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»Ich muss es dir sagen, Vish. Mir kommt es gar nicht so gelegen. Ich habe Projekte, an denen ich weiterarbeiten möchte.«

»Das ist auch nicht meine Vorstellung von einem tollen Auftritt«, sagt Vishram. »Ich war dabei, als Stand-up-Comedian Karriere zu machen. Ich war witzig. Ich habe die Leute zum Lachen gebracht. So etwas streift man nicht einfach so ab. Aber, Vishram, was für Dummheiten hast du dir plötzlich in den Kopf gesetzt? Du hörst jetzt sofort damit auf und kommst nach Hause, weil du wichtige Dinge zu erledigen hast. Und weißt du, was das Schlimmste daran ist, was mir wirklich den Atem raubt? Ich finde es großartig! Ich fühle mich scheißwohl damit. Ich liebe diese Firma und die Leute, die für sie arbeiten, und was sie zu erreichen versuchen und was sie in diesem Forschungszentrum erreicht haben. Das ist es, was mich wirklich ärgert, dass dieser Mistkerl keine Rücksicht auf meine Gefühle genommen und trotzdem die ganze Zeit recht gehabt hat. Ich werde darum kämpfen, dieses Unternehmen zu retten, und zwar mit dir oder ohne dich, und wenn es ohne dich sein soll, wenn du mich verlässt, möchte ich noch ein paar Dinge klarstellen. Die erste Sache ist, dass ich völlig hingerissen von dem Anblick bin, wie sich deine Brustwarzen unter dem Badeanzug abzeichnen, und die zweite, dass es bei einer Besprechung oder einem Termin oder am Schreibtisch oder am Telefon keinen Moment gibt, in dem ich nicht daran denke, wie ich mit dir im spitzen Ende einer BharatAir 375 Sex hatte.«

Marianna Fuscos Hände liegen flach auf den Armlehnen. Sie blickt geradeaus. Ihre Augen sind unter der italienischen Sonnenbrille unsichtbar.

»Mr. Ray.«

Ach du Scheiße.

»Dann komm.«

Marianna Fusco ist professionell und erregt genug, um nicht mit offenem Mund über die Größe von Vishrams Penthouse zu staunen, als sie vor Lust zitternd durch die Tür taumeln. Er erinnert sich im letzten Augenblick daran, sich auf die richtige Art auszuziehen, auf die Art des Gentlemans, von unten nach oben. Dann reißt sie sich den Seidensarong herunter und kommt quer durch das Zimmer auf ihn zu, wobei sie den durchscheinenden Stoff zu einem Strick dreht und eine Kette aus großen Knoten hineinmacht, wie ein Thuggee, der sich auf den Kampf vorbereitet. Der Stretch-Badeanzug hält einiges aus, aber genauso will sie es haben, und Vishram ist gern bereit, ihrem Wunsch zu entsprechen. Er liebt es, wie sich der Stoff in seiner Faust anfühlt, als der Anzug zerreißt, als er sie entblößt. Er versucht sich in ihre Vagina zu drängen, aber sie dreht sich weg. Nein, nein, ich werde das Ding nicht da reinlassen. Sie lässt sich von ihm drei Finger in beide Öffnungen stecken und wälzt sich unter Blasphemien auf der Matte am Fußende des Bettes. Dann hilft sie ihm, den Seidenschal Knoten für Knoten in sie hineinzustopfen, und hockt sich auf ihn, die großen Brustwarzen als Silhouetten vor dem gelben Sturmlicht. Sie bearbeitet ihn mit der Hand, bis er kommt, und danach dreht sie sich auf den Rücken und lässt sich von ihm die Klitoris mit dem Ballen des großen Zehs reiben, und als sie flucht und mit den Fäusten auf den Teppich schlägt, rollt sie sich in die Pflug-Yogaposition, und er wickelt sich das freie Ende des Schals um die Hand und zieht ihn langsam heraus. Jeder Knoten wird von einer Gotteslästerung und einer heftigen Ganzkörpererschütterung begleitet.

Als sie wieder zum Sprechen imstande sind, ist es zwanzig nach elf auf der Retro-Wanduhr aus den Nullerjahren, und sie liegen nebeneinander auf der Matte, trinken Minibar-Malt aus der Flasche und lassen sich vom Flackern und Grollen des herannahenden Gewitters mitreißen.

