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»Ich will deine Verwünschungen nicht hören, du Luder! Du hast, nur zu gehorchen, wenn du nicht willst, daß man dich verbrennt! Gehorchen, verstehst du?! Und zwar demütig!«

Vor Schmerz kamen ihr Tränen. Tapfer unterdrückte sie ihre Wehleidigkeit, aber der Kopf dröhnte ihr noch wie eine Glocke. Haßerfüllt sah sie den Mann an, der nun befahclass="underline"

»Hilf mir beim Ausziehen!«

Er hatte sich gesetzt und streckte ihr ein Bein hin, von dem sie den Schuh herunterziehen sollte. Einen Augenblick zögerte sie, aber sie kannte ihn zu gut, um sich zu weigern. Was nützte es? Sollte sie einen Dolchstoß riskieren? In seiner Wut war er zu allem fähig. Offensichtlich hatte er die Absicht, sie zu demütigen … Mit einem Seufzer kniete sie nieder.

Während Cathérine ihm beim Ablegen seiner Kleidungsstücke half, hatte Gilles einen Humpen Wein auf dem Tisch ergriffen und trank aus ihm mit vollen Zügen. Als der Humpen leer war, warf er ihn beiseite und griff zu einem anderen, dessen Inhalt er mit derselben Gier hinuntergoß. Ein dritter folgte. Entsetzt beobachtete Cathérine, wie sein Gesicht allmählich aufquoll, sich purpurrot färbte und seine Augen rot unterliefen. Als er nichts mehr auf dem Leibe hatte, nahm er von einem Armstuhl eine lange schwarze Samtrobe, zog sie sich über, knüpfte die Kordel um seine Taille und warf der jungen Frau einen bösen Blick zu, während er zu einem Anrichtetisch trat, auf dem Flaschen standen.

»Jetzt zieh du dich aus!« befahl er.

Langsam stieg Röte in Cathérines Wangen, und sie ballte die Fäuste. Ihre Augen funkelten vor Zorn, während ihr Mund sich halsstarrig verkniff.

»Nein«, sagte sie nur.

Sie machte sich auf einen Wutausbruch gefaßt. Nichts dergleichen geschah. Gilles ließ einen Seufzer hören, wandte sich lässigen Schritts zum Hintergrund des Zimmers und nahm von einem Möbelstück eine lange Jagdpeitsche.

»Gut«, sagte er nur. »Dann werde ich selbst es besorgen … damit!«

Im nächsten Augenblick pfiff die lange, schmiegsame Gerte durch die Luft und fetzte einen der weiten Ärmel herunter, nicht ohne den Arm Cathérines sengend zu streifen, die nur mit Mühe ein Wimmern unterdrückte. Sie begriff, daß sie unterlegen war, daß sie gehorchen mußte, wenn sie von diesem brutalen Tier nicht zusammengeschlagen werden sollte.

»Aufhören!« sagte sie mit matter Stimme, »ich gehorche.«

Im nächsten Augenblick fielen der dalmatinische Umhang und das feine Hemd zu ihren Füßen nieder …

Als es wieder Tag wurde, hatte Cathérine keine Tränen mehr. Von Entsetzen und Leiden erfüllt, war sie an der Grenze der Erschöpfung angelangt. Von dieser Nacht in den Händen des Sire de Rais sollte sie eine schreckliche, unauslöschliche Erinnerung zurückbehalten …

Der Mann war geisteskrank, es gab keine andere Erklärung. Er war manisch Blut und Laster verfallen, und stundenlang hatte die Unglückliche sich den widerlichen Phantasien unterwerfen müssen, die Gilles' verschrobener Geist und seine abnehmende Männlichkeit ihr auferlegten.

Ihr zerkratzter, mißhandelter Körper verwehrte ihr den Schlaf, und das Blut gerann auf ihrer Schulter, in die der Rasende seine Zähne gegraben hatte.

Während dieser ganzen schrecklichen Nacht hatte er nicht aufgehört zu trinken, zu trinken bis zum Delirium, und Cathérine hatte mehr als einmal geglaubt, ihre letzte Stunde sei gekommen; aber Gilles hatte sich damit zufriedengegeben, sie windelweich zu schlagen und in den gemeinsten Ausdrücken zu beschimpfen.

Das Quantum Wein, das ihr Peiniger in sich hineingeschüttet hatte, hatte Cathérine hoffen lassen, daß er endlich einschlafen würde, doch als die Morgenröte anbrach und die Hörner der Wächter die Öffnung der Stadttore verkündeten, hatte Gilles noch nicht die Augen geschlossen. Er hatte nur die Decke zurückgeschlagen und war aufgestanden, seinen nackten Körper in der Morgenfrische reckend. Dann hatte er sich angezogen und war hinausgegangen, ohne einen Blick auf die junge Frau zu werfen, die reglos auf dem zerwühlten Bett lag. Wie jeden Morgen rief ihn die Jagd. Hinter dem Bettvorhang, wo sie versuchte, eine bequemere Lage zu finden, hatte Cathérine die Signale der Jagdhörner, das Gebell der ungeduldigen Hunde und dann das Knarren der sich senkenden Zugbrücke gehört.

