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»Wie bin ich jetzt?« fragte sie ängstlich Sara, die ein auf einem Schemel bereitgelegtes Tuch nahm, um sie abzutrocknen.

»Der Hautfarbe nach könntest du meine Tochter sein, und mit deinem blonden Haar ergibt das einen seltsamen Effekt, obgleich es auch leicht gebräunt ist.«

Die Stimme Guillaumes drang herein.

»Seid Ihr fertig? Zieht Euch vor allem noch nicht an. Ihr würdet Gefahr laufen, Eure Kleider zu beschmutzen.«

In ihr Badetuch gehüllt, trat Cathérine wieder zu den beiden Männern in den großen Raum hinaus. Guillaume hatte eine mit einem roten Kissen belegte Fußbank neben einen Dreifuß gestellt, auf dem eine mit einer dicken schwarzen Paste gefüllte Schale stand. Gehorsam setzte sich Cathérine und ließ den Maler ihren Haaransatz mit der Paste bestreichen, die einen starken und unangenehmen Geruch ausströmte. Tristan schnitt eine Grimasse und hielt sich die Nase zu.

»Schrecklich! Kann ein Frau mit solchem Geruch denn verführerisch sein?«

»In einer Stunde, wenn die Paste ihre Wirkung getan hat, waschen wir das Haar.«

»Und was ist drin?«

»Gallapfel, Eisenrost, Vitriol, durch den Wolf gedrehtes Hammelfleisch, mit Schweinefett gemischt.«

»Vitriol« begehrte Sara auf. »Unglücklicher, Ihr werdet sie töten!«

»Beruhigt Euch, Weib! In allem kommt es auf das Maßhalten an. Ein solches Gift ist in bestimmten Mengen tödlich, es heilt aber, wenn man es in winzigen Dosen verwendet.«

Die langen, geschmeidigen Hände des Malers waren erstaunlich zart, leicht und anschmiegsam. Während er andächtig Cathérines Haar knetete, sprach er wie zu sich selbst:

»Ein wahres Verbrechen, so schönes und helles Haar zu schwärzen, aber die Schönheit dieser holden Dame wird dadurch nicht vermindert. Ich glaube, sie wird nur noch gefährlicher werden.«

»Und es wird mit der Zeit auch wieder verblassen?« wollte Cathérine wissen.

»Oje, nein! Ihr müßt Euer Haar wachsen lassen, dann kann man die noch schwarz gebliebenen Locken abschneiden.«

»Ich werde mich darum kümmern«, erklärte Sara. Cathérine unterdrückte einen Seufzer. Nicht, daß sie dieses neue Opfer etwa bedauerte, das man ihr abverlangte, aber der Gedanke, ihr Haar wieder schneiden lassen zu müssen, behagte ihr gar nicht.

Eine Stunde lang hielt sie die Paste aus, die ihr leicht auf der Kopfhaut brannte und so drückend schwer wie die Erde schien. Um sie abzulenken, hatte Guillaume eine Viola von einem Tischchen genommen und sang nun mit halber Stimme, sich dabei begleitend:

»Wenn der Baum von Blättern sich leert, wenn sie zur Erde gefallen sind und Armut den Krieg mir erklärt, mir keine Ruh' mehr gewährt im Winterwald …«

Das Lied war traurig, die Musik süß, und der seltsame Mann trug es wie ein echter Künstler vor. Ergriffen und bezaubert, vergaß Cathérine darüber ihre merkwürdige Lage. Sara und Tristan taten es ihr nach, sie hörten zu. Und die junge Frau bedauerte fast, daß die Wartezeit zu Ende ging, mit so großem Vergnügen hatte sie Guillaume zugehört. Sie sagte es ihm auch. Der Maler verzog die Lippen zu seinem bizarren Lächeln.

»Manchmal, wenn unsere Königin sehr niedergeschlagen ist, läßt sie mich rufen, daß ich für sie singe. Ich kenne so viele Balladen und Lieder … auch solche aus ihrem Lande Aragon! Und ich singe gern für sie, weil sie eine hochgestellte und edle Dame ist und ein großmütiges Herz hat.«

Während er sprach, hatte er Cathérine flink von ihrer übelriechenden Paste befreit. Das Haar der jungen Frau, jetzt schön schwarz geworden, wurde gewaschen und mit unendlich vielen Tüchern kräftig getrocknet, worauf Guillaume einer Truhe ein in Seide gewickeltes Bündel entnahm. Es enthielt lange schwarze Haarsträhnen, die er zuerst ihrer Wirkung nach miteinander verglich. Sodann machte er sich zufrieden daran, sie mit Nadeln im Haar Cathérines zu befestigen, wobei er Sara genau zeigte, wie man es machen mußte.

»Manche schöne Dame, deren Haar sich im Laufe der Jahre gelichtet hat, nimmt zu dieser kleinen Kriegslist Zuflucht und behilft sich mit meinen guten Diensten.«

Mit peinlicher Sorgfalt zeichnete er Cathérines Augenbrauen mit einer Paste nach, die er einer kleinen Silberdose entnahm, und strich leicht über die Wimpern der jungen Frau.

