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»Darauf wollt Ihr also hinaus?«

»Warum nicht? Aber die Forderung meiner Männer bleibt bestehen. Ich darf hinzufügen, daß ich mich, wenn du auf dem Kampf bestehst, ebenfalls schlagen werde, um dich zu besitzen.«

Der Griff des Zigeuners hielt sie weiter am Boden, drückte sie fast an seine Brust. Er beugte sich noch vor, und sein Mund berührte leicht ihr gespanntes Gesicht.

»Sieh mich genau an, schöne Dame! Sag mir, was mich von diesen großen Herren unterscheidet, denen du vorbehalten bist? Der Großkämmerer, dem du dich vielleicht anbieten willst, ist dick und abstoßend. Er ist schon alt, und die Liebe ist für ihn ein schweres Spiel. Ich dagegen bin jung, mein Körper ist kräftig. Ich kann dich nächte- und nächtelang, ohne müde zu werden, lieben. Warum also würdest du mich nicht wählen?«

Seine rauhe Stimme hatte eine verzaubernde Gewalt, und in dem bebenden Körper Cathérines kochte das entflammte Blut. Mit Schrecken entdeckte sie, daß sie gar keine Lust zum Widerstand hatte, daß sie noch mehr hören wollte, daß sie nach Liebe dürstete … Der so nahe Impuls, sich diesem Mann an den Hals zu werfen, war so heftig und gleichzeitig so animalisch, daß Cathérine das Grauen in ihrem Blut fühlte. Und blitzartig begriff sie, was Tereina ihr zu trinken gegeben hatte. Ein Aphrodisiakum, einen Liebestrank! irgendeine höllische Mixtur, die sie dem Anführer der Zigeuner fügsam und willfährig ausliefern sollte!

Ein Aufwallen ihres Stolzes kam ihr zu Hilfe. Wild riß sie sich aus den Armen, die sie noch hielten, schleppte sich auf den Knien über den Boden des Karrens, klammerte sich an die Stützen und stand auf. Im Rücken fühlte sie die Unebenheit des Holzes, die Feuchtigkeit der nassen Plane. Sie zitterte an allen Gliedern und mußte die Zähne zusammenbeißen, damit sie nicht klapperten. Vom Grunde ihres verzweifelten Herzens stieg ein Gebet zum Himmel empor, der mehr als je unerreichbar war, während ihre Hand mechanisch in den Gürtel fuhr, nach dem Dolch, nach Arnauds Dolch, den sie gewohnheitsmäßig immer bei sich trug. Aber Tchalaï, die Zigeunerin, hatte keinen Dolch, und die Hand griff nur in den rauhen Stoff des Kleides. Immer noch im Schatten kauernd wie eine große Katze, beobachtete Fero sie mit rot unterlaufenen Augen.

»Antworte!« knurrte er. »Warum würdest du mich nicht wählen?«

»Weil ich Euch nicht liebe! Weil Ihr mir Entsetzen einflößt …«

»Lügnerin! Du begehrst mich genauso wie ich dich! Du siehst nicht deine schon trüben Augen, hörst nicht dein ersticktes Keuchen …«

Cathérine stieß einen Zornesschrei aus.

»Das ist nicht wahr! Tereina hat mir irgendeine teuflische Mixtur zu trinken gegeben, und das wißt Ihr und rechnet damit! Aber Ihr werdet mich nicht bekommen, weil ich's nicht will!«

»Meinst du?«

Eine geschmeidige Bewegung, und er stand vor ihr, sie zwischen seiner Brust und den Holzstreben einklemmend. Sie versuchte, zur Seite zu gleiten, aber sie konnte kaum atmen … und sie empfand noch immer das Brennen in ihrem Körper, primitiv und erniedrigend, aber bei der Berührung mit diesem Mann wurde es gebieterisch … Cathérine preßte die Zähne zusammen, stemmte beide Hände gegen Feros Brust, versuchte vergeblich, ihn zurückzustoßen.

»Laßt mich!« keuchte sie. »Ich befehle Euch, mich loszulassen!«

Er lachte leise, fast Mund an Mund mit ihr, obgleich Cathérine sich bemühte, ihren Kopf abzuwenden.

»Dein Herz schlägt wie eine Trommel. Aber wenn du ›befiehlst‹, daß ich dich lasse, kann ich gehorchen … Ich kann auch diese Männer rufen, die sich deinetwegen schlagen wollen, und da ich keine Lust habe, einen von ihnen deiner schönen Augen wegen zu verlieren, werde ich dich in diesem Karren festbinden und dich ihnen ausliefern. Nachdem jeder dich besessen hat, werden sie zumindest wissen, ob sie immer noch Lust haben, sich zu schlagen. Ich werde als letzter kommen … ›Befiehlst‹ du mir noch immer, dich zu lassen?«