Draußen mußte sich ein schöner Frühlingstag ankündigen, doch durch die mit Blei eingefaßten Scheiben der schmalen Fenster in den dicken Mauern des Schloßturms drang mit Mühe nur ein grauer, matter Schein. Das Feuer war ausgegangen, aber die Kerzen, wenn auch weit heruntergebrannt, flackerten noch. Cathérines Schulter schmerzte so, daß sie sich trotz ihrer Müdigkeit aufraffte, um in einer der Kannen nach Wasser zu suchen. Doch kaum hatte sie den Fuß auf den Boden gesetzt, als das Zimmer sich um sie drehte, während in ihrem Kopf alles durcheinanderwirbelte. Stöhnend ließ sie sich wieder aufs Bett fallen. Sie fühlte sich entsetzlich schwach und elend. Von Kälteschauern geschüttelt, wickelte sie die Decken um ihren erschöpften Körper. Wenn sie riefe? Vielleicht käme eine Dienerin, die sich um sie kümmerte …

In diesem Augenblick öffnete sich ganz leise die Tür. Zuerst erschien der bärtige Kopf, dann der kolossale Körper La Trémoilles. Nachdem der dicke Kämmerer sich durch einen raschen Rundblick vergewissert hatte, daß Gilles nicht da war, schloß er sorgfältig und vorsichtig die Tür und näherte sich auf Zehenspitzen dem Bett. Mit großen, ängstlichen Augen sah Cathérine ihm entgegen. La Trémoille trug einen weiten Morgenmantel aus apfelgrüner Seide, nach seiner Gewohnheit reichlich mit Gold verziert, dazu eine Nachtmütze, die seinen schon etwas glatzköpfigen Schädel bedeckte. Diese Aufmachung erschreckte Cathérine: Hatte der dicke Kämmerer etwa die Absicht, sofort Gilles' leeren Platz neben ihr einzunehmen? Ein Schrei wollte ihr über die Lippen, und die junge Frau biß in die Decke, um ihn zu unterdrücken.

Indessen beugte sich La Trémoille mit einem breiten Lächeln auf den Lippen zu ihr hinunter und sagte, als er bemerkte, daß sie die Augen geöffnet hatte:

»Ich habe meinen Vetter wegreiten hören und gedachte, dir einen kleinen Besuch abzustatten, mein hübscher Engel. Die ganze Nacht konnte ich nicht schlafen, weil ich immer an dich denken mußte! Glücklicherweise ist diese verdammte Nacht jetzt vorbei, und von dieser Stunde an gehörst du mir.«

Seine feiste Hand streckte sich nach der unter der Decke sich abzeichnenden Rundung einer Schulter aus und schob ungeduldig die Decke beiseite, um ihre zarte Haut zu suchen. Es war die Schulter mit der Bißwunde, und Cathérine wimmerte vor Schmerz, worauf La Trémoille bestürzt die Hand zurückzog und sie verblüfft betrachtete: Sie war blutbefleckt.

»Erbarmen, Messire«, stöhnte Cathérine, »rührt mich nicht an! Es geht mir so schlecht!«

Statt einer Antwort packte La Trémoille die Decke und riß sie bis zum Fuß des Bettes herunter. Der mit blauen Flecken übersäte, mit Spuren getrockneten oder noch frischen Bluts gezeichnete Körper lag entblößt vor ihm. Der dicke Kämmerer wurde rot vor Zorn.

»Dieser unverschämte Hund! Wie konnte er's wagen, dich so zuzurichten, obwohl du für mich bestimmt warst? Das wird er mir bezahlen! O ja, er wird's mir bezahlen!«

Trotz ihres Zustands betrachtete Cathérine diese vor Zorn wie Gelee wabbelnde Fettmasse mit Verblüffung, doch La Trémoille hielt ihr Erstaunen für Entsetzen. Mit unerwarteter Zartheit legte er die seidene Decke wieder über den zerschundenen Körper.

»Hab keine Angst, Kleine! Ich werde dir nichts tun! … Ich bin kein brutales Tier und verehre viel zu sehr die Schönheit, um mich zu solcher Barbarei verleiten zu lassen! Du gehörtest mir, und er hat es gewagt, dich zu schlagen, zu verletzen, obwohl du heute morgen zu mir kommen solltest …«

Offenbar, sinnierte Cathérine, verzieh er am allerwenigsten, daß Gilles es gewagt hatte, etwas zugrunde zu richten, was ihm gehörte. Seine Wut wäre zweifellos eines Hundes, eines Pferdes oder eines goldgeschmiedeten Objekts wegen ebenso heftig gewesen … Aber sie beschloß, trotzdem daraus Nutzen zu ziehen.