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»Ich kann Ihnen nicht helfen«, sagt Thomas Lull. Sie haben das Tor des Palm Imperial erreicht. Er hört die befriedigenden knackigen Schläge eines Tennisballwechsels. Der Wind beichtet im Bambus, die Brandung ist heute wieder stark. Er wird diesen Ort nur ungern verlassen. »Tut mir leid, dass Ihre Reise umsonst war.«

Lull lässt sie in der Lobby zurück. Als sie auf ihr Zimmer gegangen ist, fordert er einen Gefallen vom Hotelmanager Achuthanandan ein und holt sich ihre Daten aus dem Gästebuch. Ajmer Rao. 385 Valahanka Road, Silver Oak Development, Rajankunte, Bangalore. Achtzehn Jahre jung. Bezahlt mit einer schwarzen Karte der Bank of Bharat. Ein hochkalibriges finanzielles Geschütz für ein Mädchen, das sich in den Bhati-Clubs von Kerala herumtreibt. Bank of Bharat. Warum nicht die First Karnatic oder Allied Southern? Ein kleines Geheimnis inmitten der Scharen strahlender Götter. Er versucht sie zu erkennen, als er die gerade weiße Straße zu seinem Haus zurückläuft, versucht sie aus dem Augenwinkel zu erspähen, sie wie flüchtige Flecken auf der Linse zu erhaschen. Die Bäume bleiben Bäume, die Laster bleiben hartnäckig Laster, und der Paddyreiher watet zwischen den schwimmenden Koprahülsen.

An Bord der Salve Vagina wirft Thomas Lull hastig einen Stapel zusammengelegter Strandhemden auf den Blake und schließt die Tasche. Verschwinde und schau nicht mehr zurück. Wer doch zurückschaut, wird in Salz verwandelt. Er hinterlässt eine Nachricht und etwas Geld für Dr. Ghotse, damit er eine Frau bezahlen kann, die den Rest in Kisten verpackt. Wenn er eingetroffen ist, wohin es ihn verschlägt, wird er sich die Sachen nachschicken lassen.

Auf der Straße winkt er ein Phatphat heran und fährt zum Busbahnhof, die Tasche auf dem Schoß an sich gedrückt. Busbahnhof ist eine Übertreibung. Die ramponierten Tatas benutzen eine breite Stelle der Straße als Wendeplatz, ohne auf Gebäude, Fußgänger oder andere Verkehrsteilnehmer Rücksicht zu nehmen. Die bunt geschmückten Busse warten neben Schneidereien und Snack-Verkäufern und den allgegenwärtigen Palmweinhändlern. Marutis mit Ventilatoren im Innenraum und Mahindra-Pick-ups mit offenem Heck hupen sich durch das Gewimmel. Fünf Bus-Lautsprecheranlagen machen sich mit lauten Filmhits Konkurrenz.

Der Bus nach Nagercoil wird erst in einer Stunde abfahren, so dass Thomas Lull sich einen Palmwein kauft und auf den öligen Boden unter dem Sonnenschirm des Verkäufers hockt, um zu beobachten, wie sich Fahrer und Schaffner mit ihren Passagieren streiten und widerstrebend das Gepäck auf das Dach hieven. Der Mikrobus des Palm Imperial trifft mit dem üblichen halsbrecherischen Tempo ein. Die Seitentür fliegt auf, und Kij steigt aus. Sie hat eine kleine graue Tasche dabei und trägt Sonnenbrille und ein Wickeltuch über der Hose. Die Jungen bedrängen sie, zerren an ihrer Tasche, inoffizielle Träger. Thomas Lull erhebt sich unter dem schattigen Schirm, spaziert zu ihr hinüber und nimmt ihre Tasche.

»Zu den Bussen nach Varanasi hier entlang, Madam.«

Der Fahrer des Nagercoil-Busses lässt die Hupe ertönen. Letzter Aufruf in Richtung Süden. Letzter Aufruf für Seelenfrieden und Tauchschulen. Thomas Lull führt Kij durch die mageren Jungen zum Expressbus nach Thiruvananthapuram, der bereits den Biodiesel hochfährt.

»Sie haben es sich anders überlegt?«

»Das Privileg eines Gentlemans. Außerdem wollte ich schon immer einen Krieg aus nächster Nähe miterleben.«

Er springt auf die Stufen und zieht Kij nach. Sie quetschen sich durch den Gang, nehmen die Rückbank. Thomas Lull setzt Kij neben das Fenstergitter. Schatten schraffieren ihr Gesicht. Die Hitze ist unglaublich. Der Fahrer hupt ein allerletztes Mal, dann fährt der Bus in Richtung Norden ab.

»Professor Lull, ich verstehe nicht.« Kijs kurzes Haar bewegt sich, als der Bus schneller wird.

