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»Weil es auch beim Erzbischof brennt. Alle Diener sind dabei, den Brand zu löschen, um Don Alonso zu retten. Übrigens sind die Zugänge zu dieser Galerie von außen verbarrikadiert worden.«

»Wie kommst du dann hierher?«

»Ich bin heute abend hierhergegangen, um unter einer der Steinbänke zu schlafen. Nach dem Schrecken von heute morgen konnte ich keine Ruhe finden. Niemand konnte mich sehen, und ich hoffte, so Euer Gemach bewachen zu können. Aber ich glaube, ich habe zu fest geschlafen! Da liegt bei mir der Hase im Pfeffer: Wenn ich müde bin, schlafe ich wie ein Murmeltier. Der Brandstifter hat mich nicht gesehen, hat aber seinerseits so wenig Geräusch gemacht, daß ich nichts gehört habe, als er seine Reisigbündel anbrachte.«

»Der Brandstifter?«

»Ich glaubt doch nicht etwa, daß das Feuer sich von selbst entzündet hat? Ebensowenig wie das, welches bei Monseigneur so schön brennt. Ich habe übrigens so eine Ahnung, wer den Streich verübt hat …«

Wie um ihm recht zu geben, öffnete sich die niedrige Tür am anderen, noch unversehrten Ende der Galerie, und hindurch trat eine lange weiße Gestalt, die eine Fackel trug. Entsetzt erkannte Cathérine Tomas. In eine Mönchskutte gekleidet, mit weit aufgerissenen Augen, schritt er wie schlafwandlerisch auf das Feuer zu, unempfindlich gegenüber dem immer dichter werdenden Rauch, der in die große Galerie drang.

»Schaut«, flüsterte Josse. »Er sieht uns nicht einmal!«

Tatsächlich kam der Junge wie ein Nachtwandler näher. Die Fackel in der Hand, gleich einem gefallenen Engel der Rache und des Hasses, schien er sich in Trance zu befinden. Seine Lippen bewegten sich krampfhaft. Cathérine verstand im Vorbeigehen nur das Wort ›fuego‹ … Tomas kam ganz nahe an ihr vorüber, ohne sie zu sehen. Sie hustete.

Er hörte nichts, schritt inmitten der schwarzen Rauchwolken weiter auf das Feuer zu.

»Was sagt er?« fragte die junge Frau leise.

»Das Feuer sei schön, das Feuer sei heilig! Es reinige! Der Herr des Feuers steige zu Gott empor! … Dieses Schloß des bösen Geistes müsse brennen, auf daß die Seelen seiner Bewohner befreit zu Gott zurückkehrten … Er ist vollkommen wahnsinnig, ein Besessener«, sagte Josse und fügte schnell noch hinzu: »Er hat die Tür der Galerie hinter sich nicht wieder geschlossen. Machen wir uns das zunutze, fliehen wir, und schlagen wir Lärm!«

Cathérine folgte Josse, drehte sich jedoch auf der Schwelle noch einmal um. Die Rauchwolken hatten die schlanke weiße Gestalt fast verschluckt.

»Aber …«, sagte die junge Frau, »er wird verbrennen.«

»Das wäre das Beste, was ihm passieren könnte … ihm und den anderen«, brummte Josse, Cathérine mit entschlossener Hand hinausziehend. Sie bemühte sich, Schritt mit ihm zu halten, aber ihre bloßen Füße verfingen sich in den flatternden Falten der Bettdecke, die sie als einziges einhüllte. So eilte sie dahin, von der nervösen Hand Josses gezogen, prallte jedoch plötzlich gegen ein Möbelstück und stieß einen Schmerzensschrei aus. Josse fluchte zwischen den Zähnen, als er aber sah, daß Tränen in ihren Augen standen, stützte er sie während der letzten paar Meter, bis sie die frische Luft erreichten.

Bislang waren sie keiner Menschenseele begegnet, doch im Hof war die Aufregung auf dem Höhepunkt angelangt. Ein Schwarm von Dienern, Bewaffneten, Mönchen und Hausmädchen rannte völlig kopflos wie ein Volk aufgescheuchter Hühner hin und her und stieß schrille Schreie aus. Zwischen dem großen Brunnen des Hofes und dem Eingang zu den Gemächern des Erzbischofs reichte eine Kette von Sklaven unaufhörlich gefüllte Wassereimer weiter, in dem Versuch, die Flammen zu löschen, welche schon an den Türen und Fenstern des Stockwerkes leckten. Schreie, Wehklagen und Gebete gleichermaßen wurden wortreich herausgestoßen.

Die Aufregung im Hof war hervorgerufen worden, weil man soeben erst die zweite Feuerstätte des Brandes entdeckt hatte, wodurch die Bewohner des Schlosses den Kopf verloren, weil sie glaubten, das Feuer sei an allen vier Ecken des Gebäudes gelegt worden.

