Выбрать главу

Dann die rangältesten Unteroffiziere, die Berufsseeleute. Evans, der Proviantmeister, ein kleines Frettchen in einem glatten dunklen Rock, wurde überragt von Ellice, dem rotgesichtigen und schwitzenden Schiffsarzt, der aus bekümmerten, feuchten Augen um sich blickte.

Bolitho stand mit dem Rücken zur Fensterwand, die Hände hinter sich verschränkt. Er wartete, bis Vibart die Vorstellung beendet hatte, und sagte dann:»Wir werden einander sehr bald besser kennenlernen, meine Herren. Im Augenblick lassen Sie mich nur sagen, ich erwarte, daß Sie Ihr Bestes tun, um die Leute zu einer tüchtigen Mannschaft zusammenzuschweißen. Als ich Westindien verließ, standen die Dinge nicht gut für England. Es ist anzunehmen, daß die Franzosen unsere vielfältigen militärischen Verpflichtungen zu ihrem Vorteil nutzen werden. Wir werden bestimmt in Kämpfe verwickelt werden, und dann möchte ich, daß sich das Schiff bewährt. «Bolitho betrachtete die Gesichter, versuchte, den Vorhang der Wachsamkeit zu durchdringen. Sein Blick fiel auf Herrick, den Dritten Leutnant. Herrick war offenbar ein fähiger Offizier. Aber sein rundes Gesicht zeigte die Wachsamkeit eines Menschen, der, schon einmal betrogen, einem ersten Eindruck nicht mehr traut.

Herrick sah zu Boden, als Vibart sagte:»Darf ich fragen, Sir, ob wir wegen der Unruhe, die wir an Bord hatten, nach Westindien geschickt werden?«Er suchte Bolithos graue Augen, und sein Ton klang herausfordernd.

«Sie dürfen fragen. «Bolitho musterte ihn genau. Vibart hatte etwas Beherrschendes, eine innere Kraft, die die anderen zu bloßen Zuschauern zu degradieren schien.»Ich habe die Berichte und Logbücher genau gelesen«, sagte er ruhig.»Und ich bin zu dem Schluß gekommen, daß die halbe Meuterei«, er betonte das letzte Wort,»mindestens zur Hälfte durch

Nachlässigkeit verursacht wurde.»

Vibart erwiderte hitzig:»Kapitän Pomfret vertraute seinen Offizieren, Sir!«Er deutete auf die Bücher auf dem Tisch.»Aus den Logbüchern können Sie ersehen, daß das Schiff alles getan hat, was von ihm erwartet werden konnte.»

Bolitho zog eins der zuunterst liegenden Bücher hervor und bemerkte, wie Vibart eine Sekunde lang unsicher wurde.

«Mir ist schon oft aufgefallen, daß e in Strafregister mehr über die Tüchtigkeit eines Schiffs aussagt als vieles andere. «Er schlug lässig die Seiten um und verbarg gewaltsam den Ekel, den er bei der ersten Durchsicht empfunden hatte.»In den letzten sechs Monaten sind der Mannschaft mehr als tausend Hiebe verabreicht worden. «Seine Stimme klang kalt.»Einige Männer haben vier Dutzend auf einmal bekommen. Ein Mann ist offenbar nach der Bestrafung gestorben.»

Vibart sagte heiser:»Mit Laschheit beherrscht man die Leute nicht, Sir.»

«Auch nicht durch sinnlose Grausamkeit, Mr. Vibart!«Bolithos Stimme glich einer Peitsche.»Ich wünsche, daß auf meinem Schiff künftig nicht Brutalität, sondern das gute Vorbild regiert. «Er bemühte sich, seine Stimme wieder unter Kontrolle zu bekommen.»Außerdem wünsche ich, daß jeder Mann aus der Kleiderkammer anständige Sachen bekommen hat, ehe wir Falmouth erreichen. Dies ist ein Schiff des Königs, keine spanische Sklavengaleere.»

In das schwere Schweigen, das plötzlich in der Kajüte herrschte, drangen die Geräusche des Schiffs und der See. Man hörte, wie die Decksausrüstung klapperte und knarrte, wie die Tide um das Ruder spülte, und vernahm gedämpfte Befehle. Das alles vertiefte Bolithos Gefühl der Einsamkeit.

Er fuhr ruhig fort:»In Falmouth müssen wir alles daransetzen, unsere Besatzung auf die volle Zahl zu bringen. Ich werde Kommandos aus vertrauenswürdigen Leuten an Land schicken, um geeignete Männer für den Dienst zu rekrutieren. Keine Krüppel und Knaben, sondern Männer. Haben Sie mich verstanden?»