Eine rote Wolke erhob sich vor Cathérines Augen, aus einem jähen Wutanfall geboren. Dieser Mann wagte, von ihr wie von einer unwichtigen Sache zu sprechen, die man mißachtete, nachdem man sie genommen hatte? In ihrer Eigenliebe verletzt und durch die Drohung in Feros Augen erschreckt, fühlte sich Cathérine dem Ruf ihres aufgewühlten Fleisches gegenüber nachgiebiger. Gleichzeitig empfand sie ein unbändiges Verlangen, diesen unverschämten Wilden zu unterwerfen, ihn in die Sklaverei der Leidenschaft zu zwingen, in der sie schon so viele andere Männer gesehen hatte. Und da dies das einzige Mittel war, Schlimmerem zu entgehen …

Plötzlich gab sie es auf, sich ihm zu entziehen, überrascht, die Lippen unter seinem Mund nicht mehr verschlossen zu finden, bemächtigte er sich ihrer gierig. Seine Lippen auf den ihren waren süß und dufteten nach Thymian. Schon triumphierend, fühlte Cathérine, daß sie leicht zitterten, hatte aber keine Zeit, sich daran zu ergötzen. Das verfluchte Aphrodisiakum hatte inzwischen alle Mächte der Hölle in ihr entfesselt. Sie konnte nicht mehr gegen sich ankämpfen. Ihr verrücktes Herz hämmerte gegen ihre Rippen. Die Heftigkeit ihres Bluts erstickte sie, und unter den Händen des Zigeuners bebten schon ihre Hüften … Es war auch nicht mehr möglich, die Liebesraserei Feros aufzuhalten, der sie, taub und blind für alles, was nicht dieser Frauenleib war, an sich preßte.

Cathérine schloß die Augen und überließ sich dem Sturm. Doch mit beiden Händen die schweißnassen Schultern des Zigeuners packend, murmelte sie:

»Liebe mich, Fero, liebe mich mit aller Kraft … aber wisse, daß ich dir nur verzeihen werde, wenn es dir gelingt, mich selbst meinen Namen vergessen zu lassen!«

Als Antwort ließ er sich zu Boden fallen und zog sie mit sich. Beide rollten, ineinander verschlungen, auf die schmutzigen Planken. Die ganze Nacht wütete der Sturm, rüttelte an den Karren, entwurzelte Bäume, riß die Schiefer der Dächer herunter, zwang die Bogenschützen der Wache auf den Zinnen des Schlosses, sich hinter die riesigen Pfeiler zu ducken. Aber in dem Karren auf dem Grunde des Wallgrabens hörten weder Cathérine noch Fero etwas. Dem unaufhörlichen, immer wiederkehrenden Verlangen des Mannes antwortete der seltsame Wahnsinn, der aus der jungen Frau eine schamlose Bacchantin gemacht hatte, die unter der Heftigkeit der Lust leidenschaftlich aufschrie.

Als das erste Licht des Tages zaghaft auf den Fluß fiel und sein fahler, nebliger Schein über die verwüsteten Uferböschungen glitt, drang die feuchte Frische des Tagesanbruchs durch die durchnäßte Plane und legte sich auf die in Schweiß gebadeten Körper der beiden Liebenden. Cathérine erwachte fröstelnd aus tiefem Schlaf, in den sie kurz zuvor mit Fero gesunken war. Sie fühlte sich todmüde, ihr Kopf war leer, und ein bitterer, übler Geschmack war in ihrem Mund, als hätte sie zuviel getrunken. Nicht ohne Mühe schob sie den reglosen Körper ihres Geliebten von sich, ohne ihn zu wecken, und raffte sich auf. Alles begann sich um sie zu drehen, und sie mußte sich an die Streben klammern, um nicht zu fallen. Ihre Beine zitterten, Übelkeit stieg in ihr auf. Kalter Schweiß perlte an ihren Schläfen, und einen Augenblick schloß sie die Augen. Die Übelkeit ging vorüber, und statt ihrer kehrte der Drang nach Schlaf wieder, unüberwindlich …

Tastend suchte sie ihr Hemd, streifte es sich mühsam über, hob ihren Umhang auf und verließ den Karren. Draußen hatte es aufgehört zu regnen, aber lange gelbliche Nebelfetzen zogen über den Fluß. Die Erde war völlig aufgeweicht, Äste der vom Gewitter mitgenommenen Bäume hingen gebrochen herunter. Die nackten Füße Cathérines stapften im dicken, weichen Schlamm. Sie machte drei Schritte und bemerkte trotz ihrer schweren Augenlider eine rötliche, geduckte Gestalt unter einem der Karren, die sich bei ihrer Annäherung rührte. Erstaunt erkannte sie Tereina. Das junge Mädchen sah ihr entgegen, und der Ausdruck ihres Gesichts verriet ihren Triumph. Da erinnerte sich Cathérine, was dieses Mädchen ihr eingebrockt hatte … Der Zorn weckte sie vollends. Sie warf sich auf die Zigeunerin, packte sie an ihrem roten Schaclass="underline"