»Sie sind sehr dicht und schon dunkler«, sagte er, »aber man muß sie noch schwärzer machen. Wißt Ihr, daß Ihr so sehr schön ausseht?«

Mit offenem Mund betrachteten Sara und Tristan das Ergebnis, ohne Worte zu finden. Von einem in einer Ecke stehenden Tisch holte Guillaume einen runden Spiegel, den er Cathérine wortlos reichte. Die junge Frau stieß einen erstaunten Ruf aus. Das war sie, und doch war es wieder jemand ganz anders. Die schwarzen Brauen und Wimpern machten ihre blauen Augen noch dunkler, schwarze Locken umrahmten ihre Stirn, ihre Lippen wirkten röter, und in ihrem dunkleren Gesicht blitzten ihre Zähne weiß. Sie war nicht schöner als vorher, aber sie war anders, von einer mehr perversen Schönheit, gefährlicher auch, was Tristan mit unverhohlener Befriedigung feststellte.

»Es wird schwer sein, ihr zu widerstehen!« sagte er ruhig. »Ihr habt gut gearbeitet, Meister Guillaume. Nehmt dies … und schweigt.«

Er zog eine dicke, runde Börse aus der Tasche, doch zu seiner großen Überraschung wies der Maler das Dargebotene mit sanfter Hand zurück.

»Nein«, sagte er nur.

»Wie? Ihr wollt für Eure Mühe keine Bezahlung annehmen?«

»Doch … aber nicht so!« Er wandte sich zu Cathérine, die sich noch immer im Spiegel betrachtete.

»Ich brauche kein Gold, aber wenn diese schöne Dame mir die Gunst gewährte, ihre Hand küssen zu dürfen, werde ich hundertfach bezahlt sein.«

Spontan vergaß Cathérine den Widerwillen, den sie ursprünglich empfunden hatte, und streckte ihm beide Hände entgegen.

»Dank, Meister Guillaume. Ihr habt mir einen Dienst erwiesen, den ich nicht vergessen werde.«

»Ein kleiner Platz in Eurer Erinnerung wird aus mir den glücklichsten aller Männer machen. Und gedenkt meiner auch in Euren Gebeten … denn die habe ich sehr nötig!«

Ehe er die junge Frau zum Ankleiden in die Kammer zurückkehren ließ, machte er ihr die kleine Silberdose mit der schwarzen Paste, eine andere, sehr ähnliche, die eine Art dicker Creme von schönem, leuchtendem Rot enthielt, und einen kleinen Flakon zum Geschenk.

»Das Rot ist zum Auffrischen Eurer Lippen. Die Zigeunerinnen sehen aus, als hätten sie Feuer unter der Haut, und Eure Lippen sind von einem zu zarten Rosa. Was das Fläschchen betrifft, so enthält es ein stark nach Moschus duftendes Parfüm. Verwendet es in bescheidenden Mengen, denn man braucht davon sehr wenig, um das Blut eines Mannes zu entflammen!«

Es war kurz vor Mitternacht, als Cathérine und ihre beiden Gefährten wieder vor dem Ausfalltor des Schlosses anlangten. Sie hatten keine Seele in den Gassen getroffen, nichts als eine große schwarze Katze, die sich bei ihrer Annäherung miauend auf und davon machte, was Sara bewog, sich hastig zu bekreuzigen.

»Schlechtes Vorzeichen!« murmelte sie. Aber Cathérine hatte beschlossen, ihre Ohren jeder pessimistischen Äußerung zu verschließen. Seit sie das Haus des Malers Guillaume verlassen hatte, fühlte sie sich wie eine andere Frau. Mit diesem neuen Aussehen würde sie nicht mehr den Namen Montsalvy tragen, sondern irgendeinen Namen, den sie auf den dunklen Pfaden, die sie einzuschlagen beabsichtigte, weder kompromittieren noch beschmutzen könnte. Sie würde erst wieder Cathérine de Montsalvy werden, wenn ihre Rache vollendet wäre. Dann würde sie die letzten Spuren ihrer Maske mit Weingeist entfernen, wie Guillaume es sie gelehrt hatte, würde ihre schwarzen Haare abschneiden, die ihr jetzt ebenso falsch vorkamen wie die angesteckten, und würde sich in stolzer Trauer wieder in die Auvergne aufmachen, um dort ihrem Vielgeliebten so nahe wie möglich zu leben.

Doch nachdem sie ihr Zimmer erreicht hatte, riß sie sich alle Kleider herunter und stellte sich vor einen großen, polierten Silberspiegel, in dem sie sich fast ganz sehen konnte. Ihre Haut war so dunkel wie die Saras, aber ein klein wenig goldener. Sie war glatt und schimmerte im Licht der Öllampe wie gebräunter Atlas. So getönt, wirkte ihr Körper noch schlanker und nerviger. Die langen schwarzen Locken wanden sich wie Schlangen und glitten ihr bis auf die Hüften herab. Ihre purpurnen Lippen strotzten wie eine wollüstige Blume, und ihre großen Augen funkelten, dunkle Sterne, eingebettet unter den stolzen Bogen ihrer Brauen.