Выбрать главу

Schnell beeilte sich der Sergeant, rot vor Stolz zu antworten:

»Ich habe sie nicht verhaftet, Monseigneur, ich begleite sie lediglich auf Befehl der Sehr Hohen und Sehr Edlen Dame de La Trémoille.«

Mit offenem Mund sah Cathérine den Dauphin die Schultern zucken, sich hastig bekreuzigen und dann ungeniert auf den Boden spucken.

»Zweifellos irgendeine maurische Sklavin! Ich hasse dieses verfluchte Gelichter, aber bei dieser Dame erstaunt mich nichts! Die ähnelt …«

Er beendete den angefangenen Satz nicht, denn ein anderer Kavalier war herbeigeeilt und flüsterte ihm jetzt ins Ohr, ohne Zweifel, um ihm mehr Mäßigung in seinen Äußerungen anzuraten. Der Anblick dieses Kavaliers ließ Cathérine bis zu den Wurzeln ihres Haares erröten und verwandelte ihre Unruhe in Panik. Trotz des Panzers, der den Mann völlig umschloß, hatte sie das auf das Panzerhemd gestickte Kreuz von Jerusalem erkannt und besonders das schöne, helle Gesicht unter dem hochgeschobenen Visier des Helmes. Pierre de Brézé! Der Mann, der sich in Angers auf den ersten Blick in sie verliebt und auf der Stelle um ihre Hand angehalten hatte! Er war in das Komplott gegen La Trémoille verwickelt und stellte Cathérine nicht bloß. Aber sie mußte eine überraschte Bewegung bei ihm befürchten, da er sie so unerwartet am Wegrand wiedertraf!

Trotzdem, als sie ihn wiedersah, empfand sie eine plötzliche, unerklärliche Freude und konnte sich nicht bezähmen, ihn mit Bewunderung anzublicken. Er war wirklich sehr schön, dieser Pierre de Brézé, und von sehr edler Gestalt auf seinem großen grauen Schlachtroß! Der starke Eisenpanzer schien seine großen Schultern nicht zu drücken, auch nicht die lange Eschenlanze, die er auf seinen Schenkel gestützt hatte. Die Stimme des jungen Mannes riß sie aus ihren Gedanken.

»Monseigneur«, sagte Brézé, »wir verspäten uns, und die Königin wartet auf uns!«

Aber während er noch sprach, blieb sein blauer Blick an dem Cathérines hängen, zur selben Zeit, in der ein leises Lächeln um die festen Lippen des Ritters spielte. Es war nur ein kurzer Blick, ein flüchtiger Augenblick, aber die junge Frau las darin die ganze Leidenschaft, die er für sie empfand! Er war nur ihretwegen hier, dem Mißfallen des Königs und dem Haß La Trémoilles die Stirn bietend, indem er mit der Eskorte der Königin in dieses Schloß kam, wo er alles andere als erwünscht war! Er hatte sie nicht nur wiedererkannt, sondern fand auch noch ein Mittel, ihr ohne ein Wort, ohne eine Bewegung seine Liebe von neuem zu gestehen. Doch so diskret sein Lächeln auch gewesen war, es war dem scharfen Blick des Prinzen Louis nicht entgangen, der dem Ritter einen spöttischen Blick zuwarf.

»Hm! Es scheint, Herr Ritter, daß Ihr einen ebenso schlechten Geschmack habt wie die Dame de La Trémoille! Gehen wir!«

Ohne sich weiter um Cathérine zu kümmern, gab der Dauphin seinem Pferd die Sporen und zwang Brézé auf diese Weise, ihm zu folgen. Er wandte sich nicht um, aber Cathérines Blick folgte der Gestalt des jungen Mannes, bis sie unter dem Gewölbe verschwunden war. Als sie sich einen Augenblick später wieder auf den Weg machte, füllte sich ihr Herz mit Vertrauen und neuem Mut! Hatte sie nicht am Arm Brézés eine Schärpe aus schwarz-silberner Seide bemerkt, die Trauerfarben, die sie ihm als die ihren bezeichnet hatte und die er treu trug?

Er hatte sich zu ihrem Ritter erklärt, und offensichtlich wollte er es bleiben. In Zukunft würde sie in diesem Schloß, in dem ihr alles Angst einjagte, seine Anwesenheit als Beruhigung und Ermutigung empfinden. Wenn es sein mußte, würde sie ohne Furcht zu sterben wissen, in der Gewißheit, gerächt zu werden, denn sie erinnerte sich des Schwurs, den er ihr auf den Knien geleistet hatte. Wenn sie scheiterte, würde er La Trémoille mit eigenen Händen töten, bereit, dafür seinen Kopf dem Henker auszuliefern.