Dieser Hof mit den roten, schimmernden Wänden, auf denen die Flammen sich spiegelten, dazu die sich wie wahnsinnig gebärdenden Menschen gaben Cathérine eine ausgezeichnete Vorstellung von der Hölle. Sie zitterte mehr aus Erregung als vor Kälte, denn die Nacht war milde, und der Brand erhöhte die Temperatur; sie wickelte sich noch fester in die Bettdecke, die ihre Blöße bedeckte, und suchte Zuflucht unter den Arkaden, wandte den besorgten Blick zum Hauptturm, der schweigend und düster abseits zu stehen schien.

»Gauthier!« murmelte sie. »Wo ist Gauthier? Er muß von diesem ohrenbetäubenden Lärm etwas gehört haben …«

»Die Mauern des Turmes sind außergewöhnlich dick«, bemerkte Josse, »und dann hat er vielleicht einen festen Schlaf …«

Doch wie um ihn Lügen zu strafen, schien die Sklavenkette, die sich angeschickt hatte, zu dem von Cathérine vorher bewohnten Flügel zum Löschen zu eilen, auseinanderzustieben. Die Mauern stürzten in einem Getöse von umgestoßenen Eimern, wie von einem Sturm getrieben, auf den Mittelpunkt des Hofes zu, und Gauthier tauchte auf der Schwelle auf. Mit dem Kopfverband, den er noch trug, und in der langen Dschellaba, mit der man ihn ausstaffiert hatte, sah er den Ungläubigen, die er zurücktrieb, sehr ähnlich, die aber im Vergleich zu ihm, dem Riesen, zwergenhaft wirkten. Vor ihm, fest in seiner Riesenfaust gepackt, taumelte eine magere, weiße Gestalt und streckte sich schließlich, fast zu Füßen Catherines, auf dem Boden aus. Es war – Tomas …

Er hob die Augen zu der jungen Frau empor, sein Blick war nach wie vor der eines Traumwandlers, doch lag darin jetzt so etwas wie Bewußtsein. Ein Zornesfunke blitzte in seinen Augen auf, als er seine Feindin erkannte. Die schmalen Lippen verzogen sich zu einem boshaften Grinsen. »Du lebst noch!« zischte er. »Satan selbst schützt dich, Hure! Das Feuer hat keine Macht über dich! Aber du wirst der Züchtigung nicht entgehen!«

Mit zornigem Knurren riß Josse den Dolch aus seinem Gürtel und sprang auf den Jungen zu, packte ihn an der Gurgel.

»Du wirst ihr auf keinen Fall mehr entgehen!« Er wollte zustoßen, ohne daß Cathérine, versteinert vor Entsetzen angesichts dieses unnachgiebigen Hasses, auch nur einen Finger rühren konnte, doch da legte sich die Pranke Gauthiers auf den Arm des Parisers und hielt ihn zurück.

»Nein … laß ihn! Ich hatte soeben auch die größte Lust, ihn zu erwürgen, als ich ihn vor der brennenden Tür der Dame Cathérine, mit seiner Fackel herumfuchtelnd, entdeckte, aber ich habe begriffen, daß er ein Verrückter ist, ein kleiner Junge, ein Kranker … Solche Menschen tötet man nicht, man überläßt sie dem Himmel … wer immer darin wohnt. Und jetzt reisen wir ab!«

Mit einer Bewegung deutete Cathérine auf ihre Bettdecke und hob die Schultern.

»Wie denn? Barfuß und nur in eine Decke gehüllt? Bist du nicht vielleicht auch ein bißchen verrückt?«

Ohne zu antworten, reichte Gauthier ihr das Paket, das er unter dem Arm trug, lächelte und erklärte dann:

»Hier sind Eure Kleider und Euer Almosenbeutel. Ich habe sie in Eurem Gemach gefunden … statt einer Leiche, die glücklicherweise noch lebt! Zieht Euch schnell an!«

Cathérine ließ sich das nicht zweimal sagen. In einen dunklen Winkel des Hofes gleitend, beeilte sie sich, ihre Reisekleidung anzulegen, schnallte sich den Almosenbeutel an den Gürtel, nicht ohne sich vorher zu vergewissern, daß ihr Dolch und der Smaragd der Königin noch vorhanden waren. Als sie zu ihren Gefährten zurückging, stellte sie fest, daß Tomas verschwunden und Josse auch nicht mehr da war. Gauthier beobachtete mit verschränkten Armen gelassen die Löscharbeiten der Leute im Hof. Die Feuersbrunst, zweifellos rechtzeitig bekämpft, war schon beinahe unter Kontrolle. Cathérine fragte ihn: