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»Und wenn Sie wissen, dass ich soeben ein Angebot von einer Gesellschaft abgelehnt habe, von der ich wenigstens schon einmal gehört habe, was glauben Sie dann, was Odeco mir bieten könnte?«

»Genau das, was wir auch schon Ihrem Vater geboten haben.«

In diesem Moment wünscht sich Vishram, dieser gläserne Kokon hätte den imaginären Halteknopf, der zur vorgeschriebenen Ausstattung von Hollywood-Aufzügen gehört. Aber er hat keinen, so dass sie weiter am Fassadenrelief von Ray Power hinaufsteigen.

»Mein Vater hat keine Partner in die Firma aufgenommen.«

»Mit allem Respekt, Mr. Ray, aber da muss ich Ihnen widersprechen. Was glauben Sie, wer das Geld für den Teilchenbeschleuniger investiert hat? Das Budget für das Nullpunktprojekt hätte selbst Ranjit Ray in den Bankrott getrieben.«

»Was versprechen Sie sich davon?«, fragt Vishram. Seine Held-des-Volkes-Aura ist verpufft. Spiele innerhalb von Spielen, Ebenen der Zugangsberechtigung und Geheimhaltung, Namen und Fakten und Masken. Gesichter, die sich Zutritt zu seinem Lift verschaffen und mit ihm über die geheimsten Transaktionen plaudern.

»Nur Erfolg, Mr. Ray. Nur Erfolg. Um die Botschaft meiner Auftraggeber zu wiederholen und vielleicht zu verstärken: Odeco ist sehr daran interessiert, dass Sie Ihre Absicht in die Tat umsetzen, eine vollmaßstäbliche Demonstration des Nullpunktprojekts durchzuführen. Die Gesellschaft möchte, dass Sie wissen, dass man Sie unterstützen wird, um den Erfolg des Projekts zu gewährleisten. Was auch immer dazu nötig ist, Mr. Ray. Ah. Das hier scheint mein Stockwerk zu sein. Ich wünsche Ihnen noch einen guten Tag, Mr. Ray.«

Chakraborty schlüpft zwischen den Türhälften hindurch, bevor sie sich vollständig geöffnet haben. Vishram fährt ein ganzes Stockwerk weiter, bis ihm einfällt, noch einmal zurückzukehren und dort anzuhalten, wo der seltsame kleine Mann ausgestiegen ist. Er blickt in den gekrümmten Korridor. Nichts, niemand zu sehen. Er könnte in irgendein Büro gegangen sein. Genauso gut könnte er in ein anderes, ein Nullpunkt-Universum übergewechselt sein. Die sinkende Sonne knallt in die Liftkabine, aber Vishram erschaudert fröstelnd. Er muss heute Abend irgendwohin ausgehen, fort von alldem hier, wenn auch nur für ein paar Stunden. Aber welche Frau wird er fragen?

21

Parvati

Die Aprikose fliegt in hohem Bogen hinaus über die Brüstung, dreht sich langsam und hinterlässt eine Blutspur aus Saft. Sie verschwindet zwischen den Gebäuden, fällt der weit unter ihnen liegenden Straße entgegen.

»Die hat also die Boundary in der Luft überschritten. Und was ergibt das?«

»Eine Sechs!«, ruft Parvati und klatscht in die Hände.

Die Linie ist ein Strich aus Gärtnerkreide, das Wicket ein Sperrholzkasten für Sämlinge, von dem drei Seiten abgeschlagen wurden und das sie senkrecht aufgestellt haben. Krishan stützt sich auf seinen Schläger — einen Spaten.

»Eine Sechs ist technisch gesehen ein schwacher Wurf«, sagt er. »Der Schlagmann muss sich darunter positionieren, und er kann nicht richtig einschätzen, wohin der Ball fliegt. Es ist zu einfach für die Feldspieler, die Chance zu nutzen und ihn zu fangen. Der wahre Enthusiast wird einer Vier stets mehr Beifall zollen als einer Sechs. Es ist ein stärker kontrollierter Wurf.«

»Ja, aber es sieht wesentlich kühner aus«, sagt Parvati. Dann fliegen ihre Hände hoch, und sie legt sie auf den Mund, um ein Kichern zu unterdrücken. »Verzeihung, aber ich habe gerade daran gedacht, dass jemand dort unten ... jemand, der sich keiner Schuld bewusst ist und urplötzlich mit Aprikose bekleckert wird ... und er denkt sich: Was ist hier los? Aprikosen fallen vom Himmel. Das sind die Awadhis! Sie bombardieren uns mit Obst!« Sie krümmt sich vor Lachen.

Krishan versteht den Witz nicht, aber er spürt, wie die Ansteckung des Gelächters an seinem Zwerchfell zerrt.

»Noch mal, noch mal!« Parvati nimmt sich eine neue Aprikose aus dem zusammengelegten Tuch, rafft ihren Sari, nimmt einen kurzen Anlauf und schleudert die Frucht mit seitlich ausholendem Arm.

