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»Wir haben Gerüchte in dieser Richtung gehört«, sagt Weitz, und Vishram schlussfolgert, dass er das Gehirn hinter der ganzen Aktion ist. Arthurs ist der Geldmann, Siggurdson der Baron und Clementi der Vollstrecker.

»Mehr als nur Gerüchte«, sagt Vishram. »Aber die Nullpunkt-Geschichte steht nicht zum Verkauf.«

»Ich glaube, Sie haben mich möglicherweise missverstanden«, sagt Siggurdson langsam und gewichtig. »Wir wollen Ihre Firma nicht komplett kaufen. Aber wenn die Resultate, die Sie erzielt haben, in kommerziellem Maßstab reproduzierbar sind, könnte diese Sparte hohe Erträge abwerfen. Wir wären sehr daran interessiert, in diese Sparte zu investieren. Was wir möchten, Mr. Ray, ist Folgendes: Wir möchten einen Anteil an Ihrem Unternehmen kaufen. Es wäre genug Geld, um eine vollmaßstäbliche Demonstration der heißen Nullpunkt-Technologie durchzuführen.«

»Sie wollen mich nicht aufkaufen?«

»Mr. Siggurdson sagte Nein«, erwidert Clementi gereizt.

Siggurdson nickt. Er hat ein Lächeln wie ein Winter in Minnesota.

»Aha. Ich glaube, ich habe Sie missverstanden. Würden Sie mich für einen Moment entschuldigen, meine Herren? Ich müsste mal das Snanghar aufsuchen.«

Zwischen der exotischen Holztäfelung auf dem Thron sitzend steckt sich Vishram den Hoek hinter das Ohr und klappt den Palmer auf. Er will gerade Indira anrufen, als die Paranoia zuschlägt. Diese Männer in Anzügen hätten jede Menge Zeit gehabt, die Herrentoilette zu verwanzen. Er ruft eine Mail-Kaih auf, hebt die Hand wie ein Pianist, bereit, in der Luft zu tippen. Vielleicht benutzen sie Bindicams. Oder Bewegungssensoren, die das Spiel seiner Finger entziffern. Sie könnten Nanochips haben, die das Rauschen seines Palmers lesen — oder Sannyasins, die in die letzten Winkel seiner Seele blicken. Vishram Ray lässt sich auf dem Ring aus poliertem Mahagoni nieder und schickt eine Anfrage an Indira ab. Indira-im-Kopf meldet sich innerhalb einer Sekunde zurück, Kopf und Schultern materialisieren über dem Toilettenpapierhalter an der Innenseite der Tür.

Sie leiert Namen und Verbindungen herunter, die Vishram nur von den Wirtschafts- und Börsenseiten kennt, durch die er sich klickt, um zum Unterhaltungsteil zu gelangen, und die nur dann seine Aufmerksamkeit erregen, wenn er auf unbeabsichtigt komische Firmennamen stößt. Er denkt an die Khaki-Männer mit den schneidigen Schlapphüten und Sturmgewehren. He, Jungs, ihr seid am falschen Ort. Die Tiger sind hier oben.

Er tippt: HYPOTHETISCH: WARUM KÖNNTEN SIE MEINE FIRMA HABEN WOLLEN?

Eine Kaih-untypische Pause. Als Indira spricht, weiß Vishram, dass es die aus Fleisch und Blut ist.

»Um Sie auf ewig in Sorgfaltspflichtbestimmungen zu verstricken, mit dem letzlichen Ziel, die vollständige Kontrolle über das Nullpunktprojekt zu erlangen.«

Vishram sitzt auf dem warmen Mahagonisitz, und das Holz unter ihm und um ihn herum erscheint ihm heiß und erdrückend, wie ein in Sommererde bestatteter Sarg. So wird es von jetzt an immer sein.

»Danke«, sagt er laut. Dann wäscht er sich die Hände, um sich ein Alibi zu verschaffen, und kehrt zu den Männern am Tisch zurück.

»Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat, aber ich habe mich noch nicht ganz an die Umstellung meiner Ernährung gewöhnt.« Er setzt sich, verschränkt gewandt die Beine und macht es sich bequem. »Jedenfalls habe ich auch über Ihr Angebot nachgedacht ...«

»Lassen Sie sich Zeit«, schlägt Clementi vor. »Solche Entscheidungen sollte man nicht überstürzen. Schauen Sie sich unser Angebot an und melden Sie sich dann zurück.« Er schiebt eine Plastikhülle mit Hochglanzdokumenten über den Tisch.

Weitz jedoch lehnt sich zurück, unbeteiligt, und geht im Kopf die Möglichkeiten durch. Er weiß Bescheid, denkt Vishram.

