Sie schaute hinaus, und er wußte, daß ihre schwachen Augen unterstützt wurden durch eine Art angeborenen inneren Sonars, das sowohl in der Luft wie im Wasser wirksam war.
»Scheint was Übliches zu sein«, meinte sie.
Er nickte.
»Mag sein, aber zur Zeit sind alle Begegnungen eine Gefahr. Das weißt du.«
»Signale, Sir!« rief Torry. »Ich lese sie als ›WELCHES SCHIFF UND WOHIN UNTERWEGS?‹«
Brazil wandte sich an die Frau, die immer noch geduldig wartete.
»Lena, geh an den Blinker«, befahl er, dann setzte er sich auf das Dach des Ruderhauses, was ihn vor den Blicken Neugieriger auf dem herankommenden Schiff schützte, obwohl er weiterhin die Lage überblicken konnte.
Die Frau ging hinaus und schaltete die Lampe ein. Sie sah ihn erwartungsvoll an.
»Folgendes Signal«, sagte er. »›Windbreaker‹, Schiffsregister Achrin, unterwegs nach Betared.«
Sie betätigte den Signalhebel und gab die Nachricht weiter.
»Füg hinzu ›WER SEID IHR?‹«
Das ging ganz rasch, weil es sich um ein Kurzsignal handelte.
»›Königin von Chandur‹«, gab Torry an Brazil weiter. »Unterwegs nach Makiem.« Er erstarrte. »Ich glaube, es sind Truppen an Bord.«
Brazil nickte.
»War zu erwarten. Spezialtruppen und Kriegsmaterial. Am liebsten würde ich das Ding versenken, aber das ist, als wollte eine Mücke einen Riesen töten.«
»Ich könnte vielleicht etwas machen«, erklärte Henny.
»Die Mowrey sind nicht sehr freundlich, aber auch nicht sehr beweglich. Ich könnte eine Nachricht an unsere Leute schicken, um sie, sagen wir, in Kzuco versenken zu lassen.«
Er schüttelte den Kopf.
»Nein. Zu riskant. Das braucht sich nur herumzusprechen, und sie werden alles unternehmen, um uns zu versenken, selbst wenn sie nicht vermuten, daß ich hier bin. Laß nur. Es spielt ohnehin keine Rolle.«
Sie sah ihn an.
»Aber die Fracht auf dem Schiff könnte ein paar tausend Leute das Leben kosten, vielleicht sogar unseren.«
Er zog die Schultern hoch.
»Henny, man verlangt von mir, daß ich ein paar Billionen den Garaus mache, vielleicht noch mehr.« Er beließ es dabei.
»Sie haben ihre Ferngläser auf uns gerichtet«, meldete Torry. »Ich weiß nicht, mir gefällt das nicht. Wir haben zu viele von Ihrer Art an Bord. Sie werden das weitergeben.« Er zuckte wieder mit den Achseln.
»Was können sie schon sagen? Lassen Sie sie das nur tun, Torry. In Jucapel findet ohnehin der Tausch statt. Da bin ich lange fort.«
»Ja, aber wir nicht«, meinte Henny trocken.
Sie warteten, bis das Schiff steuerbord vorbeigefahren und am fernen Horizont verschwunden war.
Endlich fühlte er sich so sicher, daß er aufstehen und sich recken konnte.
»Macht euch nicht so viel Sorgen«, sagte er. »Sie suchen mich, nicht euch. Das Schiff läuft legitim auf deinen Namen, Henny, und die Menschen an Bord sind dem Namen nach Besitz des Unternehmens, offen bei den Ambreza gekauft. Sie werden überschnappen, aber nicht dahinterkommen. Jedenfalls jetzt nicht.«
Er verließ das Ruderhaus und ging nach hinten, um auf einer Leiter zum Hauptdeck hinunterzusteigen. Dort lagen mehrere Wesen und sonnten sich. Es waren große, vogelartige Geschöpfe, auffallend nicht nur durch häßliche, herabhängende Schnäbel, sondern auch, weil jedes drei vollständige Köpfe besaß, jeweils an einem langen, dürren Hals.
»Schafft einer von euch eine weite Strecke?« fragte er sie.
Der mittlere Kopf von einem der Wesen schob sich hoch und betrachtete ihn mit zwei gelben Augen.
»Ich werde sie wohl schaffen«, sagte das Wesen.
Er lachte in sich hinein und schüttelte verwundert den Kopf.
»Ich weiß nie, mit welchem Kopf ich reden soll«, meinte er trocken. Er wußte sehr genau, daß die Geschöpfe nur ein einziges Gehirn besaßen, das in keinem der Köpfe steckte.