»Ich auch nicht«, sagt Thomas Lull und mustert angewidert den beengten Sitzplatz. Eine Ziege drängt sich an ihn. »Aber ich weiß, dass Haie ersticken, sollten sie jemals aufhören, sich zu bewegen. Und manchmal reichen die Götter nicht aus, um einen auf den richtigen Weg zu bringen. Kommen Sie mit.«

»Wohin gehen Sie?«, fragt Kij.

»Ich werde mich keine fünf Stunden lang hier drinnen einsperren lassen.« Thomas Lull klopft an die Trennscheibe der Fahrerkabine. Der Mann schiebt sein Paan in die linke Wange, nickt und stoppt den Bus. »Kommen Sie, und bringen Sie Ihre Tasche mit. Ansonsten würde man sich großzügig daraus bedienen.«

Thomas Lull steigt die Leiter zum Dach hinauf und streckt Kij eine Hand entgegen.

»Werfen Sie das rauf.«

Kij schleudert ihre Tasche hoch. Zwei Jungen auf dem Dach fangen sie auf und verstauen sie sicher zwischen den Ballen mit Sari-Stoff. Kij hält mit einer Hand ihre dunkle Sonnenbrille fest und klettert hinauf, um sich dann neben Thomas Lull zu setzen.

»Oh, das ist wunderbar!«, ruft sie. »Ich kann alles sehen!«

Thomas Lull schlägt auf das Fahrzeugdach. »Nach Norden!« Mit einem frischen Schwall stinkenden Biodieselqualms setzt der Fahrer den Bus in Bewegung. »Jetzt zur Buteyko-Methode für Fortgeschrittene.«

Lisa Durnau ist sich nicht sicher, wie oft Captain Pilot Beth sie gerufen hat, aber nun sind alle Instrumente erleuchtet, auf den Komkanälen wird geplappert, und in der Atmosphäre liegt eine Ahnung bevorstehender Ereignisse.

»Sind wir im Landeanflug?«

»Letzte Kursanpassungen«, sagt die kleine Frau mit dem kahlgeschorenen Kopf.

Lisa spürt einen leichten Stups. Die Manöverdüsen stoßen kurz auf.

»Können Sie das zu meinem Hoek durchstellen?« Sie möchte nicht blind zu einem Rendezvous mit einem zertifizierten authentischen Mysteriösen Alien-Artefakt eintreffen. Captain Pilot Beth klemmt der bewegungsunfähigen Lisa das Gerät hinter das Ohr, sucht die weiche Stelle im Schädel und berührt dann ein paar Leuchtflächen auf ihrer Konsole. Lisa Durnaus Bewusstsein explodiert in den Weltraum hinaus. Alle Sensoren sind hochgefahren, und das Gefühl, dass ihr Körper das Raumschiff ist, dass sie mit Hautkontakt zum Vakuum fliegt, ist überwältigend. Lisa Durnau schwebt wie ein Engel inmitten eines langsam rotierenden Balletts aus Weltraumtechnik: die geleiterten Flügel eines Sonnenkollektors, eine Rosette aus Filmspiegeln wie ein Halo aus Miniatursonnen, eine Hochleistungsantenne, die über ihrem Kopf kreist, ein abfliegendes Shuttle, das vorbeiblitzt. Die gesamte Anordnung ist in grelles Licht getaucht und wird mit einem Kabelnetz von der Spinne im dunklen Herzen zusammengehalten: Darnley 285. In Jahrmillionen angesammelter Staub hat dem Asteroiden eine Färbung verliehen, die nur einen Hauch heller ist als das Schwarz des Weltraums. Dann verschieben sich die Spiegel, und Lisa Durnau schnappt nach Luft, als ein dreizackiger Stern auf der Oberfläche silbern aufleuchtet. Erstaunen wird zu Gelächter, denn jemand hat ein Mercedes-Logo auf einem Weltraum-Felsbrocken angebracht. Jemand, der nicht menschlich ist. Die Triskele ist riesig, jeder Arm hat eine Länge von zweihundert Metern. Der Walzer verlangsamt sich, als Captain Pilot Beth sich der Rotation des Felsbrockens anpasst und Lisa Durnau zu einer mentalen Reorientierung zwingt. Jetzt treibt sie nicht mehr mit dem Gesicht voran auf eine erdrückend dunkle Masse zu. Nun befindet sich der Asteroid unter ihren Füßen, und sie senkt sich wie ein Engel herab. Einen halben Kilometer vom Landeplatz entfernt erkennt Lisa die Lichter der Menschenbasis. Die Kuppeln und umgebauten Abwurftanks sind mit einer dicken Staubschicht bedeckt, die durch die statische Aufladung während der Konstruktion angezogen wurde. Allein der Alien-Stern leuchtet klar. Das Shuttle nähert sich einem Zielkreuz aus roten Navigationslichtern. Eine Prozession aus Roboterarmen arbeitet fleißig, um die Lampen und die Linsen der Startlaser zu entstauben. Als sie aufblickt, kann sie sehen, wie sie sich an den Strom- und Komkabeln hinauf- und hinabhangeln. Die Pastorentochter Lisa Durnau denkt an die biblische Geschichte von der Jakobsleiter.