstop inmitten der endlosen Wüste. Sie trafen um drei Uhr nachmittags an dem großen Trailerpark ein. Frank und Mae Jordan, ein Paar in mittleren Jahren, das den Platz neben ihnen besetzt hielt, waren aus Salt Lake City; sie reisten mit Hund, einem schwarzen Labrador namens Jack.

Zu Travis' und Noras großer Überraschung machte es Einstein einen Riesenspaß, mit Jack zu spielen. Sie jagten rund um die Wohnwagen, schnappten verspielt nach einander, wälzten sich kämpfend auf dem Boden, sprangen auf und jagten weiter. Frank Jordan warf ihnen einen roten Gummiball hin, und sie hetzten hinterher, jeder bemüht, der Sieger zu sein. Dann versuchten die Hunde einander den Ball wegzunehmen und ihn so lange wie möglich zu behalten. Allein vom Zusehen wurde Travis müde.

Einstein war zweifellos der klügste Hund der Welt, der klügste Hund aller Zeiten, ein Phänomen, ein Wunder, mit der Auffassungsgabe eines Menschen - aber er war auch ein Hund. Manchmal vergaß Travis das, war aber jedesmal von neuem entzückt, wenn Einstein etwas tat, das einen daran erinnerte.

Später, nachdem sie mit den Jordans auf dem Holzkohlenfeuer gegrillte Hamburger und Maiskolben gegessen und danach in der klaren Wüstennacht ein paar Dosen Bier geleert hatten, verabschiedeten sie sich von den Salt-Lakers, und Einstein schien auch Jack Lebewohl zu sagen. Als sie im Inneren des Airstream waren, tätschelte Travis Einsteins Kopf und sagte: »Das war sehr nett von dir.«

Der Hund hob herausfordernd den Kopf und fixierte Travis. als wollte er fragen, was, zum Teufel, das eigentlich heißen solle.

»Du weißt genau, wovon ich rede. Pelzgesicht«, sagte Travis.

»Ich weiß es auch«, sagte Nora. Sie drückte den Hund an sich. »Als du mit Jack gespielt hast, hättest du einen Narren aus ihm machen können. Wenn du das gewollt hättest. Aber du hast ihn auch ein paarmal gewinnen lassen, nicht wahr?« Einstein hechelte und grinste selig.

Nach einem letzten Schlummertrunk bezog Nora den Schlafraum, und Travis schlief auf dem Klappsofa im Wohn-raum. Travis hatte mit dem Gedanken gespielt, mit ihr zu schlafen, und vielleicht hatte auch sie überlegt, ihn in ihr Bett zu lassen. Schließlich waren es keine vier Tage bis zur Hochzeit. Travis wollte es, weiß Gott. Und mochte sie auch sicher ein wenig Angst vor dem ersten Mal haben, sie wünschte es sich ebenfalls, daran zweifelte er nicht. Sie berührten einander jeden Tag, küßten sich häufiger - und intimer -, und die erotische Spannung zwischen ihnen nahm zu. Aber warum es nicht machen, wie es sich gehörte, wo der Tag doch so nahe war? Warum nicht jungfräulich ins Hochzeitsbett steigen - sie als Jungfrau in den Augen aller, er als jungfräulicher Partner für sie?

In der Nacht träumte Travis, Nora und Einstein hätten sich in den endlosen Weiten der Mojave verlaufen. Aus irgendeinem Grund hatte er keine Beine und war gezwungen, qualvoll langsam zu kriechen und nach ihnen zu suchen, und das war entsetzlich, denn er wußte, daß sie, wo immer sie auch waren, von ... von etwas ... angegriffen wurden ...

Sonntag, Montag, und Dienstag trafen sie in Las Vegas Vorbereitungen für die Hochzeit, sahen Einstein zu, wie er enthusiastisch mit den Hunden anderer Campingplatzbesucher spielte, und unternahmen Ausflüge nach Charleston Peak und Lake Mead. An den Abenden ließen Nora und Travis Einstein mit seinen Büchern allein und besuchten Shows. Travis hatte deshalb Schuldgefühle, aber Einstein ließ auf mehrfache Weise erkennen, daß er nicht wollte, daß sie nur deshalb im Wohnwagen blieben, weil die Hotels am Strip derart kurzsichtig und voreingenommen waren, manierlichen Hundegenies nicht zu erlauben, die Casinos und Revuetheater zu betreten.

Am Mittwochmorgen zog Travis einen Smoking an, Nora ein schlichtes, wadenlanges weißes Kleid mit etwas Spitze an Ärmeln und Ausschnitt. Mit Einstein zwischen sich auf der Sitzbank fuhren sie im Pick-up zur Trauung. Den Airstream ließen sie auf dem Campingplatz stehen.

Die keiner Konfession zugehörige, rein kommerziellen Zwecken dienende Kapelle war so ziemlich das Komischste, was Travis je gesehen hatte. Die Innenausstattung war ernsthaft um Romantik bemüht, feierlich und geschmacklos zugleich. Auch Nora fand es erheiternd, und sie hatten beim Betreten Mühe, nicht in Gelächter auszubrechen. Der Bau befand sich am Las Vegas Boulevard, eingezwängt zwischen neontriefenden kitschigen Hotelwolkenkratzern, hatte die Größe eines einstöckigen Hauses, war hellrosa verputzt und hatte weiße Türen. Über den Türen war in Messing eingraviert: ZU ZWEIEN SOLLT IHR SCHREITEN ... Die farbigen Glasfenster zeigten nicht etwa religiöse Motive, sondern farbenfreudig ausgemalte Szenen aus berühmten Liebesgeschichten, darunter >Ro-meo und Julia<, >Abelard und Heloise<, >Aucassin und Nicolet-te<, >Vom Winde verweht<, >Casablanca< und sogar >I Love Lucy<. Seltsamerweise konnten ihnen diese Geschmacklosigkeiten nicht die Stimmung verderben. Nichts sollte diesem Tag Abbruch tun. Selbst die scheußliche Kapelle war etwas, woran sie sich bis in jedes ihrer geschmacklosen Details erinnern wollten, und stets mit angenehmen Gefühlen, denn es war ihre Kapelle an ihrem Tag und daher auf eigene, seltsame Weise etwas Besonderes.