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Leicht lächelnd schüttelte Stephanie den Kopf. »Das ist Haarspalterei. Du und Dave, ihr seid die Letzten, die die ganze Geschichte kennen.«

»Waren wir«, entgegnete Dave. »Jetzt gehörst du auch dazu, Steffi.«

Sie nickte, bedankte sich für das stille Kompliment, dann wandte sie sich mit erhobenen Augenbrauen Vince Teague zu.

Nach ein paar Sekunden fing er an zu schmunzeln.

»Wir haben ihm nicht von Colorado Kid erzählt, weil er aus einem echten ungelösten Rätsel eine Reportage wie jede andere gemacht hätte«, erklärte Vince.

»Nicht dass er die Fakten falsch wiedergegeben hätte, aber er hätte hier was hervorgehoben – sagen wir mal, die Idee mit dem Muskelrelaxans, das das Schlucken so gut wie unmöglich macht – und an anderer Stelle etwas ausgelassen.«

»Beispielsweise, dass es nirgends auch nur den geringsten Anhaltspunkt dafür gibt«, warf Stephanie ein.

»Ah jo, vielleicht das, vielleicht etwas anderes. Kann auch sein, dass er sich was zurechtgebastelt hätte, einfach weil man sich angewöhnt, aus Fakten, die nicht für eine Geschichte reichen, irgendwas zusammenzuflicken, wenn man eine Weile in diesem Geschäft ist, oder weil sein Redakteur ihm die Geschichte zum Umschreiben zurückgegeben hätte.«

»Notfalls hätte es der Redakteur auch selbst gemacht, wenn nicht viel Zeit gewesen wäre«, ergänzte Dave.

»Genau, so was soll schon vorgekommen sein«, stimmte Vince zu. »Jedenfalls wäre Colorado Kid Folge sieben oder acht in Hanrattys Reihe über Ungelöste Rätsel Neuenglands geworden, die Leute hätten am Sonntag eine Viertelstunde über die Geschichte gestaunt und am Montag damit ihre Katzenklos ausgelegt.«

»Und sie hätte nicht mehr euch gehört«, fügte Stephanie hinzu. Dave nickte, aber Vince wedelte abweisend mit der Hand.

»Damit könnte ich mich abfinden, aber man hätte einem Toten, der sich nicht mehr wehren kann, eine Lüge um den Hals gehängt, und das kann ich nicht ertragen. Muss ich auch nicht.« Er warf einen Blick auf die Uhr. »Ich mach mich jetzt jedenfalls auf den Weg. Wer von euch als Letztes geht, schließt hinter sich ab, ja?«

Vince ging. Sie sahen ihm nach, dann sagte Dave zu Stephanie: »Noch Fragen, Euer Ehren?«

Sie lachte. »Mindestens hundert, aber die können Vince und du wohl nicht beantworten.«

»Solange du nicht müde wirst, sie auch zu stellen, ist das kein Problem.« Er schlenderte zu seinem Tisch, setzte sich und zog seufzend einen Papierstapel zu sich heran. Stephanie steuerte auf ihren Tisch zu, doch da entdeckte sie etwas am schwarzen Brett am anderen Ende des Raumes, gegenüber von Vince’ überfülltem Schreibtisch. Sie trat näher.

Das schwarze Brett zog sich über die gesamte Wand. An der linken Seite hingen alte Titelblätter des Islander, vergilbt und knittrig. Oben in der Ecke klebte einsam der Titel vom 9. Juli 1951. Die Schlagzeile lautete: GEHEIMNISVOLLE LICHTER ÜBER HANCOCK FASZINIEREN TAUSENDE. Darunter war ein Foto von einem gewissen Vincent Teague, der damals erst siebenunddreißig gewesen sein durfte, wie Stephanie errechnete. Auf dem gewellten Schwarzweißbild war ein Baseballfeld mit einer Anzeigentafel zu sehen, auf der stand: HANCOCK LUMBER WEISS WIE ES STEHT! Auf Stephanie wirkte das Bild, als sei es in der Dämmerung geschossen. Die wenigen Erwachsenen auf der durchhängenden Tribüne schauten hoch in den Himmel. Ebenso der Schiedsrichter, der breitbeinig über der Home Plate stand, den Helm in der rechten Hand. Eine Mannschaft – die Gäste, nahm sie an – drängte sich um die dritte Base, als suchte sie Trost. Die anderen Kinder in Jeans und Trikots, auf deren Rücken HANCOCK LUMBER gedruckt war, standen in einer Reihe im Innenfeld und starrten in den Himmel. Auf dem Wurfhügel wies der kleine Junge, der geworfen hatte, mit seinem Handschuh auf einen hellen Kreis, der direkt unter den Wolken am Himmel schwebte, als wolle er das Geheimnis berühren und heranholen, ihm das Herz öffnen und seine Geschichte erfahren.