Выбрать главу

Als ich langsam wieder zu Atem kam, gingen wir zu seinem Zelt, wo er eine Flasche Wein aufmachte und mir Brot, Käse und etwas getrocknetes Fleisch vorsetzte. Er hatte noch reichlich Zigaretten, und ich qualmte vor mich hin, während ein Sanitätsoffizier meine Wunden versorgte.

Er hatte noch immer etwa hundertundachtzigtausend Mann hinter sich. Während ich auf einer Hügelkuppe den Beginn des Abends erlebte, hatte ich das Gefühl, über jedes Lager zu schauen, das ich je in meinem Leben gesehen hatte, ein Lager, das sich über endlose Meilen und Jahrhunderte erstreckte. Plötzlich spürte ich Tränen in den Augen, vergossen für die armen Kreaturen, die nicht wie die Herren von Amber sind, die nur eine kurze Lebensspanne haben und dann zu Staub werden; ich beweinte den Umstand, daß so viele dieser Wesen wegen unserer Launen auf den Schlachtfeldern der Welt den Tod finden mußten.

Schließlich kehrte ich in Bleys’ Zelt zurück, und wir leerten eine Flasche Wein um die andere.

7

In dieser Nacht erhob sich ein heftiger Sturm. Das Toben des Windes ließ auch nicht nach, als sich die Morgendämmerung bemühte, die Handfläche der Welt in Silber zu tauchen, und dauerte während unseres ganzen Tagesmarsches an.

Es ist sehr entmutigend, im Regen zu marschieren, noch dazu in einem kalten Regen. Oh, wie habe ich den Schlamm gehaßt, durch den ich immer wieder gewandert bin – jahrhundertelang, wie mir scheinen will!

Wir suchten einen Schatten-Weg, auf dem es nicht regnete, doch was wir auch anstellten, wir kamen nicht weiter.

Wir konnten nach Amber marschieren, doch wir kamen nicht darum herum, daß uns dabei die Kleidung am Leibe klebte, daß uns der Trommelwirbel des Donners begleitete, daß hinter unserem Rücken die Blitze zuckten.

Am nächsten Abend fiel die Temperatur in ungeahnte Tiefen, und am Morgen starrte ich an den steif gefrorenen Flaggen vorbei auf eine nun weiße Welt unter dem grauen Himmel, vor dem zahlreiche helle Punkte flirrten. Der Atem wehte mir in riesigen Wolken um den Kopf.

Unsere Truppen waren auf ein solches Wetter nicht eingerichtet, mit Ausnahme der Pelzwesen – und wir trieben die Männer zur Eile an, um Erfrierungen zu verhindern. Die großen rothäutigen Burschen litten entsetzlich. Sie kamen aus einer sehr warmen Welt.

An diesem Tag wurden wir von Tigern, Polarbären und Wölfen angegriffen. Der Tiger, den Bleys erlegte, war von der Schnauze bis zur Schwanzspitze gut vierzehn Fuß lang.

Wir marschierten bis tief in die Nacht hinein; dann begann es zu tauen. Bleys trieb die Soldaten an, um sie aus den kalten Schatten zu holen. Der Trumpf für Amber hatte uns verraten, daß dort ein warmer, trockener Herbst herrschte; wir begannen uns der wirklichen Erde zu nähern.

Gegen Mitternacht der zweiten Nacht lagen Hagel und Schneematsch und kalte und warme Regenfälle hinter uns – wir waren in einer trockenen Welt.

Nun wurde der Befehl zum Lageraufschlagen gegeben – mit einem dreifachen Sicherheitskordon. In Anbetracht der Müdigkeit der Männer waren wir reif für einen Angriff. Doch die Männer taumelten bereits vor Erschöpfung und ließen sich nicht weiter antreiben.

Der Angriff erfolgte mehrere Stunden später, und Julian war der Anführer, wie ich später den Schilderungen Überlebender entnahm.

Er führte Kommandounternehmen gegen unsere empfindlichsten Lagerteile am Rand der Haupttruppe. Hätte ich gewußt, daß Julian am Werke war, hätte ich seinen Trumpf benutzt, um ihn vielleicht im Schach zu halten – doch ich erfuhr erst davon, als es schon zu spät war.

Wir hatten in dem überraschenden Winter etwa zweitausend Mann verloren, und mir war noch nicht bekannt, wie viele Opfer Julian gefunden hatte.

Offenbar verloren die Männer langsam den Mut, doch sie gehorchten, als der Weitermarsch befohlen wurde.

Der nächste Tag verging unter ständigen Angriffen. Eine Armee unserer Größe konnte sich nicht ausreichend flexibel bewegen, um den ständigen Attacken zu entgehen, die Julian gegen unsere Flanken führte. Einige seiner Männer erwischten wir, aber nicht genug – das Verhältnis war etwa eins zu zehn.

