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Chakraboty dreht sich zu Vishram um. »Welchen Teil meiner Antwort wollen Sie nicht glauben?«

»Kaihs der Generation Drei — das ist doch Science Fiction!«

»Ich versichere Ihnen, dass mein Arbeitgeber sehr real ist. Odeco ist tatsächlich eine Risikokapitalgesellschaft, nur dass der Risikokapitalist zufällig eine Künstliche Intelligenz ist.«

»Die Hamilton-Gesetze, die Krishna Cops ...«

»Es gibt Regionen, in denen eine Kaih überleben kann. Vor allem im Bereich der internationalen Finanzmärkte, die freizügige Regulierungen verlangen, um ihre sogenannten marktwirtschaftlichen Freiheiten ausnutzen zu können. Diese Kaihs sind ganz anders als unsere Art von Intelligenz. Sie sind verteilt, befinden sich gleichzeitig an vielen verschiedenen Orten.«

»Wollen Sie mir damit sagen, dass dieser ... Brahma ... der zum Leben erwachte Aktienmarkt ist?«

»Die internationalen Finanzmärkte haben seit dem letzten Jahrhundert Kaihs geringerer Stufe für Käufe und Verkäufe benutzt. Diese Kaihs entwickelten sich dann genauso rasant wie die Komplexität der finanziellen Transaktionen.«

»Aber wer würde so etwas konstruieren wollen?«

»Brahma ist nicht konstruiert, nicht mehr als Sie, Mr. Ray. Er hat sich evolutionär entwickelt.«

Vishram schüttelt den Kopf. Die Hitze unmittelbar vor dem Monsun ist schrecklich, verrückt, entzieht einem jede Vernunft und Kraft.

»Brahma?«, sagt er matt.

»Ein Name. Ein Titel. Er hat nichts zu bedeuten. Identität ist auf der Cybererde viel weiter und lockerer gefasst als bei uns. Brahma ist eine geographisch verteilte Entität, über viele Knoten und Unterkomponenten, Kaihs niedrigerer Stufe, denen vielleicht gar nicht bewusst ist, dass sie Teil einer höheren Wesenheit sind.«

»Und diese ... Generation Drei ... ist gewillt, mir einhundert Millionen US-Dollar zu geben.«

»Oder mehr. Machen Sie sich klar, Mr. Ray, dass Geldverdienen für eine Entität wie Brahma die leichteste Übung ist. Nicht schwieriger als für Sie das Atmen.«

»Warum, Mr. Chakraborty?«

Jetzt setzt sich der Anwalt. Der Junge greift nach den Rudern, um das kleine Gefährt daran zu hindern, seine Passagiere in das Gangeswasser zu kippen, das jene, die es empfängt, vom Karma reinwäscht.

»Mein Arbeitgeber wünscht sich, dass das Nullpunktprojekt realisiert wird und Früchte trägt.«

»Noch einmaclass="underline" Warum?«

Mr. Chakraborty zuckt in seinem gut geschnittenen schwarzen Anzug langsam und ausdrucksvoll die Schultern. »Diese Entität besitzt die Macht, komplette Ökonomien zu vernichten. Diese Art von Intelligenz kann ich nicht nachvollziehen, Mr. Ray. Sie versteht die Welt der Menschen nur teilweise. In den Finanzmärkten, die ihre ökologische Nische darstellen, übertrifft Brahma den menschlichen Intellekt im gleichen Verhältnis wie ein Mensch eine Schlange. Aber wenn Sie direkt mit ihm sprechen würden, hätten Sie den Eindruck, es mit einem naiven, neurotischen, vielleicht sogar etwas autistischen Verstand zu tun zu haben.«

»Ich muss das fragen ... Weiß mein Vater davon?«

Chakraboty wackelt mit dem Kopf. Zustimmung.

»Das Geld kann innerhalb einer Stunde auf Ihr Konto überwiesen werden.«

»Und ich muss entscheiden, wem ich vertrauen kann — einer Bande amerikanischer Heuschrecken, die meine Firma zerstückeln wollen, oder einer Kaih, die zufällig nach einem Gott benannt ist und jedes Bankkonto auf diesem Planeten auslöschen könnte.«

»Prägnant zusammengefasst, Sir.«

»Eigentlich bleibt mir gar keine Wahl, nicht wahr?«

Vishram gibt dem Jungen ein Zeichen. Er zieht das linke Ruder durch und wendet das kleine Fahrzeug auf dem schwarzen Wasser, um zum großen Dasashvamedha Ghat zurückzukehren. Vishram glaubt, einen Regentropfen auf den Lippen zu spüren.

34

Najia, Thal

Ein Flüstern: »Er kann hier nicht bleiben.«

Die Luft ist stickig und erdrückend, aber die Gestalt auf der Matratze schläft den Schlaf des Brahma.

