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Nach dem Abendessen saßen sie alle drei auf dem Doppelbett, und Travis packte das Scrabble-Spiel aus. Er legte das Spielbrett umgedreht auf die Matratze, so daß die Spielfläche verdeckt war, und Nora half ihm die Buchstabensteine in sechsundzwanzig Häufchen auseinanderzusortieren.

Einstein sah ihnen dabei interessiert zu und schien von seiner halben Flasche San Miguel nicht im geringsten beschwipst.

»Okay«, sagte Travis. »Ich brauche detailliertere Antworten, als wir mit diesen Ja-und-Nein-Fragen bisher bekommen haben. Ich habe mir gedacht, daß es vielleicht so gehen könnte.« »Genial«, pflichtete Nora ihm bei.

Wieder dem Hund zugewendet, sagte Travis: »Ich stelle dir jetzt eine Frage, und du zeigst auf die Buchstaben, die man braucht, um die Antwort zu buchstabieren, Buchstabe für Buchstabe, Wort für Wort. Hast du verstanden?«

Einstein blinzelte Travis zu, sah die Häufchen mit den Buchstaben an, hob den Blick wieder zu Travis und grinste.

»Also gut«, meinte der. »Kennst du den Namen des Laboratoriums, aus dem du entkommen bist?«

Einstein legte die Nase auf das Häufchen mit den B.

Nora nahm sich einen Stein und legte ihn auf das Brett.

In weniger als einer Minute hatte der Hund BANODYNE buchstabiert.

»Banodyne«, sagte Travis nachdenklich. »Davon hab' ich nie gehört. Ist das der ganze Name?«

Einstein zögerte und fing dann an, weitere Buchstaben auszuwählen, bis er BANODYNE LABORATORIES, INC. buchstabiert hatte.

Travis notierte sich die Antwort auf ein Blatt Hotelpapier und legte die einzelnen Buchstaben auf die jeweiligen Häufchen zurück. »Wo liegt Banodyne?«

IRVINE.

»Das leuchtet ein«, sagte Travis. »Ich hab' dich im Wald nördlich von Irvine gefunden. Also schön ... ich habe dich am Dienstag, den 18. Mai gefunden. Wann bist du von Banodyne entflohen?«

Einstein starrte die Buchstabenhäufchcn an, winselte, traf aber keine Wahl.

»Du hast eine Menge gelesen«, sagte Travis, »und dabei auch über Monate, Wochen, Tage und Stunden gelernt. Du hast jetzt ein Zeitgefühl.«

Der Hund sah Nora an und winselte wieder.

»Er hat jetzt ein Zeitgefühl«, sagte sie, »aber er hatte keines, als er entkam, also fällt es ihm schwer, sich zu erinnern, wie lange er auf der Flucht war.«

»Kennst du die Namen irgendwelcher Wissenschaftler bei Banodyne?« fragte Travis.

DAVIS WEATHERBY.

Travis notierte den Namen. »Noch andere?«

Gelegentlich zögerte er, weil er offenbar die Schreibweise überlegen mußte, und schließlich produzierte er LAWTON HANES, AL HUDSTUN und ein paar andere.

Nachdem Travis die Namen aller auf Hotelpapier notiert hatte, sagte er: »Das müssen einige der Leute sein, die jetzt nach dir suchen.«

JA. UND JOHNSON.

»Johnson?« sagte Nora. »Ist das einer der Wissenschaftler?«

NEIN. Der Retriever überlegte einen Augenblick, studierte die Buchstabenhäufchen und fügte schließlich hinzu: SICHERHEIT.

»Er ist Leiter der Sicherheitsabteilung von Banodyne?« fragte Travis.

NEIN. GRÖSSER.

»Wahrscheinlich eine Art FBI-Agent«, sagte Travis zu Nora, während sie die Buchstaben auf die einzelnen Häufchen zurücklegte.

Dann fragte Nora Einstein: »Kennst du den Vornamen dieses Johnson?«

Einstein schaute die Buchstaben an und winseitc, und Travis wollte gerade sagen, es mache nichts aus, wenn er Johnsons Vornamen nicht kenne; aber dann versuchte der Hund ihn zu buchstabieren: LEMOOL.

»Einen solchen Namen gibt es nicht«, sagte Nora und nahm ihm die Buchstaben weg.

Einstein versuchte es noch einmaclass="underline" LAMJULL. Und dann noch einmaclass="underline" LEIMUL.

»Das ist auch kein Name«, sagte Travis.

Und ein drittes Maclass="underline" LEMM JU ELL.