Gegen Mittag durchquerten wir das Tal, das parallel zur Meeresküste verlief. Der Wald von Arden lag links von uns im Norden. Amber erhob sich direkt vor uns. Der Wind war kühl und trug die Gerüche der Erde und ihrer süßen Früchte herbei. Blätter fielen herab. Amber war noch achtzig Meilen entfernt, ein bloßer Schimmer am Horizont.

Als sich an diesem Nachmittag Wolken zusammenzogen und ein leichter Schauer begann, regneten plötzlich Pfeile vom Himmel. Das Unwetter hörte wieder auf, und die Sonne kam hervor, um alles zu trocknen.

Nach einer Weile bemerkten wir den Rauchgeruch.

Und etwas später sahen wir den Rauch, der ringsum zum Himmel aufstieg.

Schließlich begannen die Flammenwände aufzusteigen und wieder zusammenzusinken. Sie bewegten sich mit knirschenden, unaufhaltsamen Schritten auf uns zu; und im Näherkommen begannen wir die Hitze zu spüren, und irgendwo weiter hinten in der Truppe entstand Panik. Geschrei ertönte, und die Kolonne wogte nach vorn.

Wir begannen zu laufen.

Ringsum fielen Ascheflocken zu Boden, und der Rauch wurde dichter. Wir rannten so schnell wir konnten, und die Flammen drängten noch näher heran. Die Licht- und Hitzevorhänge flatterten mit gleichmäßigem, wogendem Brausen, und die Wogen der Hitze hämmerten auf uns ein, rasten über uns dahin. Nach kurzer Zeit waren sie unmittelbar neben uns, und die Bäume verkohlten, die Blätter wehten glosend herab, und einige der kleineren Stämme begannen zu schwanken. Unser Weg war eine einzige Allee aus Bränden, so weit wir blickten.

Wir rannten noch schneller, denn die Lage mußte sich noch verschlimmern.

Und darin irrten wir uns nicht.

Gewaltige Bäume begannen sich vor uns über den Weg zu legen.

Wir sprangen über die Stämme oder liefen darum herum. Wenigstens waren wir auf einem Weg . . .

Die Hitze wurde erdrückend, und der Atem rasselte in unseren Lungen. Rehwild und Wölfe und Füchse und Kaninchen huschten an uns vorbei, flüchteten mit uns, ignorierten uns und ihre natürlichen Feinde. Die Luft über dem Rauch schien mit Wolken kreischender Vögel angefüllt. Ihre Ausscheidungen fielen auf uns herab.

Das Anstecken dieses alten Waldes, der so ehrwürdig war wie der Wald von Arden, wollte mir fast wie ein Sakrileg erscheinen. Aber Eric war Prinz von Amber – und bald auch König. Ich hätte vielleicht ebenso gehandelt . . .

Augenbrauen und Haar wurden mir angesengt. Meine Kehle fühlte sich wie ein Kamin an. Ich fragte mich, wie viele Männer uns dieser Angriff kosten mochte.

Siebzig Meilen Waldwege lagen zwischen uns und Amber, und über dreißig Meilen hinter uns, bis zum Rand des Baumbestandes.

»Bleys!« keuchte ich. »Zwei oder drei Meilen vor uns gabelt sich der Weg! Rechts kommt man schneller zum Oisen-Fluß, der zum Meer führt! Ich glaube, das ist unsere Chance! Das ganze Garnath-Tal wird verbrennen! Unsere einzige Hoffnung liegt am Wasser!«

Er nickte.

Wir hasteten weiter, doch die Brände überholten uns.

Wir schafften es bis zur Abzweigung, während wir die Flammen auf unserer glimmenden Kleidung mit den Händen löschten, uns die Asche aus den Augen rieben, schwarze Flocken ausspuckten und mit den Fingern durch das Haar fuhren, sobald sich dort Flämmchen anzunisten begannen.

»Nur noch etwa eine Viertelmeile«, sagte ich.

Schon mehrfach war ich von fallenden Ästen getroffen worden. Die bloßliegenden Stellen meiner Haut pulsierten mit einem fiebrigen Schmerz. Wir eilten durch brennendes Gras, hasteten einen langen Hang hinab und sahen unter das Wasser, und unser Tempo nahm weiter zu, obwohl wir es nicht für möglich gehalten hatten. Wir stürzten uns in den Fluß und ließen uns von der kalten Nässe einhüllen.

Bleys und ich bemühten uns, beieinander zu bleiben, als die Strömung uns packte und wir durch das gewundene Bett des Oisen gerissen wurden. Die verfilzten Äste der Bäume über uns waren zu den Stützpfeilern einer Kathedrale aus Feuer geworden. Wo sie auseinanderbrachen und einstürzten, mußten wir uns auf den Bauch drehen und untertauchen oder uns anders in Sicherheit bringen, je nachdem, wie nahe wir waren.