Krishan zieht die Aprikose mit einem Slice herunter und lässt sie hüpfend auf die Entwässerungsschlitze der Brüstung zurollen. Abgeplatztes Fruchtfleisch spritzt ihm ins Gesicht.

»Vier!«, ruft Parvati und drückt vier Finger gegen den Arm.

»Genau genommen ist es ein No-Ball, weil er geworfen und nicht gebowlt wurde.«

»Ich kann diese Überarm-Sache nicht.«

»Das ist gar nicht so schwer.«

Krishan bowlt nacheinander eine Handvoll Aprikosen, mit langsamer Rückhand, beim Abschwung schneller werdend, während er mit dem freien Arm ausbalanciert. Die weiche Frucht springt in den Rhododendronbusch.

»Jetzt versuchen Sie es.«

Er wirft Parvati eine unreife Aprikose zu. Sie fängt sie geschickt auf und entblößt den Ärmel ihres Choli. Krishan beobachtet das Spiel ihrer Muskeln, während sie in ihrer umständlichen, eleganten Kleidung versucht, Anlauf zu nehmen, aufzutreten und zu schwingen. Die Aprikose entgleitet ihrem Griff und fällt hinter ihr zu Boden. Parvati dreht sich herum und bleckt vor Verzweiflung die Zähne.

»Ich schaffe es einfach nicht!«

»Kommen Sie, ich helfe Ihnen.«

Die Worte sind ausgesprochen, bevor Krishan begreift, was er gesagt hat. Als Junge hat er während einer Unterrichtsstunde einmal im Schul-Web gelesen, dass jedes Bewusstsein in der Vergangenheitsform geschrieben werden muss. Wenn dem so ist, werden alle Entscheidungen unbewusst und ohne Schuldgefühle getroffen, und das Herz spricht die Wahrheit, wenn auch unartikuliert. Sein Weg ist ihm bereits vorgezeichnet. Er tritt hinter Parvati. Er legt ihr eine Hand auf die Schulter. Mit der anderen nimmt er ihr Handgelenk. Sie schnappt nach Luft, aber ihre Finger lassen die reife Aprikose nicht los.

Krishan bewegt ihren Arm zurück, hinunter, dreht die Handinnenfläche nach oben. Er führt sie vorwärts, weiter vorwärts, drückt die linke Schulter nach unten und bewegt den rechten Arm hinauf. »Jetzt auf dem linken Fuß drehen.« Sie verharren für einen heiklen Moment in ihrem Tanz, dann zieht Krishan ihr Handgelenk zum Zenit. »Jetzt loslassen!«, befiehlt er. Die gespaltene Aprikose fliegt aus ihren Fingern, schlägt auf den Holzbelag und zerplatzt.

»Eine schöne Schrittfolge«, sagt Krishan. »Jetzt versuchen Sie es gegen mich.« Er bezieht Stellung an der Linie, sichtet mit seinem Spatenschläger und gewährt Parvati seinen gesamten sportlichen Respekt. Sie zieht sich hinter den zweiten Kalkstrich zurück, rückt ihre Kleidung zurecht, nimmt Anlauf. Sie stürmt vor und lässt die Frucht los, die zuerst die Spalte zwischen den Bodenbrettern trifft und dann rotierend in schiefem Winkel abprallt. Krishan tritt mit seinem Spaten vor, die Aprikose streift die Kante, springt hinüber und zerplatzt am Wicket. Der labile Holzkasten kippt um. Krishan klemmt sich den Spaten unter den Arm und verbeugt sich.

»Mrs. Nandha, Sie haben mich ganz klar aus dem Spiel geworfen.«

Am nächsten Tag stellt sie Krishan ihre Freunde vor, die Prekashs, die Ranjans, die Kumars und die Maliks. Parvati legt die Magazine wie Dhuris auf dem sonnengewärmten Holzbrettern aus. Die Luft ist an diesem Morgen still und schwer wie gegossenes Metall und hält den Verkehrslärm und den Rauch unter einer Hochdruckschicht am Boden. Parvati und ihr Mann hatten am vergangenen Abend Streit. Sie haben sich auf seine Art gestritten, die darin besteht, dass er Erklärungen abgibt, die er dann mit erhabenem Schweigen verteidigt. Ihre Einwürfe wischt er mit verachtungsvollen Blicken weg. Es war der alte Streit: seine Müdigkeit gegen ihre Langeweile, seine Abgeschiedenheit gegen ihr Bedürfnis nach Gesellschaft, seine zunehmende Kälte gegen ihre tickenden Eierstöcke.

Sie öffnet die Chati-Magazine und klappt die farbigen Mittelseiten aus. Perfekte Brautwerbungen, glänzende Hochzeiten, ausgefaltete Scheidungen. Krishan hockt im Schneidersitz da, die Hände um die Zehen gelegt.