Die meisten nickten. Leutnant Okes sagte vorsichtig:»Ich habe von Ihren Taten in der Gazette gelesen, Sir. «Er schluckte krampfhaft und sah flüchtig zu Herrick hinüber.»Ich glaube, das ganze Schiff schätzt sich glücklich, Sie als Kapitän zu haben. «Während die Worte verklangen, fingerte er nervös an seinem Degen.

Bolitho nickte.»Danke, Mr. Okes. «Er konnte es sich nicht leisten, mehr hinzuzufügen. Okes konnte auf Bevorzugung aus sein oder darauf, zurückliegende Verfehlungen zu kaschieren. Aber immerhin, es war ein Anfang.

Er setzte hinzu:»Was Kapitän Pomfret tat oder nicht tat, kann ich nicht ändern. Ich habe meine eigenen Vorstellungen von der Führung eines Schiffes und erwarte, daß sie stets beachtet werden. «Aus den Augenwinkeln bemerkte er, daß der Steuermann zweifelnd den Kopf schüttelte.»Möchten Sie etwas sagen, Mr. Proby?»

Der alte Mann schaute hastig hoch.»Äh. . Nein, Sir. Mir ging bloß durch den Sinn, daß es eine Abwechslung sein wird, wieder auf hoher See zu navigieren statt zwischen Klippen und Sandbänken. «Er lächelte, wodurch er nur noch kummervoller aussah.»Die jungen Herren werden von der langen Fahrt zweifellos profitieren.»

Es war ernst gemeint, aber Fähnrich Neale stieß seinen Gefährten Maynard heimlich an, und beide kicherten. Dann bemerkte Neale, wie Vibart die Stirn runzelte, und blickte hastig zu Boden.

Bolitho nickte.»Also gut, meine Herren. Bereiten Sie alles zum Ankerlichten vor. Ich komme in zehn Minuten an Deck. «Er fing Vibarts Blick auf.»Es wird mich interessieren, die Männer an ihren Stationen zu sehen, Mr. Vibart. Ein bißchen Segeldrill wird sie eine Weile von ihren unruhigen Gedanken ablenken.»

Die Offiziere gingen einer nach dem anderen hinaus. Stockdale schloß die Tür. Bolitho setzte sich und starrte auf die Papier- und Bücherstapel. Er hatte versucht, Zugang zu ihnen zu finden, aber es war ihm nicht gelungen. Eine Barriere war da, ein Schild aus Ressentiments. Oder war es Furcht? Das mußte er selber herausfinden. Er konnte keinem einzigen trauen, sich niemandem anvertrauen, bis er sich des Grundes, auf dem er stand, sicher war.

Er sah Stockdale an und fragte ruhig:»Nun, wie gefällt dir die Phalarope?»

Stockdale schluckte heftig.»Ein gutes Schiff, Sir. «Er nickte bedächtig.»Aber von dem Fleisch, das sie zwischen den

Spanten hat, halte ich nicht viel. «Er legte Bolithos Degen neben den Pistolenständer und fügte hinzu:»Ich würde Degen und Pistole immer griffbereit halten, Captain. Für alle Fälle.»

Richard Bolitho stieg den Niedergang zum Achterdeck hinauf und ging langsam zur Luvreling. Auf der Fregatte herrschte lebhafte Tätigkeit. Männer standen am Gangspill, andere warteten mit ihren Maaten unter den Masten. Bolitho taxierte den Wind und blickte kurz zum Wimpel am Masttopp hinauf. Das Schiff zerrte heftig und wie verdrossen an der Ankerkette, als wollte es ebenfalls von Land fort, und Bolitho zügelte seine Ungeduld, während er wartete und die letzten Vorbereitungen beobachtete.

Die Decks glänzten vor Sprühregen und Spritzwasser, und Bolitho merkte plötzlich, daß er bereits bis auf die Haut durchnäßt war. Aber vielleicht war es ganz gut, wenn seine Matrosen ihn so sahen, nicht in den Wachrock gehüllt, sondern vor dem Wetter genauso ungeschützt wie sie.

An der Leereling bemerkte er Fähnrich Maynard. Und wiederum dankte er Gott für die Fähigkeit, sich Namen merken zu können, selbst wenn er sie nur einmal gehört hatte.

«Sie sind Signalfähnrich, Mr. Maynard?«Der Junge, dessen magerer Körper sich wie eine Vogelscheuche gegen das mürrische Wasser abzeichnete, nickte.»Sehr gut. Signalisieren Sie dem Flottenkommando, daß wir klar zum Auslaufen sind.»

Er sah die Flaggen hochsteigen, vergaß sie jedoch, als Vibart mit gefurchter Stirn nach achtern kam.

«Anker ist kurzstag, Sir!«Er berührte seinen Hut.»Und die Ladung gesichert.»

«Sehr gut. «Bolitho hob sein Fernrohr und sah nach den Flaggen, die am Signalturm drüben hochstiegen. Vielleicht verfolgte der Admiral von seinem warmen Zimmer im King George aus das Manöver.