Travis begriff, daß der Hund sich Mühe gab, den Namen phonetisch wiederzugeben. Er wählte sechs Buchstaben aus: LEMUEL.

»Lemuel Johnson«, sagte Nora.

Einstein lehnte sich vor und drückte den Kopf an ihren Hals. Er zitterte vor Vergnügen darüber, daß er ihnen den Namen hatte vermitteln können, und die Federn des Motelbetts ächzten.

Dann ließ er von Nora ab und buchstabierte FINSTER LEMUEL.

»Finster?« sagte Travis. »Mit >finster< meinst du, daß Johnson ... böse ... ist?«

NEIN. FINSTER.

Nora räumte die Buchstaben auf und sagte: »Gefährlich?« Einstein schnaubte zuerst sie, dann Travis an, als wollte er sagen, manchmal seien sie unerträglich schwerfällig.

NEIN. FINSTER.

Einen Augenblick saßen sie stumm da und überlegten. Schließlich sagte Travis: »Schwarz! Du meinst, Lemuel Johnson ist ein Schwarzer?«

Einstein schnaubte leise, bewegte den Kopf auf und ab und versuchte auf der Bettdecke mit dem Schweif zu wedeln.

Travis erfüllte eine Freude, die in Worte zu kleiden ihm schwergefallen wäre. Sie hatten sich jetzt seit vielen Wochen mit dem Retriever verständigt, aber die Scrabble-Steine gaben dieser Verständigung eine viel größere Dimension. Mehr denn je kam Einstein ihnen wie ihr eigenes Kind vor. Aber da war auch das berauschende Gefühl, die Barrieren normaler menschlicher Erfahrung durchbrochen zu haben: ein Gefühl der Überlegenheit. Einstein war natürlich kein gewöhnlicher Hund, seine hohe Intelligenz war eher menschlich als hündisch - aber er war ein Hund, mehr als alles andere ein Hund, und seine Intelligenz unterschied sich trotz allem qualitativ von der eines Menschen. Unvermeidlich daher der Eindruck, diesen Dialog zwischen den Gattungen umgebe das Wunderbare, Geheimnisvolle.

Die nächste halbe Stunde fuhren sie fort, Einstein zu befragen, und Travis zeichnete die Antworten des Hundes auf.

Nach einer Weile kamen sie zu der gelbäugigen Bestie, die Ted Hockney getötet hatte.

»Was ist dieses verdammte Ding?« fragte Nora.

OUTSIDER.

»Outsider?« sagte Travis. »Was meinst du damit?«

HEISST OUTSIDER.

»Im Labor?« fragte Travis. »Warum haben sie ihn Outsider genannt?«

OUTSIDER IST NICHTS.

»Das verstehe ich nicht«, sagte Nora.

ICH BIN HUND. OUTSIDER IST NICHTS.

»Ist es auch intelligent?« fragte Travis.

JA.

»So intelligent wie du?«

VIELLEICHT.

»Herr Jesus!« sagte Travis erschüttert.

Einstein gab einen bedrückt klingenden Laut von sich und legte den Kopf auf Noras Knie, suchte Zuspruch, den sie ihm gab, indem sie ihn streichelte.

»Warum haben sie ein solches Ding geschaffen?« fragte Travis.

Einstein wandte sich wieder dem Buchstabenhäufchen zu.

FÜR TÖTEN.

Travis lief es eisig über den Rücken. »Wen sollte es denn töten?«

FEIND.

»Welchen Feind?« fragte Nora.

KRIEG.

Mit dem Verstehen kam auch Ekel, bis fast zur Übelkeit.

Travis ließ sich gegen das Kopfteil des Bettes sinken. Er erinnerte sich daran, daß er Nora gesagt hatte, selbst eine Welt ohne Not und mit Freiheit für alle werde keineswegs ein Paradies sein, und zwar wegen der Probleme des menschlichen Herzens und der potentiellen Krankheiten des menschlichen Geistes.

Zu Einstein sagte er: »Du willst also sagen, der Outsider ist der erste mittels Gentechnologie erzeugte Soldat. Eine Art von... intelligentem, tödlichem Polizeihund, der für das Schlachtfeld konstruiert ist?«

GEMACHT FÜR TÖTEN. ER WILL TÖTEN.

Als Nora die Worte las, für die sie die Buchstaben auslegte, erfüllte sie Schrecken. »Aber das ist doch verrückt. Wie kann man ein solches Ding je unter Kontrolle halten? Wie kann man sich darauf verlassen, daß es sich nicht gegen seine eigenen Herren und Meister wendet?«

Travis beugte sich vor und sagte zu Einstein: »Warum sucht der Outsider dich?«