»Awbri liegt jetzt genau nordöstlich von uns. Sag Yua, sie soll sich marschbereit machen. Sag ihr, wir sind von einem feindlichen Dampfer bemerkt worden, der nach Makiem fährt. Wenn sie können, sollen sie eine Nachricht an die beiden anderen Armeen übermitteln, die sich in Makiem zu vereinigen versuchen, das ihr Versorgungsgebiet zu sein scheint. Sie werden wissen, was sie tun müssen.«
Das Wesen stand auf, breitete die mächtigen Flügel aus und fragte:»Was ist, wenn sie versuchen, Sie zu fassen?«
Er lächelte rätselhaft.
»Wenn sie es tun, dann werden die anderen das wissen, glaub mir.« Er schaute hinüber zu dem anderen dreiköpfigen Wesen. »Außerdem habe ich für Notfälle immer noch Rupt hier.«
»Also gut, dann mache ich mich auf den Weg«, erklärte der Kurier. »Paßt auf, daß sie euch keine Bombe an den Rumpf kleben oder dergleichen.«
Er lachte.
»Ich habe eine ordentliche kleine Schutzmacht von unseren Leuten unter uns. Das weißt du. Außerdem würden sie das Schiff nicht in die Luft sprengen. Sie könnten nie sicher sein, daß ich an Bord war. Also los!«
Mit einem heftigen Windstoß der riesigen Flügel, der Brazil beinahe umriß, schoß das Wesen davon.
Makiem
Die Schlacht war brutal und hart gewesen. Die Hakazit hatten jetzt Pulver gerochen und viele der Zweifel in Marquoz beseitigt. Sie genossen den Kampf so sehr, daß es mühsam gewesen war, sie zu stoppen, selbst als festgestanden hatte, daß sie Sieger waren. Er begann sich Gedanken darüber zu machen, daß sie von jetzt an einfach aus Blutdurst Streifzüge der Verwüstung unternehmen würden. Daß er einer von ihnen war, verlieh ihm ein Gefühl der Sicherheit, aber nur in beschränktem Maße.
Die nichttechnischen Makiem, die Riesenfröschen glichen, waren grimmige, entschlossene Kämpfer, und ihnen hatten sich dreitausend Verbündete anderer Rassen angeschlossen, darunter die elektrische Schläge schleudernden Agitar auf ihren geflügelten Pferden, aber das hatte bei weitem nicht ausgereicht. Gunit Sangh hatte seine Streitkräfte in der Hauptsache weit im Norden zusammengezogen, in der Annahme, der Gegner werde sich mit den von Dillianern angeführten Truppen vereinigen und nach Norden zur Küste vorstoßen. So war es, nur zum Teil dank Brazils Nachricht, nicht gekommen. Jetzt hielten sie Makiem und seine wichtigen Häfen und warteten auf das Eintreffen der Dillia-Truppen.
Das Blutbad bei der Schlacht war grausig genug gewesen, aber nun wüteten die Truppen in Stadt und Land, plünderten, brandschatzten und zerstörten, was ihnen nicht gefiel, nur um der Vernichtung willen. Er versuchte das im Griff zu behalten, entdeckte aber, daß seine Macht begrenzt war. Es war traurig, solche Verwüstung einer Rasse zugefügt zu sehen, die nur ihre Heimat verteidigte. Praktisch das einzig Gute dabei war das warnende Beispiel, dachte er. Jene Hexagons, die sie hatten durchmarschieren lassen, waren praktisch unberührt geblieben, und das meiste an Vorräten, was man unterwegs aufgenommen hatte, war sogar bezahlt worden. Makiem, das Widerstand geleistet hatte, war gezwungen worden, einen furchtbaren Preis zu entrichten. Die Nachricht würde sich rasch verbreiten.
Außerdem gefiel ihm das Warten nicht. Je länger es dauerte, desto ärger wurde das Wüten und desto verwundbarer wurden natürlich seine eigenen Truppen. Sie hatten hier den Sieg hauptsächlich deshalb davongetragen, weil sie es in erster Linie mit Rekruten, mit Veteranen und Zivilisten ohne ordentliche Organisation zu tun gehabt hatten. Wären sie auf die Hauptstreitmacht des Rates gestoßen, die oben in Godidal massiert und organisiert wurde, hätte man sie niedergemetzelt. Und Sangh mußte inzwischen erkannt haben, daß man ihn übertölpelt hatte. Seine Truppen würden verlegt werden müssen, und sie konnten so rasch vorrücken wie Marquoz mit den seinen. Es war besser, wenn er als erster loszog.