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»Das Gegenteil von Insulin«, sagte ich.

»Bitte? Ja, wahrscheinlich. Aber der Insulin-Hengst war von Wynn Lees und stand bei den Eaglewoods.«

»Sie sagten, es wäre ziemlich einfach, einem Pferd einen Schlauch in den Schlund einzuführen«, bemerkte ich. »Für mich wär’s das nicht.«

»Ein Kinderspiel für Nagrebb. Er könnte es mit einer Nasenbremse machen. Eine Nasenbremse ist .«

Ich nickte, denn was das war, wußte ich. Eine Nasenbremse war ein Holzstück mit einer kurzen Schnurschlinge, die man einem Pferd an der weichen Nasenspitze und der Oberlippe anlegte. Ein auf diese Weise fixiertes Pferd hielt still, weil jede Bewegung schmerzhaft war.

»Wenn er das getan hat«, sagte ich, »läßt es sich unmöglich nachweisen.«

Ken nickte düster. »Und welchen Sinn hätte es gehabt?«

»Versicherung«, sagte ich.

»Andauernd kommen Sie mir mit der Versicherung.«

Ich zog ein paar zusammengefaltete Bogen Papier aus meiner Tasche und sagte, ich wolle ihm eine Liste zeigen.

»Nein, jetzt nicht. Später. Ich möchte einfach meine Notizen noch vor der OP abschließen. Ich hätte nicht so viel Zeit verplempern sollen. Zeigen Sie mir die Liste nachher, okay?«

»Okay.« Ich sah ihm eine Zeitlang beim Schreiben zu und fragte dann, ob ich mal das Telefon benutzen dürfe. Zum Zeichen der Einwilligung wies er darauf, und ich führte ein R-Gespräch mit dem Auswärtigen Amt.

Es dauerte eine Weile, bis der richtige Schreibtisch erreicht war. Ich wollte Bescheid geben, daß ich in England sei, sagte ich. Wann bitte sollte ich in Whitehall antreten?

»Ah.« Hörbares Durchblättern von Papieren. »Da haben wir’s. Darwin. Vier Jahre Tokio. Acht Wochen zustehender Urlaub.« Ein Räuspern. »Wann wären die vorbei?«

»Heute in drei Wochen.«

»Gut.« Erleichterung über die genaue Angabe. »Sagen wir also ... ehm, heute in drei Wochen. Ich notiere das.«

»Vielen Dank.«

»Keine Ursache.«

Lächelnd legte ich den Hörer auf. Sie hatten mir vierzehn Tage mehr als erwartet gegeben, und das bedeutete, ich würde die Rennen in Cheltenham, die in die letzte Woche fielen, besuchen können, ohne meine Pflichten zu vernachlässigen.

Ken war mit seinen Notizen fertig geworden.

»Noch ein ganz schnelles?« fragte ich und griff zum Hörer.

»Klar. Dann fangen wir an.«

Ich fragte die Auskunft nach dem Jockey-Club und den Jockey-Club nach Annabel.

»Annabel?«

»In der PR-Abteilung.«

»Bleiben Sie dran.«

Bemerkenswerterweise war sie da.

»Hier ist Peter«, sagte ich. »Was machen die Japaner?«

»Die reisen heute ab.«

»Gehen Sie morgen abend in London mit mir essen?«

»Morgen kann ich nicht. Wie wär’s mit heute abend?«

»Wo finde ich Sie?«

Sie hörte sich belustigt an. »>Daphne’s Restaurant< Draycott Avenue.«

»Um acht?«

»Bis dann«, sagte sie. »Muß mich beeilen.« Die Verbindung brach ab, bevor ich noch Wiedersehn sagen konnte.

Ken beobachtete meinen Gesichtsausdruck. »Zwei gute Nachrichten an einem Morgen! Wie ein Kater, der das Goldfischglas umgekippt hat.« Plötzlich fragte er mich bestürzt: »Sie reisen doch nicht ab, oder?«

»Noch nicht.« Da seine Bestürzung blieb, setzte ich hinzu: »Nicht, solange ich behilflich sein kann.«

»Ich verlasse mich auf Sie«, sagte er.

Ich hätte sagen können, daß das, was ich machte, mir vorkam, als ob ich auf der Suche nach einem roten Schnipsel durch einen Konfettiregen wanderte, aber damit hätte ich seine Sorgen nur vermehrt. Wahrscheinlich wäre es ihm gar nicht so unrecht gewesen, wenn sein Patient heute morgen nicht erschienen wäre, denn trotz seines Erfolges mit der Zuchtstute sah er wieder blaß und unruhig aus.

