»Schon gut, schon gut«, sagte sie. »Wie du meinst.«
Asam betrachtete stirnrunzelnd die Aufnahmen.
»Wie viele Späher haben wir hinausgeschickt?« fragte er sorgenvoll.
»Fünfzehn, glaube ich«, erwiderte jemand. »Natürlich alle Flugbeobachter.«
Er nickte.
»Und wie viele sind zurückgekommen?«
»Na, alle«, erwiderte der Offizier, ebenfalls ein Dillianer. »Ich erinnere mich nicht einmal an eine Meldung, daß jemand beschossen worden wäre.«
»Das dachte ich mir«, murmelte Asam. »Verdammt! Das ergibt überhaupt keinen Sinn. Nicht den geringsten. Fünftausend Kätzchen säuberlich aufgereiht, damit sie leichter anzugreifen sind, und so auffällige Geschützstellungen, daß wir sie mit einem Luftangriff vernichten könnten. Und schießen sie auf uns, mit ihrer großen Feuerkraft? Versuchen sie uns vom Himmel zu holen? Tun sie nicht! Sie sitzen da und lächeln in die Kamera. Da ist etwas faul, sage ich euch. Das stinkt übler als ein Susafrit — bitte um Entschuldigung.«
Eine der Kommandierenden, ein fremdartiges, rundes Wesen mit kurzen, stachelartigen Haaren am ganzen Körper, zuckte nur die Achseln. Sie war daran gewöhnt; für alle außer ihren eigenen Genossen stank ihre Rasse dann wann sie wollte. Das drang aus den Hautporen.
»Also«, fuhr Asam fort, »sehen wir uns das noch einmal an. Was wäre nach Ihrer Meinung das angemessene, übliche Militärmanöver?«
»Unsere fliegenden Leute einsetzen und sie bombardieren«, sagte einer der Befehlshaber. »Wenn sie ihre Stellungen verlassen, auf beiden Seiten je ein—, zweitausend Mann angreifen lassen und die Zangenbewegung schließen, wenn wir mit der Hauptstreitmacht anrücken. Einschließen.« Es klang einfach.
»Und was würden Sie als letztes tun?« drängte er.
»Von vorn angreifen«, sagte jemand anderer. »Selbstmord.«
Er nickte.
»Und trotzdem habe ich genau das vor. Ein begrenzter Luftangriff und den Großteil des Heeres in Reserve halten, als Flankenschutz. Dann schicken wir zuerst unsere größten und am gefährlichsten aussehenden Truppen, von der Art, die dort nicht zum Stillstand gebracht wird. Außerdem möchte ich, daß ein Geschwader von Fliegern — diese Fledermauswesen sind geeignet — vor Morgengrauen jede Menge Felsbrocken und Schrot auf den Sumpf losläßt. Sehr viel — und aus großer Höhe.«
Mavra beobachtete ihn mit wachsender Bewunderung und Faszination. Das war seine erste Schlacht in großem Maßstab, aber er trat auf wie die großen Generäle der Vergangenheit. Knapp, erfahren, überlegt.
»Schrot?« warf jemand ein.
Er nickte.
»Da müssen Minen sein. Die Artillerie soll ihre Geschütze ebenfalls in Reihen auffahren lassen. Ich will einen Feuerschirm, der langsam fortschreitet, bis er das ganze Gebiet erfaßt — bevor unsere Truppen angreifen. Und machen Sie den Leuten klar, daß sie vorrücken müssen, solange sie kein Rückzugssignal hören. Verstanden? Die Reserven folgen der ersten Welle in Abständen, Welle um Welle. Führt sie hinein und laßt die Artillerie so rasch wie möglich nachrücken. Rechnet mit Flankenangriffen. Und wenn ihr bei den Bäumen seid, macht ihr folgendes…«
Mavra hörte seinen genauen Anweisungen verblüfft zu. Nachdem die Offiziere gegangen waren, um ihre Truppen zu unterrichten, sagte sie:»Wenn du dich irrst, kostet das viele ihr Leben.«
»Und wenn ich recht habe, auch«, erwiderte er ernsthaft. »Aber das wird unsere Prüfung sein, wie unsere Disziplin funktioniert, wie unsere Truppen zusammenwirken. Und wenn ich recht habe — und das habe ich —, werde ich das Genie sein, das die Schlacht gewonnen hat.«
Asam hatte recht gehabt, was die Minen anging, aber das Artillerie-Sperrfeuer brauchte er kaum. Die Olbornier verstanden inzwischen natürlich viel mehr vom Krieg, doch sie selbst hatten seit tausend Jahren keine praktische Erfahrung mehr. Nach der Theorie, daß man um so mehr Feinde tötete, je mehr Minen man hatte, hatten sie sie zu Hunderten im Sumpf versenkt. Als das Luftbombardement von Felsbrocken und Schrotkörnern endlich eine Mine traf, brachte sie fast alle anderen gleichzeitig zur Explosion; es sah aus, als flöge die ganze Welt in die Luft. Die Explosionen hallten auf Kilometer in allen Richtungen wider, waren für praktisch alle Seiten ohrenbetäubend und rissen beinahe mehrere geisterhafte Flieger vom Himmel.
