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Ihr die Arbeit zeigend.

Mich dünkt, ich mach es so? Ich zieh das hier ein, und das Ende steck ich hinauf. Es wird gut stehn.

Sophie.

Recht gut. Und ich will Pailleband zu dem Häubchen nehmen! es kleid't mich keins besser. Du lächelst?

Marie.

Ich lache über mich selbst. Wir Mädchen sind doch eine wunderliche Nation: kaum heben wir den Kopf nur ein wenig wieder, so ist gleich Putz und Band, was uns beschäftigt.

Sophie.

Das kannst du dir nicht nachsagen; seit dem Augenblick, da Clavigo dich verließ, war nichts imstande, dir eine Freude zu machen.

Marie fährt zusammen und sieht nach der Tür.

Sophie.

Was hast du?

Marie beklemmt.

Ich glaubte, es käme jemand! Mein armes Herz! O, es wird mich noch umbringen. Fühl, wie es schlägt, von dem leeren Schrecken!

Sophie.

Sei ruhig. Du siehst blaß; ich bitte dich, meine Liebe!

Marie, auf die Brust deutend.

Es drückt mich hier so. — Es sticht mich so. — Es wird mich umbringen.

Sophie.

Schone dich!

Marie.

Ich bin ein närrisches, unglückliches Mädchen. Schmerz und Freude haben mit all ihrer Gewalt mein armes Leben untergraben. Ich sage dir, es ist nur halbe Freude, daß ich ihn wiederhabe. Ich werde das Glück wenig genießen, das mich in seinen Armen erwartet; vielleicht gar nicht.

Sophie.

Schwester, meine liebe Einzige! Du nagst mit solchen Grillen an dir selber.

Marie.

Warum soll ich mich betrügen?

Sophie.

Du bist jung und glücklich und kannst alles hoffen.

Marie.

Hoffnung! O der süße einzige Balsam des Lebens bezaubert oft meine Seele. Mutige jugendliche Träume schweben vor mir und begleiten die geliebte Gestalt des Unvergleichlichen, der nun wieder der Meine wird. O Sophie, wie reizend er ist! Seit ich ihn nicht sah, hat er — ich weiß nicht, wie ich's ausdrücken soll — es haben sich alle große Eigenschaften, die ehemals in seiner Bescheidenheit verborgen lagen, entwickelt. Er ist ein Mann worden, und muß mit diesem reinen Gefühle seiner selbst, mit dem er auftritt, das so ganz ohne Stolz, ohne Eitelkeit ist, er muß alle Herzen wegreißen. — Und er soll der Meinige werden? — Nein, Schwester, ich war seiner nicht wert! — Und jetzt bin ich's viel weniger!

Sophie:

Nimm ihn nur und sei glücklich! — Ich höre deinen Bruder!

Beaumarchais kommt.

Beaumarchais.

Wo ist Guilbert?

Sophie.

Er ist schon eine Weile weg; lang kann er nicht mehr ausbleiben.

Marie.

Was hast du, Bruder? —

aufspringend und ihm um den Hals fallend.

Lieber Bruder, was hast du?

Beaumarchais.

Nichts! Laß mich, meine Marie!

Marie.

Wenn ich deine Marie bin, so sag mir, was du auf dem Herzen hast!

Sophie.

Laß ihn! Die Männer machen oft Gesichter, ohne just was auf dem Herzen zu haben.

Marie.

Nein, nein. Ich sehe dein Angesicht nur wenige Zeit; aber schon drückt es mir alle deine Empfindungen aus, ich lese jedes Gefühl dieser unverstellten, unverdorbenen Seele auf deiner Stirne. Du hast etwas, das dich stutzig macht. Rede, was ist's?

Beaumarchais.

Es ist nichts, meine Lieben. Ich hoffe, im Grunde ist's nichts. Clavigo —

Marie.

Wie?

Beaumarchais.

Ich war bei Clavigo. Er ist nicht zu Hause.

Sophie.

Und das verwirrt dich?

Beaumarchais.

Sein Pförtner sagt, er sei verreist, er wisse nicht, wohin; es wisse niemand, wie lange. Wenn er sich verleugnen ließe! Wenn er wirklich verreist wäre! Wozu das? Warum das?

Marie.

Wir wollen's abwarten.

Beaumarchais.

Deine Zunge lügt. Ha! Die Blässe deiner Wangen, das Zittern deiner Glieder, alles spricht und zeugt, daß du das nicht abwarten kannst. Liebe Schwester!

Er faßt sie in seine Arme.

An diesem klopfenden, ängstlich bebenden Herzen schwör ich dir. Hör mich, Gott, der du gerecht bist! Höret mich an, alle seine Heiligen! Du sollst gerächt werden, wenn er — die Sinnen vergehn mir über dem Gedanken — wenn er rückfiele, wenn er doppelten gräßlichen Meineids sich schuldig machte, unsers Elends spottete — Nein, es ist, es ist nicht möglich, nicht möglich — Du sollst gerächt werden!

Sophie.

Alles zu früh, zu voreilig. Schone ihrer, ich bitte dich, mein Bruder!

Marie setzt sich.

Sophie.

Was hast du? du wirst ohnmächtig.

Marie.

Nein, nein. Du bist gleich so besorgt.

Sophie reicht ihr Wasser.

Nimm das Glas!

Marie.

Laß doch! wozu soll's? — Nun meinetwegen, gib her.

Beaumarchais.

Wo ist Guilbert? wo ist Buenco? Schick nach ihnen, ich bitte dich.

Sophie ab.

Wie ist dir, Marie?

Marie.

Gut, ganz gut! Denkst du denn, Bruder—?

Beaumarchais.

Was, meine Liebe?

Marie.

Ach!

Beaumarchais.

Der Atem wird dir schwer?

Marie.

Das unbändige Schlagen meines Herzens versetzt mir die Luft.

Beaumarchais.

Habt ihr denn kein Mittel? Brauchst du nichts Niederschlagendes?

Marie.

Ich weiß ein einzig Mittel, und darum bitt ich Gott schon lange.

Beaumarchais.

Du sollst's haben, und ich hoffe, von meiner Hand.

Marie.

Schon gut.

Sophie kommt.

Sophie.

Soeben gibt ein Kurier diesen Brief ab; er kommt von Aranjuez.

Beaumarchais.

Das ist das Siegel und die Hand unsers Gesandten.

Sophie.

Ich hieß ihn absteigen und einige Erfrischungen zu sich nehmen; er wollte nicht,

weil er noch mehr Depeschen habe.

Marie.

Willst du doch, Liebe, das Mädchen nach dem Arzte schicken?

Sophie.

Fehlt dir was? Heiliger Gott! was fehlt dir?

Marie.

Du wirst mich ängstigen, daß ich zuletzt kaum traue, ein Glas Wasser zu begehren — Sophie! — Bruder! — Was enthält der Brief? Sieh, wie er zittert! wie ihn aller Mut verläßt!

Sophie.

Bruder, mein Bruder!

Beaumarchais wirft sich sprachlos in einen Sessel und läßt den Brief fallen.

Sophie.

Mein Bruder!

Sie hebt den Brief auf und liest.

Marie.

Laß mich ihn sehn! ich muß —

Sie will aufstehn.

Weh! Ich fühl's. Es ist das Letzte. Schwester, aus Barmherzigkeit den letzten schnellen Todesstoß! Er verrät uns! —