Trotzdem zwang sich Cathérine, während sie über die Kettenbrücke schritt, diese süßen Gedanken zu verjagen, so tröstlich sie auch waren! in diesem selben Schloß gab es noch einen zweiten Mann, der möglicherweise ihretwegen sterben würde …

Zehntes Kapitel

Als Cathérine und ihre Wächter in den Schloßhof traten, wimmelte er von Menschen. Diener des Schlosses hatten sich zum Gefolge der Königin gesellt, luden das Gepäck ab und halfen den Offizieren und Würdenträgern beim Absteigen. Sie gewahrte sogar die dürftige Gestalt des Königs, der seine Gemahlin zeremoniös zur Treppe geleitete. Unwillkürlich suchte sie in der Menge der Damen und Ritter ein kühnes Profil, breite Schultern, einen heißen Blick, doch schon führten die Bogenschützen sie zu der kleinen Turmtreppe, die zum Zimmer der Dame de La Trémoille hinaufführte.

Sie fand die Tür verschlossen und davor Violaine, in einen weiten Mantel gehüllt. Mit einem Zeichen schickte das junge Mädchen die Soldaten fort, trat aber nicht zur Seite, um Cathérine vorbeizulassen.

»Du kannst nicht eintreten, Zigeunerin!«

»Warum nicht?«

Violaine würdigte sie keiner Antwort, sondern begnügte sich, mit den Schultern zu zucken. In der Tat drang trotz des dicken Eichenholzes, aus dem die Tür bestand, ein heftig geführter Wortwechsel ans Ohr der jungen Frau. Sie erkannte die erregte, schrille Stimme der Gräfin.

»Ich werde dieses Mädchen behalten, solange es mir paßt! Und ich rate Euch, mich nicht daran zu hindern!«

»Welche Fliege hat Euch gestochen, daß Ihr Euch in meine Angelegenheiten mischt? Wozu braucht Ihr dieses Mädchen?«

»Das ist meine Sache! Habt Geduld … Ich werde sie Euch zurückgeben, wenn ich sie nicht mehr brauche.«

Die Stimmen wurden gedämpfter, aber Cathérine hatte verstanden. Die beiden Gatten waren sich ihretwegen in die Haare geraten … und sie hatte nichts von der Frau zu erwarten, die sie zu beherrschen geglaubt hatte. Auf Violaines Gesicht spiegelte sich dieser Gedankengang wider, und sie brach in ein Lachen, ein böses Lachen aus, dann sagte sie leise:

»Überrascht dich das? Was hast du dir eigentlich erhofft? Wolltest du Ehrendame werden?«

Nun zuckte Cathérine mit unechter Ungezwungenheit die Schultern: »Ich hoffte, daß noble Damen die Dienste anerkennen, die man ihnen leistet … Aber was spielt es schon nach allem für eine Rolle!«

Die Gelassenheit, die sie vortäuschte, mußte die Ehrendame beeindruckt haben, denn sie hörte auf zu lachen und warf Cathérine von unten einen mißtrauischen Blick zu, ehe sie sich hastig bekreuzigte, als hätte sie plötzlich den Teufel getroffen. Die Unterhaltung stockte, überdies öffnete sich die Tür, La Trémoille stürzte heraus, in weitem rotem, goldbesticktem Mantel, der im Zugwind seiner wütenden Hast klatschte. Als er Cathérine erkannte, blieb er kurz stehen, maß sie mit funkelnden Augen von oben bis unten und rannte dann, ohne ein Wort zu sagen, mit einer für einen Mann seines Umfangs unglaublichen Wendigkeit die Treppe hinunter.

Cathérines Blick kreuzte sich mit dem Violaines mit der Unversöhnlichkeit zweier Degenklingen. Das Geräusch der Schritte des dicken Kammerherrn auf der Treppe nahm ab. Ein verächtliches Lächeln krümmte die vollen Lippen der Ehrendame, die mit einer nachlässigen Bewegung die eichene Flügeltür aufstieß.

»Jetzt kannst du eintreten.«

Mit erhobenem Kopf ging Cathérine an ihr vorüber und hatte die Befriedigung, die Tür hinter ihrem Rücken zuschlagen zu hören …

»Nicht soviel Krach, Violaine«, rief die Dame La Trémoille gereizt. »Ich habe scheußliche Kopfschmerzen!«

Schon angezogen, aber noch nicht frisiert, durchmaß sie ihr Zimmer, das in einer fürchterlichen Unordnung war. Mit einem Blick sah Cathérine eine Fülle von Kämmen, Fläschchen, Haarnadeln und Salbennäpfchen, alles vor dem Eintritt des Großkämmerers stehen- und liegengelassen. Der Streit zwischen den Gatten mußte alles durcheinandergebracht haben. Mit innerem Lächeln hatte sie das erregende Gefühl, in den Käfig des einen der beiden wilden Tiere eingedrungen zu sein, die die großen Herren und die Prinzen in ihrem Zwinger so sorgsam behüteten. Der Schakal war fort, blieb also nur noch das böse Weibchen, hundertmal gefährlicher als er; aber Cathérine hatte sich geschworen, dieser Frau nicht das Vergnügen zu machen, sie zittern zu sehen. Sofort wandte sich der Zorn der Gräfin gegen sie.