»Ys, nicht er. Ys ist ein ys«, flüstert Najia Askarzadah zurück. Sie steht mit Bernard in der Tür zum abgedunkelten Zimmer, wie Eltern, die nach ihrem kranken Kind sehen. Das Licht lässt von Minute zu Minute nach, und die Luftfeuchtigkeit nimmt zu. Die Gazeschleier hängen gerade und schwer herab, fest im Griff der Schwerkraft.

»Das ist mir egal. Ys kann hier nicht bleiben.«

»Man hat versucht, ys zu töten, Bernard«, zischt Najia. Es war ihr kühn und genial vorgekommen, als sie mit dem Moped über den Polorasen an den schreienden Malis vorbei und über die Veranda gefahren war, zwischen den Tischen und Studienurlaubern hindurch bis zu Bernards Zimmer. Zu irgendeinem Versteck. Etwas in der Nähe, zu dem man keine Verbindung herstellen kann. Bernard hatte kein Wort gesagt, als sie durch seine Tür hereingewankt kamen. Das Neut war halb bewusstlos gewesen und faselte in sys seltsamen, schweren Akzent etwas von Adrenalin. Ys war weggetreten, als sie ys ins Bett gebracht hatten. Bernard hatte ys die Stiefel ausgezogen und war dann verängstigt zurückgewichen. Schließlich standen sie im Türrahmen und diskutierten flüsternd.

»Und jetzt machst du auch mich zur Zielscheibe«, erwidert Bernard. »Du denkst überhaupt nicht nach. Du kommst brüllend hereingestürmt und erwartest, dass alle dich bejubeln, weil du die Heldin bist.«

»Bernard, mir war schon immer klar, dass der einzige Arsch, der dich letztlich interessiert, dein eigener ist, aber damit unterbietest du alles bisher Dagewesene.« Doch der Stachel trifft und bleibt stecken. Sie liebt Action. Sie liebt die gefährliche Verlockung, die dem Ganzen eine dramatische Note verleiht, wie in einem Agententhriller. Eine Illusion. Das Leben ist kein Drama. Die Höhepunkte und Wendungen der Handlung sind zufällig oder beabsichtigt. Der Held könnte stürzen. Im letzten Akt können alle Guten plötzlich sterben. Niemand von uns würde ein Kinodrama überleben. »Ich wusste nicht, wohin ich mich sonst wenden sollte«, gesteht sie matt. Kurz danach geht er. Die schließende Tür drückt einen Schwall heißer Luft, schal von Schweiß und Räucherstäbchen, durch die Zimmer. Die hängenden Netze und Vorhänge blähen sich um die Gestalt, die in embryonaler Haltung zusammengerollt daliegt. Najia kaut auf schuppender Haut an ihrem Daumen und fragt sich, ob sie überhaupt in der Lage ist, irgendetwas richtig zu machen.

Erneut spürt sie das Knacken der Rippen des Thuggee, als sie ihn rammte, den Rückstoß, der durch den Rahmen des Mopeds und ihre Hüften geht, während der Karsevak über den Bahnsteig zurückgeschleudert wird. In dem stickigen, düsteren Raum fängt sie an zu zittern. Sie kann sich nicht mehr auf den Beinen halten. Sie sucht einen Stuhl und setzt sich, schlingt die Arme um sich, gegen die Kälte, die von innen kommt. Es ist der reine Wahnsinn, und du bist mitten hineinmarschiert. Ein Neut und eine junge schwedische Reporterin. Du könntest zwischen den zehn Millionen Menschen in Varanasi verschwinden, und niemand würde es bemerken.

Sie dreht sich mit dem Stuhl herum, damit sie gleichzeitig die Tür und das Schlafzimmerfenster im Blick hat. Sie kippt die Holzlamellen der Lüftung des Fensters, um nach draußen sehen zu können, aber so, dass es einem bösen Menschen schwerfallen wird, hereinzuschauen. Sie setzt sich und beobachtet, wie die Lichtstreifen über den Boden wandern.

Najia schreckt plötzlich aus dem Schlaf hoch. Geräusche. Bewegung. Sie erstarrt, dann stürmt sie in die Küche zu den französischen Küchenmessern. Sie reißt die Tür auf, eine Gestalt am Kühlschrank wirbelt herum, schnappt sich ein Messer. Er. Ys.

»Tut mir leid, tut mir leid«, sagt ys mit sys seltsamer Kinderstimme. »Gibt es hier etwas zu essen? Ich habe großen Hunger.«

Es gibt nur halbe Sachen, Naschzeug und eine Flasche Champagner in Bernards Kühlschrank. Natürlich. Das Neut schnuppert daran, sucht die Regale ab.