»Ich werde dieses Seidentuch nie, nie wieder auf normale Weise betrachten können«, sagt Vishram. »Wo hast du das gelernt?«

»Wer sagt, dass ich für so etwas Unterricht brauche?« Marianna Fusco dreht sich auf die Seite. »Ihr Inder habt immer dieses Guru-Ding.«

Das Zimmer wird in grelles blaues Blitzlicht getaucht. Vishram denkt an das Foto auf der Startseite seiner Morgenzeitung, die Gesichter weiß im Kamerablitz, der Mann mit offenem Mund, das fremdartige, geschlechtslose wunderschöne Neut mit den Geldscheinen in der Hand. Was tun sie da?, denkt er. Was glauben sie, das sie tun können? Und ganz gleich, was sie tun, lohnt es sich, dafür die Karriere und die Familie eines Mannes zu zerstören? Er hat sich Sex immer als eine vorgegebene Sache vorgestellt und auch so praktiziert, als eine bestimmte Abfolge von Aktionen und Reaktionen, die unabhängig von der sexuellen Orientierung sind. Doch hier auf dem Boden mit Marianna Fusco zwischen den Fetzen ihres Badeanzugs und der seidenen Knotenschlange, die er ihr liebevoll aus dem Rektum gezogen hat, wird ihm klar, dass Sex eine Nation mit zahlreichen Erogenien und Möglichkeiten ist, genauso vielfältig wie die Sprachen und Kulturen Indiens.

»Marianna«, sagt er, an die Decke starrend. »Geh nicht.«

»Vish.« Wieder der Kosename. »Jetzt gibt es wirklich etwas, das ich dir sagen muss.« Sie setzt sich auf. »Vish, ich habe dir erzählt, dass ich von deinem Vater engagiert wurde, den Machtwechsel zu überwachen.«

»Engagiert, ach so. Und was ist in diesem Zusammenhang das, was wir gerade getan haben?«

»Weißt du, alle echten Komiker, die ich bisher kennengelernt habe, haben nie versucht, im wahren Leben witzig zu sein. Vish, ich wurde von einer anderen Firma engagiert. Ich arbeite im Auftrag von Odeco.«

Vishram hat das Gefühl, er würde im Boden versinken. Seine Muskeln erschlaffen, seine Hände öffnen sich, er fällt in die bewusstlose Toten-Asana.

»Ach, auf einmal ergibt alles Sinn, nicht wahr? Zuerst den geilen Stecher etwas weich machen, bevor man ihm das Messer in die Brust ...«

»He!« Marianna Fusco setzt sich auf, beugt sich über ihn. Ihr Haar fällt wie ein Vorhang um ihr Gesicht, das nur noch eine dunkle Silhouette vor den Fenstern ist. »Das ist nicht richtig und nicht fair. Ich bin keine ... Firmenhure. Wir haben das nicht gemacht, weil es zu irgendeiner List oder Verschwörung gehört. Verdammt noch mal, Vishram Ray! Ich habe es dir gesagt, weil ich dir vertraue, weil ich dich mag, weil ich gern Sex mit dir habe. Du hattest deine Hand in meinem Arsch. Wie viel Vertrauen brauchst du noch?«

Vishram zählt die Sekunden zwischen den Blitzen und dem Donnergrollen. Eins Odeco, zwei Odeco, drei Odeco, vier Odeco ... Der Regen ist fast über ihnen.

»Ich habe nicht den leisesten Schimmer, was zum Teufel hier gespielt wird«, sagt er zu der langweiligen Decke im internationalen Stil. »Wer hinter was steckt, wer was finanziert, wer einen Anteil woran hat und wer wofür und warum arbeitet.«

»Glaubst du, ich wüsste es besser?«, erwidert Marianna Fusco, dreht sich auf die Seite und drückt ihren langen, festen Körper gegen Vishrams. Er spürt den sanften Kuss ihres Schamhaars an seinem Oberschenkel. Er fragt sich, welche yonischen Geheimnisse sie ihm vorenthält. »Ich bin nur die Juniorpartnerin einer Londoner Firmenanwaltskanzlei. Wir kümmern uns um Fusionen, Akquisitionen und feindliche Übernahmen. Wir sind nicht besonders gut in Nacht-und-Nebel-Aktionen, Gaunereien und Verschwörungstheorien.«