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Als sie dann angekleidet war, machte sie sich auf die Suche nach Frühstück. Pamela bedeutete Grapefruit, aber zuerst warf sie einen verweisenden Blick auf Sarahs Schuhe im Wohnzimmer und brachte sie dorthin, wo sie hingehörten.

Nach dem Frühstück fuhr sie zur Mall. Bis jetzt gab es in New Charleston erst eine, aber sie war ständig überfüllt. Ehemalige Urbies, die sich allmählich wieder an das Leben an der Oberfläche gewöhnten, gingen gern hin, weil die Mall sie auf wohlige Weise an Zuhause erinnerte, und selbst die Teenager von Charleston fanden die Klimatisierung angenehm. Low Country Nails and Spa war in der untersten Etage, ganz am Ende, und sie ging mit einem strahlenden Lächeln hinein und auf die lockige Brünette zu, die hinter der Theke mit irgendetwas beschäftigt war.

»Jeannie?«

»Pamela!« Die junge Frau begrüßte sie mit einem strahlenden Lächeln. »Wo hast du dich denn versteckt gehalten? Mädchen, das ist ja Wochen her!«

»Ich habe meine Mom und meine Schwester in der Kairo Urb besucht. Mann, bin ich froh, wieder Tageslicht zu sehen! Hast du gerade Zeit? Meine Hände und meine Füße müssen hergerichtet werden, und dann sehne ich mich nach einer deiner Gurkenmasken.«

»Wie in aller Welt hast du es geschafft, in einer Urb so braun zu bleiben?« Jeannie kam hinter der Theke hervor und komplimentierte sie zu einem kleinen Tischchen, auf dem ihr Werkzeug lag. »Ich wette, du warst jeden zweiten Tag auf der Sonnenliege.«

»Ja, so ungefähr. Was meinst du, passt dieses Wassermelonenrosa zu meiner Haut oder sollte ich ein kräftigeres Rosé nehmen?«

»Mhm. Mal sehen …« Sie hielt zwei Flaschen Nagellack an Callys Hände. »Ich denke, das Wassermelonenrosa sollte passen. Wohl in verspielter Stimmung?«

»In der Stimmung, ernsthaft Spaß zu haben.« Cally grinste verschmitzt. »In der Urb bin ich mir vorgekommen wie lebendig begraben.«

»Das geht allen so«, meinte Jeannie leise. »Liebes, du hast viel zu viel Stress und du isst nicht genug.« Sie hob einen von Callys Fingern an, wo sie gerade einen Nagel zugestutzt hatte. »Schau dir diese Ränder an. Aber mich überrascht das nicht. Familie bedeutet immer Stress, und unter der Erde gibt es nach wie vor kein besonders gutes Essen. Jedenfalls nicht so gut, wie du es hier draußen kriegen kannst.«

»Das darfst du laut sagen. In den Cafeterias kriegt man keinen Krabbeneintopf wie hier.«

»Seafood ist in Ordnung, aber du musst frisches Gemüse und Salat essen, sonst alterst du vorzeitig. Und eine Menge Wasser trinken. Augenblick, bitte.« Sie verschwand hinter einer Trennwand und kam gleich wieder mit zwei Gläsern und einem Krug Eiswasser zurück. »Hier. Destilliert und re-mineralisiert. Das beste Wasser auf dieser Seite der Blue Ridge.«

Sieben Stunden später legte Cally zwei neue Outfits und ein Paar Schuhe in den Schrank, richtete sich das Haar, legte sich ein Süßwasserperlenhalsband um und zog los, auf der Suche nach etwas Ordentlichem zu essen, anständiger Musik und was immer der Abend ihr sonst noch bringen mochte. Das ist das Schöne an Städten am Strand. Selbst nach dem Postie-Krieg ist immer etwas los, zum Beispiel an der Pappas Street in der Nähe vom El Cid.

Seltsamerweise hatte die Zitadelle im Krieg nur wenige Schäden abbekommen. Charleston war völlig evakuiert worden, also hatte es aus der Sicht der Posleen nichts zu essen gegeben. Viele historische Gebäude waren ebenso wie die Battery völlig intakt geblieben, ebenso auch die jahrhundertealte Militärschule. Niemand wusste, was die Posties eigentlich in diesen weißen, mit Zinnen verzierten Gebäuden gesehen hatten — nur dass sie den Campus fast überhaupt nicht geplündert hatten und er praktisch intakt zurückerobert worden war. Vor kurzem hatte man dort den fünfunddreißigsten Jahrestag der Wiedereröffnung als Universität und Ausbildungsakademie für künftige Offiziere von Fleet Strike gefeiert. In der Nachkriegswelt garantierte einem der Abschluss dort zwar nicht, dass man einen Offiziersposten bekam, öffnete einem aber viele Türen und wurde von jungen Männern als eine Art Fahrkarte aus der beengten Welt der Urbs gesehen.

