Выбрать главу

»Keinen«, sagte der Bischof, »außer der Furcht angesichts der Tatsache, daß wir eine anständige und edle Dame ihre Seele … und ihren Körper in einem gefährlichen Abenteuer aufs Spiel setzen lassen. Die Tugend Madame de Montsalvys …«

»Hat nichts zu befürchten, Euer Ehrwürden«, entgegnete Cathérine ruhig. »Ich werde auf mich achtzugeben wissen.«

»Aber da ist noch ein Punkt, den ich gern klären möchte«, sagte der Prälat beharrlich. »Wenn Ihr bei La Trémoille vorgelassen werdet, wie wollt Ihr ihm dann einreden, Amboise zu verlassen und nach Chinon zu reiten? Er liebt die Zigeunerinnen, gut, aber ich glaube nicht, daß er sie nach Belieben handeln oder sich von ihnen Ratschläge geben läßt. Denn Ihr werdet in seinen Augen nichts anderes als eine der Ihren sein …«

Diesmal lächelte Cathérine, und dieses leise, süße Lächeln hellte wie durch Zauberei die harten Gesichter der Ritter auf.

»Ich habe da so meine Idee, Monseigneur, aber ich bitte um Eure Erlaubnis, sie für mich behalten zu dürfen. Zunächst nur sovieclass="underline" Ich werde mich der stärksten Leidenschaft des Kämmerers bedienen, nämlich der für das Gold!«

»Dann segne und behüte Euch Gott, meine Tochter! Wir werden für Euch beten!«

Er reichte den Lippen der jungen Frau, die vor ihm niederkniete, seine mit einem riesigen Saphir geschmückte Linke, während seine rechte Hand über die schöne, dem priesterlichen Segen dargebotene Stirn strich.

Cathérines Herz klopfte wie ein Tambour, der zum Angriff trommelt. Nun würde sie sich also schlagen, sich persönlich schlagen, dem Feind die Stirn bieten, ihm in seiner Höhle gegenübertreten. In ihrem Leben hatte sie schon viele Abenteuer durchgemacht, aber diese Abenteuer waren ihr vom Schicksal auferlegt worden. Außer damals, als sie Burgund verlassen hatte, um Arnaud im belagerten Orléans zu treffen, hatte sie sich mit dem, was das Schicksal ihr brachte, abfinden müssen, indem sie das Beste daraus machte. Heute jedoch, aus wohlerwogenem, eigenem Entschluß, obwohl nichts sie dazu zwang, einfach zur Beruhigung ihres Gewissens und aus Liebe zu dem auf immer verlorenen Mann, stürzte sie sich in einen wahnwitzigen, verrückten Streich, bei dem nichts, nicht einmal ihr Name, ihr von Nutzen sein würde. Wenn man sie ergriffe, würde man sie hängen wie irgendeins der ägyptischen Mädchen, dessen Aussehen sie annehmen würde, und ihr Körper würde weit von dem Lande verfaulen, in dem Arnaud langsam dahinsiechte. Doch dieser Gedanke konnte sie in ihrem Entschluß nicht wankend machen.

In ihre Träumerei versunken, fuhr sie auf, als die Stimme der Königin plötzlich verkündete:

»Ehe wir uns trennen, schwört von neuem, Messeigneurs, wie Ihr es in Vannes getan habt, unser Geheimnis getreulich zu bewahren und nicht zu ruhen und zu rasten, bis der Mann, dessen Untergang wir uns geschworen haben, zu Boden geworfen ist. Schwört bei der Heiligen Jungfrau und dem Herrn Jesus Christus!«

In einer einzigen Bewegung streckten die Ritter die rechte Hand aus und legten sie auf das Kreuz aus Saphiren, das sich der Bischof vom Hals genommen hatte und ihnen nun hinhielt.

»Wir schwören es!« riefen sie einstimmig. »La Trémoille muß fallen, oder wir werden untergehen!«

Dann kamen sie, einer nach dem anderen, und beugten das Knie vor Yolande, die allen die Hand zum Kusse bot, und verließen darauf den Saal der Gobelins. Als einzige blieben Richemont und Tristan l'Hermite zurück, um die Einzelheiten des Vorhabens zu besprechen. Während die Königin und der Konnetabel sich unterhielten, ging Cathérine auf den Flamen zu.

