Die Luft ist sauber und riecht nach Wachstum und Tod und der Erinnerung an Wasser. Staub und Hitze. Der Weg macht einen Bogen, so dass der Landeplatz nach wenigen Schritten unsichtbar ist. Durch denselben Effekt bleibt die Hütte bis zum letzten Moment verborgen. Eben noch gab es nur Grün und Blätter und raschelnde Zweige, und plötzlich verwandeln sich die Stämme in Pfosten und Leitern und Treppen, und zwischen den Wipfeln breitet sich ein großes Baumhaus aus, wie eine Galeone, die vom Monsun mitgerissen und im Wald abgesetzt wurde.
Weiße Männer in bequemen und demzufolge teuren Anzügen beugen sich über das Geländer, um ihn winkend und lächelnd zu begrüßen.
»Mr. Ray! Kommen Sie an Bord!«
Sie reihen sich am Ende der Holzleiter auf, als würden sie einen Admiral auf ihrem Schiff empfangen. Clementi, Arthurs, Weitz und Siggurdson. Ihr Händedruck ist fest, ihr Blickkontakt klar, mit der aufgesetzten Fröhlichkeit von Geschäftsleuten. Vishram zweifelt keinen Augenblick lang daran, dass sie ihn beim Golf vornüberzwingen und ihm einen Mashie Niblick in den Arsch schieben würden — oder bei irgendeinem anderen muy macho Männermachtspiel. Seine Theorie in Bezug auf Golf lautet: Betreibe niemals eine Sportart, die von dir verlangt, dich wie dein Großvater zu verkleiden. Nach und nach kommen ihm ein paar Ideen zu einem netten kleinen Programm über das Thema Golf — wenn er denn immer noch ein Leben führen würde, in dem es um Comedy-Programme geht.
»Ist das nicht ein wunderbarer Ort für ein Mittagessen?«, sagt der große, akademisch wirkende Arthurs, als er Vishram Ray über den Laufsteg aus Holz führt und sie sich spiralförmig immer höher ins Blätterdach hinaufarbeiten. Vishram schaut blinzelnd nach unten. Die Männer mit den Gewehren blicken zu ihm hoch. »Wie schade, dass Bhagwandas meint, dass wir praktisch keine Chance haben, einen Tiger zu sehen.« Er hat den nasalen, leicht trötenden Akzent eines typischen Bostoners. Also dürfte er Buchhalter sein, schlussfolgert Vishram. In Glasgow sagten die Leute, man sollte sich stets katholische Anwälte und protestantische Buchhalter nehmen. Sie gehen zwischen Reihen von Kellnern in eleganten Pyjamas und mit Rudyard-Kipling-Turbanen hindurch. Eine doppelte Mahagonitür mit geschnitzten Schlachtszenen aus dem Mahabharata wird aufgerissen, ein Oberkellner führt sie zum Festmahl, das in einer Vertiefung im Boden mit Kissen und einem niedrigen Tisch angerichtet wurde. Es wäre der Gipfel des Kitsches, wenn nicht der Ausblick unter dem Dachgesims durch das Panoramafenster auf das Wasserloch gewesen wäre. Der Rand ist zu Matsch zertrampelt, aber Vishram glaubt, Chitals zu sehen, die nervös vom schmutzigen braunen Wasser nippen, während die Ohren in ständiger Alarmbereitschaft hin und her schwenken. Er denkt an Varanasi, an das widerliche Wasser und die Radaranlagen.
»Setzen Sie sich, setzen Sie sich«, insistiert Clementi, ein breiter, dunkelhaariger Mann, teigig wie ein Inder und bereits mit dem Ansatz eines blauen Kinns. Die Westler lassen sich unter Geschnaufe und Gelächter nieder. Punkah-Fächer wedeln an der Decke und rühren die warme Luft um. Vishram setzt sich und macht es sich auf dem niedrigen Diwan bequem. Der Oberkellner bringt Mineralwasserflaschen. Saiganga. Gangeswasser. Vishram Ray hebt sein Glas.
»Meine Herren, ich bin gänzlich Ihrer Gnade ausgeliefert.«
Sie lachen mit übertriebener Anerkennung.
»Ihre Seele werden wir später einfordern«, sagt Weitz, der offensichtlich jemand ist, der sich an der Highschool, dem College, beim Sport und an der Business Law School nie allzu sehr anstrengen musste. Vishrams Publikumsgespür bemerkt, dass Siggurdson, der große, leichenblasse Kerl, das geringfügig weniger witzig findet als die anderen. Der Wiedergeborene, der mit dem Geld.