Die Operation verlief jedoch von Anfang bis Ende glatt. Carey sah aufmerksam zu. Und ich führte Protokoll. Scott und Belinda fungierten geschickt als Kens Satelliten, und dem tänzelnden Pferd, das jetzt fest schlief, wurde der Kehlkopf gerichtet und erweitert, damit es besser atmen konnte.

Hinter der schützenden Trennwand im Ruheraum stehend, beobachteten wir, wie es zu sich kam, während Scott das durch den Wandring geführte Seil hielt, um das Tier im Gleichgewicht zu halten. Es stand mit wackligen Beinen auf und sah jämmerlich aus, aber ganz entschieden lebendig.

»Gut«, sagte Carey, schon auf dem Weg zum Büro. »Ich habe versprochen, den Besitzer anzurufen.«

Ken warf mir einen kläglich-erleichterten Blick zu, und er und ich streiften unsere Kittel ab und ließen Scott und Belinda allein, die den Operationssaal für die Nachmittagsschicht herrichteten und weiter den Patienten im Auge behielten.

»Sie arbeiten hier alle schwer«, bemerkte ich.

»Wir sind unterbesetzt. Wir könnten ein paar Kulis gebrauchen. Möchten Sie eine Dauerstellung?«

Er erwartete keine Antwort. Wir gingen ins Büro, wo Carey eben die Erfolgsmeldung durchgab, und als Carey gegangen war, sagte er schließlich, es sei Zeit für meine Liste. Ich holte sie aus der Hosentasche, strich sie auf dem Schreibtisch glatt, da sie schon ganz zerknittert war, und fügte ihr eine Zeile hinzu. Wir setzten uns nebeneinander, und ich erklärte ihm, was er sah.

»In der linken Spalte«, sagte ich, »stehen die Besitzer und Trainer, deren Pferde unter gelinde gesagt fragwürdigen Umständen gestorben sind. In der zweiten Spalte steht, wie und woran sie jeweils gestorben sind oder auch nicht. In der dritten Spalte ... tja.«

Ken sah sich die dritte Spalte an und protestierte sofort, da alle seine Partner sowie Belinda und Scott dort namentlich aufgeführt waren.

»Die haben nichts damit zu tun«, beharrte er.

»Gut. Dann sehen Sie sich Spalte eins und zwei an, okay?«

»Okay.«

Ich hatte in Tabellenform geschrieben:

Wynn Lees/ Eaglewood Hengst mit Insulin:

Im Stall eingeschlafen

Wynn Lees/ Gestüt Vernonside Mackintosh

Mackintosh

Eaglewood

Eaglewood

Fitzwalter

Nagrebb

Nagrebb

Zuchtstute/Nadeclass="underline"

(Lebt)

Kolik durch Atropin?

Bei OP gestorben Kolik durch Atropin?

Bei OP gestorben Atemwege Bei OP gestorben Röhrbein:

Bei OP gestorben Knieverletzung:

In Intensivpflege gestorben Springpferd / zerstörte Sehne: Auf OP-Tisch eingeschläfert Springpferd/Hufrehe:

Auf Weide eingeschläfert

»Puh«, sagte Ken nachdenklich beim Durchlesen.

»Gibt es noch andere?«

»Nicht daß ich wüßte.« Er hielt inne. »Wir hatten eins, das sich das Bein gebrochen hat, als es nach einer gelungenen Kolikoperation aus der Narkose erwachte und um sich schlug. Sie haben jetzt zwei ordentliche Aufwacher gesehen. Es geht nicht immer so ruhig dabei zu. Wir mußten dieses Pferd einschläfern.«

»Die Pferde, die bei der OP gestorben sind«, bemerkte ich, »könnten alle bestellt gewesen sein.« Ich kam seinem Einwand zuvor. »Wenn zwei Tiere Atropin bekommen haben, dann war der Zeitpunkt dafür gewählt. Das waren keine Notfälle, die sich zufällig ergeben haben.«

»Nein, wahrscheinlich nicht.«

»Die Kehlkopf-OP war lange im voraus gebucht«, sagte ich, »und der Röhrbeinbruch geschah drei Tage bevor Sie ihn eingerichtet haben.«

»Woher wissen Sie das?« fragte er überrascht. »Ich dachte, es wäre am Tag vorher passiert.«

»Es war ein Belastungsbruch von einem Rennen am vorigen Montag.«

»Woher wissen Sie das?« wiederholte er verblüfft.

»Ich ... ehm, ich bin gestern nachmittag beim Eaglewood-Stall vorbeigefahren und hab gefragt.«

»Sie haben was? Hat Sie der alte Eaglewood nicht rausgeworfen?«

»Ich habe ihn nicht gesehen. Jemand auf dem Stallhof hat es mir gesagt.«

»Großer Gott.«