Wo es junge Männer gab, gab es Bars und Musik und niemanden, den sie töten musste. Normalerweise. Insgesamt betrachtet also genau der richtige Ort, um sich zu amüsieren.

2

Auf Old Tommy’s Pub konnte man sich immer verlassen, man bekam dort sowohl die flüssigen wie die musikalischen Importe aus Irland frisch vom Schiff. Irische Musik mit ihrer unbezähmbaren Fähigkeit, auch aus einem harten Los das Beste zu machen, erlebte gerade so etwas wie eine Wiedergeburt. Balladen und Märsche, die die Heldentaten von GKA-Rittern im Kampf gegen zentauroide Monster verherrlichten, waren vielleicht nicht im strengen Sinne traditionell, aber die modernen Minnesänger Irlands hatten ihren kulturellen Wert in einer Post-Posleen-Welt erkannt und erfüllten diese Aufgabe auf brillante Weise. Ein Bodhran, die traditionelle irische Ziegenfelltrommel, passte nicht nur auf die kleine Bühne eines Pubs, sondern lieferte auch einen überraschend guten Hintergrund für die grellen Klänge einer schon etwas angejahrten Stratocaster. Nun ja, zumindest in ein paar Stunden würde sie schrill klingen. Im Augenblick befanden sich die Instrumente noch in ihren Koffern, und die paar Typen, die da in der Ecke saßen und einen Happen zu sich nahmen, waren vermutlich die Musiker. Kadetten waren es jedenfalls nicht, ihrem Haarschnitt nach zu schließen.

Cally zog sich einen Barhocker heran und bestellte sich ein Killians und einen Meeresfrüchtesalat und verbrachte dann die nächste Stunde damit, mit dem Barkeeper zu flirten und darauf zu warten, dass die Band zu spielen begann. Kadetten tröpfelten den ganzen Abend über herein. Die meisten von ihnen sahen zu jung aus, um sich zu rasieren und waren für sie auf das Strengste off-limits, so sehr sie sich auch bemühten, einen Blick von ihr aufzufangen, aber einer von ihnen wirkte ein wenig älter als die Übrigen und bewegte sich so, als habe er bereits gedient, obwohl die Abzeichen an seiner weißen Sommeruniform auf einen Junior deuteten — mit einem ausgesprochen knackigen Hintern. Der kam infrage.

Sie suchte seinen Blick, hob ihr Glas und zeigte ihm ein freundliches Lächeln. Er erstarrte eine Sekunde lang und sah sich dann über die Schulter um, als wäre er nicht sicher, ob ihr Blick auch wirklich ihm galt; dann entschuldigte er sich bei seinen Kumpels und brachte seine Flasche Budweiser herüber, während seine Freunde sich alle Mühe gaben, beim Abschließen der Wetten auf seine Chancen nicht zu auffällig zu werden.

»Äh … hi. Ich darf mich doch zu Ihnen setzen?« Er stellte sein Bier vor dem leeren Hocker neben ihr auf die Bartheke.

»Das wäre schön.«

»Ich heiße Mark.« Er musterte ihr praktisch noch volles Bierglas mit einem Ausdruck, der an Verzweiflung grenzte, und meinte dann: »Äh … kommen Sie oft hierher?« Und dann setzte er sich hin und verwünschte sich zweifellos im Stillen, dass er etwas so Banales und wenig Brillantes gesagt hatte.

»Nicht oft genug, sonst wäre ich dir sicher schon begegnet.« Sie lächelte freundlich und hielt ihm die Hand hin. »Ich heiße Pamela. Schon lange in der Zitadelle?«

»Siehst du die Streifen hier? Die sagen, dass ich ein Junior bin.« Er registrierte, dass sie ihn duzte. Sofort ging er darauf ein und grinste locker, und fühlte sich jetzt sichtlich auf festerem Boden. »Im ersten Jahr hat man gar keine, im zweiten einen und Seniors sind diese Typen da, die im Blazer herumlaufen. Aber ich bin bereits im zweiten Jahr. Vorher gedient.« Dabei vergrößerte sich sein Brustumfang ein wenig, vermutlich unbewusst.

»Oh? Wo hast du denn gedient?«