»Ich möchte Euch danken«, sagte sie. »Eure Idee hat uns alle gerettet, und ich kann nicht umhin, in ihr ein Zeichen des Schicksals zu sehen. Ihr konntet nicht wissen, daß meine Amme …«

»Dennoch wußte ich es, Madame«, erwiderte Tristan mit einem dünnen Lächeln. »Dankt mir nicht mehr, als recht und billig ist. Denn nicht ich habe Euch eine Idee eingegeben, Dame Cathérine, sondern Ihr mir!«

»Ihr wußtet es? Wieso?«

»Ich weiß stets alles, was ich wissen will! Aber seid ohne Sorge, ich werde Euch ebenso treu dienen, wie ich dem Konnetabel diene.«

»Warum? Ihr kennt mich doch nicht.«

»Nein. Aber ich brauche einen Menschen, Mann oder Frau, nicht zweimal anzusehen, um seinen Wert zu kennen. Ich werde Euch aus dem besten und einfachsten Grunde dienen: weil ich's gern tue!«

Der rätselhafte Flame grüßte und trat wieder zu seinem Herrn, Cathérine nachdenklich zurücklassend. Wer war dieser merkwürdige Mann, der als einfacher Stallmeister wie ein Herr sprach und anscheinend durch Mittel, die nur ihm bekannt waren, alles wußte, was die Leute, mit denen er zusammenkam, betreffen konnte? Daß er etwas Beunruhigendes an sich hatte, leugnete Cathérine nicht, und trotzdem empfand sie keine Furcht bei dem Gedanken, daß er bei dem bevorstehenden Abenteuer ihr Partner sein würde. Vielleicht der Solidität wegen, die von ihm ausstrahlte, einer anderen zwar als der, wie sie Gauthier gegeben war, doch auf ihre Art ebenso beruhigend!

Sie hatte Eile, zu Sara zurückzukehren, um sie ins Bild zu setzen, und bat, sich zurückziehen zu dürfen, was ihr sogleich gestattet wurde. Die Königin und der Konnetabel hatten noch ernste Dinge zu besprechen, die nicht für uneingeweihte, wenn auch treue Ohren bestimmt waren. Doch als sie den Saal verließ, stieß Cathérine auf Pierre de Brézé. Der junge Mann wanderte in der Galerie am Wasserrand auf und ab und kam, als er sie auftauchen sah, auf sie zu. Er schien sehr erregt und bewegt.

»Holde Dame«, sagte er mit besorgter Stimme, »haltet mich nicht für einen Narren, doch gewährt mir gnädigst einige Augenblicke des Gesprächs. Ich habe Euch vieles zu sagen.«

»So viel?« entgegnete Cathérine schnippisch, halb ernst, halb scherzhaft. »Ich dachte, wir hätten uns gestern abend alles gesagt, was zu sagen war.«

Die Erwähnung ihres vorangegangenen Renkontres trieb Brézé die Schamröte ins Gesicht, und Cathérine konnte trotz des Grolls, den sie noch gegen ihn empfand, nicht umhin, an diesem Koloß, der wie ein junges Mädchen errötete, einen gewissen Charme zu finden. Zudem sah er gut aus, hatte regelmäßige und reine Züge, die an die der Montsalvys erinnerten, besonders an die Michels, des hellen Haars und der blauen Augen wegen, und als Cathérine dies feststellte, spürte sie, wie das instinktive Ressentiment, das er ihr anfangs eingeflößt hatte, schwand. Sie blickte ihn etwas weniger streng an und ließ sich sogar von ihm zu einer der Fensternischen führen. Dort setzte sie sich auf die Steinbank und hob die Augen zu ihm auf.

»Nun, ich höre! Was habt Ihr mir zu sagen?«

»Zuerst, Vergebung für gestern. Ich kam geradewegs von einem Auftrag aus dem Haut-Maine zurück und ging direkt in dieses Zimmer, das in normalen Zeiten das meine ist. Ich wußte nicht, daß es besetzt war.«

»Wenn es so ist, so sei Euch verziehen. Seid Ihr nun zufrieden?«

Er antwortete nicht sofort. Seine nervösen Finger zerrten an den langen, mit grauer Seide unterfütterten Einschnitten seines Wamses aus blauem Tuch, dessen einziger Schmuck aus dem gestickten Kreuz von Jerusalem auf seiner Brust bestand.

»Ich habe noch etwas zu sagen!« meinte er schließlich gedämpft, ohne zu wagen, das zarte, so rührende Gesicht in der Einrahmung seiner schwarzen Schleier anzusehen. Pierre de Brézé war noch nie einer so schönen Frau begegnet, und die Vollkommenheit, die er, ohne zu wollen, entdeckt hatte, das Licht, das aus diesen wunderbaren blauen Augen strahlte, dies alles erregte ihn derart, daß er bebte. Er, der Ritter der Königin, der Mann, vor dem Lord Scales und Thomas Hampton geflohen waren, er, kraftlos und entwaffnet, wünschte jetzt nichts sehnlicher, als das Knie zu beugen und anzubeten. Cathérine war viel zu sehr Frau, zu feinfühlig, um die Verwirrung dieses großen Jungen nicht wahrzunehmen, aber sie war entschlossen, der Versuchung nicht nachzugeben, so charmant sie auch sein mochte.

»Sprecht!« sagte sie ruhig.