»Danke, aber ich brauche keine weitere Bedenkzeit, und ich möchte nicht noch mehr von Ihrer Zeit vergeuden. Ich werde Ihr Angebot nicht annehmen. Mir ist klar, dass ich Ihnen eine Erklärung schuldig bin. Sie wird Ihnen vermutlich nicht einleuchten, aber der Hauptgrund ist der, dass mein Vater nicht wollen würde, dass ich es tue. Er war ein genauso starrköpfiger Geschäftsmann wie jeder von Ihnen, und er hatte keine Angst vor Geld, aber Ray Power ist zuallererst eine indische Firma, und weil es eine indische Firma ist, hat sie Werte und moralische und ethische Prinzipien, die sich extrem von der Art und Weise unterscheiden, wie Sie im Westen Geschäfte machen. Das ist kein Rassismus oder so, es geht nur darum, wie wir bei Ray Power arbeiten und dass unsere beiden Systeme inkompatibel sind. Der zweite Grund ist der, dass wir Ihr Geld nicht brauchen. Ich habe das Nullpunktfeld selbst gesehen.« Er legt einen Finger an die abblätternde Haut um seine Augen. »Ich weiß, dass Sie aus Höflichkeit nicht darauf gestarrt haben, aber das ist das Siegel der Bestätigung. Nur mit diesem Zeichen ist es echt. Ich habe es gesehen, meine Herren. Ich habe in ein anderes Universum geblickt, und sein Licht hat mich verbrannt.« Dann bricht es aus ihm hervor, der Moment, wenn man sich nicht mehr ans Drehbuch hält. Im Adrenalinrausch sagt Vishram Ray: »Wir werden ohnehin mit einer vollmaßstäblichen Demonstration an die Öffentlichkeit gehen, und zwar innerhalb der nächsten zwei Wochen. Und nebenbei bemerkt, habe ich vor drei Wochen mit dem Rauchen aufgehört.«

Danach gibt es Kaffee und sehr guten Armagnac, und Vishram ist sich klar, dass er dieses Getränk nie wieder ohne einen Wust von Erinnerungen genießen kann, aber die Gespräche sind höflich und gesittet und erlöschen bald, wie es unter Feinden mit Anstand üblich ist. Vishram möchte weg von hier, weg vom Holz und Glas und den Raubtieren. Er möchte allein an einem Ort sein, wo er das heftige glühende Brennen einer vollbrachten Tat genießen kann. Seine erste Entscheidung als Unternehmensleiter, und er weiß, dass er alles richtig gemacht hat. Dann werden zum Abschied Hände geschüttelt, doch als der Major und seine Jawans ihn zum Senkrechtstarter zurückbringen, bildet Vishram sich ein, mit einer anderen Haltung zu gehen, und dass sie alle es sehen, es verstehen und es akzeptieren.

Auf dem Rückflug versucht die Hostess nicht, sich ihm zu nähern.

Vor dem Ray Tower verlädt eine Gruppe Kulis Firmenmöbel in eine Flotte Umzugslastwagen. Vishram spürt, während er im Lift zu seinem ehemaligen Büro hinauffährt, immer noch das Nachbrennen des Adrenalins. Der Cheflift legt einen unplanmäßigen Halt im dritten Stock ein, wo ein kleiner, adretter, vogelähnlicher Bangla in schwarzem Anzug eintritt und Vishram anlächelt, als würde er ihn schon ein Leben lang kennen.

»Darf ich anmerken, Mr. Ray, dass Sie die richtige Entscheidung getroffen haben«, sagt der Bangla und strahlt übers ganze Gesicht.

Der gläserne Lift erklimmt die gewölbte Holzsteilwand des Ray Tower. In der Stadtlandschaft brennen immer noch mehrere Feuer. Der Himmel ist in edlem, samtigem Aprikosengelb getönt.

»Und wer«, sagt Vishram Ray, »zum Teufel sind Sie?«

Wieder strahlt der Bangla. »Ach, nur ein bescheidener Diener. Mein Name, wenn Sie darauf bestehen, ist Chakraborty.«

»Ich muss Ihnen sagen, dass ich eigentlich gar nicht in Stimmung für Geheimnistuerei bin«, sagt Vishram.

»Verzeihung, Verzeihung. Zur Sache. Ich bin Anwalt und wurde von einer gewissen Firma beauftragt, Ihnen eine Botschaft zu übermitteln. Diese Botschaft lautet: Wir unterstützen uneingeschränkt Ihre Ankündigung einer möglichst bald erfolgenden Leistungsdemonstration.«

»Wer ist wir?«

»Eher was als wer, Mr. Ray.«

Der Glaslift steigt immer höher in den bernsteinfarben leuchtenden heiligen Smog von Varanasi hinauf.

»Also was?«

»Odeco ist ein Unternehmen, das einige wenige, sorgfältig ausgewählte und sehr spezifische Investitionen tätigt.«