Das Mittagessen kommt auf dreißig winzigen Thalis. Es ist von jener exquisiten Einfachheit, die stets wesentlich kostspieliger ist als jede Opulenz. Die fünf Männer reichen die Gerichte herum und murmeln leise Hallelujas der Anerkennung für jede subtile Kombination von Gemüsen und Gewürzen. Vishram fällt auf, dass sie ohne jegliche Unsicherheit indisch essen. Ihre Marianna Fuscos haben sie sogar darauf gedrillt, welche Hand sie benutzen sollen. Doch abgesehen von den leisen Geschmacksoffenbarungen und gegenseitigen Ermunterungen, eine Kostprobe hiervon und ein Krümelchen davon zu nehmen, verläuft die Mahlzeit schweigend. Schließlich sind die dreißig silbernen Thalis geleert. Die Boys des Oberkellners flattern wie Tauben herein, um abzuräumen, und die Männer lehnen sich auf ihren bestickten Kissen zurück.
»Also, Mr. Ray, wir wollen gar nicht allzu viele Worte vergeuden. Wir sind an Ihrer Firma interessiert.« Siggurdson spricht langsam und gemessen dahinschreitende Worte, wie eine Herde Büffel, die zu gefährlicher Unterschätzung verlocken.
»Ach, wenn doch nur alles mir gehören würde, was Sie kaufen möchten«, sagt Vishram. Jetzt wünscht er sich, er hätte nicht eine Seite des Tisches ganz für sich allein. Alle Köpfe sind ihm zugewandt, jede Körpersprache richtet sich auf ihn.
»Oh, das wissen wir«, sagt Weitz.
Arthurs redet weiter. »Sie haben ein nettes kleines mittelgroßes Unternehmen, das Energie erzeugt und vertreibt. Gute Positionierung, rudimentäre semi-feudale Besitzstrukturen. Trotzdem hätten Sie das Geschäft schon vor Jahren ausweiten sollen, um die Aktiengewinne zu maximieren. Aber so etwas machen Sie hier ganz anders, das ist mir bewusst. Ich verstehe es nicht, aber es gibt in diesem Land sehr viele Dinge, die für mich offen gesagt überhaupt keinen Sinn ergeben. Vielleicht sind Sie ein wenig überkapitalisiert, und Sie haben zweifellos viel zu viel in soziales Kapital investiert. Das Budget Ihrer Forschung und Entwicklung würde bei uns zu Hause großes Erstaunen auslösen, aber Sie sind ziemlich gut in Form. Vielleicht keine Weltklasse und auch kein Marktführer, aber Sie stehen auf einem guten Platz in der Regionalliga.«
»Das haben Sie sehr nett gesagt«, erwidert Vishram mit gerade so viel Gehässigkeit, wie er sich in dieser Teak-Arena erlauben kann. Ihm ist klar, dass sie ihn pieksen und plagen und zu einer unbedachten Äußerung provozieren wollen. Er blickt auf seine Hände. Sie liegen ruhig und sicher am Glas, genauso, wie sie früher das Mikro gehalten haben. Es ist nicht schwieriger, als auf Zwischenrufer zu reagieren.
Siggurdson legt seine großen Fäuste auf den Tisch und beugt sich vor. Er will einschüchtern.
»Ich glaube, Sie haben noch nicht ganz die Ernsthaftigkeit dessen verstanden, was wir Ihnen sagen wollen. Wir kennen die Firma Ihres Vaters besser, als er selbst sie kennt. Seine Entscheidung kam plötzlich, aber nicht ganz überraschend. Wir haben unsere Modelle. Es sind gute Modelle. Damit lassen sich Vorhersagen mit akzeptabler Genauigkeit treffen. Dieses Gespräch hätte in jedem Fall stattgefunden, ganz gleich, was er in Bezug auf Sie entschieden hätte. Dass dieses Gespräch hier stattfindet, spiegelt wider, wie viel wir nicht nur über Ray Power wissen, sondern auch über Sie, Mr. Ray.«
Clementi zieht ein Zigarrenetui aus der Innentasche seiner Jacke. Er lässt es aufschnappen. Wunderschöne kleine schwarze kubanische Zigarillos wie Patronen in einem Magazin. Hungriger Schmerz schießt durch Vishrams Speicheldrüsen. Köstliches Rauchwerk.
»Wer steht hinter Ihnen?«, fragt er mit vorgetäuschter Lässigkeit. Er weiß, dass er die Sache wie einen Gazeschleier durchschaut. »EnGen?«
Siggurdson bedenkt ihn mit einem langen Blick, als wäre Vishram ein dummes Kind. »Mr. Ray.«
Arthurs befeuchtet die Lippen mit der Zunge, ein zartes, rosafarbenes zuckendes Zäpfchen, wie eine winzige Schlange, die in den Höhlungen seines Gaumens wohnt. »Wir sind die offiziellen Akquisitoren eines großen transnationalen Konzerns.«
»Und welches Interesse hat dieser große transnationale Konzern an der Forschungsabteilung von Ray Power? Könnte es etwas mit den Resultaten zu tun haben, die wir im Nullpunktlabor erzielt haben? Resultate, die zu schönen kleinen schwarzen Zahlen führen, während alle anderen nur große rote Zahlen vorweisen können.«