Asam, der die ganze Nacht nicht geschlafen hatte, befahl der Artillerie sofort, auf das Sperrfeuer zu verzichten und es weiter nach vorn zu verlagern. Er war jetzt gewiß, daß man die Minen in dichten Reihen ausgelegt hatte und eine einzige, die getroffen wurde, die ganze Reihe zur Explosion bringen mußte.
So war es.
Mavra, die so etwas noch nie gesehen hatte, blickte unruhig auf die explodierende, blubbernde Masse.
»Du erwartest, daß die Truppen da hineinstürmen?« fragte sie entsetzt.
Er nickte.
»Im Laufschritt und ununterbrochen feuernd.«
Als es hell wurde, gab er das Signal zum Angriff, und gleichzeitig starteten auf beiden Seiten fliegende Nachtwesen, während andere emporflogen und Explosivstoffe, vor allem Brandbomben, in die Bäume warfen.
Die Olbornier, obwohl in Verwirrung durch die Bomben, wußten, daß der Angriff begann, und gingen in ihre Stellungen. Sie hatten eine feste Abwehrlinie aufgebaut — aus der Luft war zu erkennen, daß sie Bastionen aufgeworfen hatten, sternförmige Redouten, die einander in jeder Richtung Deckung geben konnten. Um ein Gebiet zu sichern, mußte man gleichzeitig drei Bastionen einnehmen, während die anderen auf beiden Seiten noch immer von den weiter entfernten heftig beschossen wurden.
Die olbornische Artillerie wartete, bis die vorderste Linie die Mitte der freien Fläche fast erreicht hatte, bevor die auf ihr Ziel eingestellten Geschütze zu feuern begannen. Palim, Dillianer, Slongornier, Dymeks, Susafrits — alle begannen hinzustürzen. Wesen, die krebsartig waren, halfen Wesen von Insektenart; Wesen, die elefantenähnlich waren, schützten Zentaurenartiges. Und jede Welle rückte rasch heran, um an die Stelle der gefallenen Kameraden zu treten.
Asam beobachtete das Schlachtfeld durch einen Feldstecher und nickte anerkennend.
»Richtig. Sie halten zusammen, Ihre Leute.«
»Das sind religiöse Fanatiker«, murmelte sie zynisch. »Sie sterben gern für die große Sache.« Trotzdem konnte sie nicht bestreiten, daß sie im Inneren große Bewunderung für den hier bewiesenen Mut empfand.
Ein einen Meter langes Wesen mit Segmentkörper, Dutzenden von Beinen und sechs Paar durchsichtigen Flügeln kam herangesummt und warf Asam neue Luftaufnahmen vor die Füße. Die am Brustkorb befestigten Kameras versorgten ihn mit Informationen, von denen die Olbornier nur träumen konnten.
»Sie wanken«, sagte er zufrieden. »Bei Gott! Sie treten den Rückzug an!«
Sie lächelte ihn an.
»Das heißt, wir haben sie besiegt.«
Er schüttelte heftig den Kopf.
»Nein. Sie haben jetzt begriffen, daß ich ihr kleines Spiel durchschaut habe, und versuchen uns tiefer hineinzulocken, während sie die Befehle an die Flanken ändern. Ob wir siegen oder nicht, wird davon abhängen, ob da vorne das Befehlssystem so funktioniert, daß man tut, was ich für den Fall befohlen habe, wenn die Bäume erreicht werden.« Er nickte seinem Signalmann zu, der einen Scheinwerfer auf das Schlachtfeld gerichtet hatte.