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Der Mund dieser Rasse war nicht für Ausdrucksfähigkeit geschaffen, so daß Marquoz’ spöttisches Lächeln dem anderen verborgen blieb.

»O ja, das nehme ich an. Ich würde sagen, daß eine Katastrophe von großen Ausmaßen jeden Augenblick nicht nur die Hakazit, sondern die ganze Sechseck-Welt treffen wird. Ich fürchte aber, daß ich diesmal mit dafür verantwortlich bin. Ich bin nämlich in einer Mission hier.« Er gab sich Mühe, besonders verschwörerisch zu wirken.

»Mission?« wiederholte der Psychologe, der immer unruhiger zu werden schien.

Marquoz nickte ernsthaft.

»Ja. Sehen Sie, ich bin hier, um im Namen von Wahrheit, Reinheit und Gerechtigkeit das Universum zu retten.«

* * *

Man ließ ihn ziemlich lange warten. Er langweilte sich sehr. Es gab nicht viele Leute, mit denen man reden konnte, und diejenigen, die ein und aus gingen, waren kaum von der gesprächigen Sorte. Er wußte, daß man irgendwo in diesem Gebäude verhandelte, diskutierte, über sein Schicksal entschied, und daß er wenig dagegen tun konnte, jedenfalls so lange, bis man selbst Schritte unternahm. Er wünschte sich inbrünstig eine Zigarre. Es hieß, daß einen die Sechseck-Welt veränderte und man sich in seiner neuen Gestalt sogar wohl fühlte — und so war es auch. Eine Wiedergeburt ist nur eine Wiedergeburt, dachte er düster, aber eine gute Zigarre was zum Rauchen.

Er probierte einige seiner alten Tanzschritte aus, stellte aber rasch fest, daß auch diese endgültig verschwunden waren. Ballett paßte schlecht für gepanzerte Tanks.

Endlich erschien jemand — nicht derselbe, der ihn befragt hatte, erkannte er. Es fiel ihm jetzt leichter, Individuen auseinanderzuhalten, obwohl er wußte, daß Nicht-Hakazit in dieser Beziehung Schwierigkeiten haben mochten.

»Danke für Ihre Geduld«, sagte der Neue freundlich, so, als hätte es Marquoz freigestanden, sich zu entfernen. »Der Höchste Lord empfängt Sie jetzt. Folgen Sie mir.«

Marquoz zuckte zusammen und wiederholte den Titel beinahe laut. Der Höchste Lord? Nun, es ist wenig sinnvoll, sich zu früh zu freuen, Marquoz, ermahnte er sich selbst. Hier kann das auch der Ausdruck für den Oberhausmeister des Palastes sein. Die Leute machen den Eindruck, titelsüchtig zu sein.

Es ergab sich jedoch rasch, daß es sich um eine Persönlichkeit von beträchtlichem Rang handelte. Dafür sprachen nicht nur die schneidig uniformierten Posten entlang des Korridors, sondern es bezeugten auch die versteckten Fallen, Feuerstellungen und andere üble Dinge, die nur sein geübtes Auge zu erkennen vermochte, hohen Rang und Bedeutsamkeit. Schließlich schritt er durch eine riesige, reichverzierte Doppel-Stahltür und stand in einem nackten Vorraum. Argwöhnisch schaute er sich um. Ja, Fernsehkameras, ganz eindeutig, und noch sehr viel mehr — aber keine Leute. Das Stahlgitter, das er unter dem Bodenbelag undeutlich wahrnehmen konnte, deutete wohl auf die Möglichkeiten augenblicklicher Tötung durch elektrischen Strom hin, sollte er nicht die Billigung des unsichtbaren Beobachters finden. Er sah sich die mächtigen Türflügel genauer an, die sich hinter ihm zusammenschoben. Auch dort ein Erkennungssystem, stellte er fest. Vermutlich Röntgenstrahlen, Fluoroskop, Metalldetektor — alles Denkbare. Über die Macht dieses Höchsten Lords hinaus stand eines fest: Wer und was er auch sein mochte, Marquoz schwebte in ständiger Todesangst.

Endlich hörte Marquoz ein Knacken, als wäre ein Lautsprecher zugeschaltet worden, und eine elektronisch gefärbte Stimme teilte mit:»Sie gehen in die Mitte des Raumes, treten unter den großen Lüster und bewegen sich nicht.« Die Stimme klang nicht drohend, nur ein wenig argwöhnisch. Er tat wie befohlen und wurde aufgefordert, seinen Schwanz ein wenig hierhin oder dorthin zu bewegen, sich hier und dort ein bißchen zu verschieben, bis er sich fragte, ob er für ein Magazin abgelichtet werden sollte. Schließlich sagte die Stimme:»Ausgezeichnet. Bewegen Sie sich jetzt nicht. Es geschieht Ihnen nichts.«

Plötzlich wurde er von einer Reihe farbiger Strahlen erfaßt, von denen manche seltsam heiß und aufdringlich wirkten. Das dauerte nur einige Sekunden, war aber verdammt unbehaglich. Es prickelte an seinem ganzen Körper noch immer unliebsam, als sie abgeschaltet wurden.

»Gehen Sie jetzt zur Tür und betreten Sie den Audienzraum«, wies ihn die Stimme an. Er schaute sich um und bemerkte zum erstenmal, daß eine ganze Wand lautlos davonglitt. Er zog die Schultern hoch und betrat den kleineren Raum, der nur mit einigen Tischen und Gläsern relativ spartanisch eingerichtet war. Die Wand schloß sich hinter ihm, und er blickte kurz über die Schulter: Wachen, Stolperfallen, Stahltüren, Abhörräume, Schiebewände — was noch?

Was noch erwies sich als ein Flackern in der Luft vor ihm und als rasches Einblenden einer Gestalt ganz in seiner Art, unterschieden hauptsächlich nur dadurch, daß sie Tunika und Mütze in Scharlachrot trug, beides gesäumt von teuer aussehenden exotischen Pelzen. Der Höchste Lord erschien als eine Art Hologramm, begriff Marquoz. Was für eine Art von Verfolgungswahn sterilisierte andere gegen Erreger, wenn die Besucher nur einer Projektion begegneten?

Der Höchste Lord betrachtete ihn prüfend.

»Na, man sieht, daß Sie wirklich ein Neuzugang sind«, schnaubte der Hakazit-Führer. »Nichts von Verbeugen und Kratzfuß und angeborenen Demutsgesten.«

»Für ein Solidogramm?« gab Marquoz zurück.

Der andere lachte.

»Einer meiner Vorgänger ließ die Leute seine Fotografie grüßen, die überall hing«, erklärte er. »Selbstredend hielt er sich nicht lange auf.«

Marquoz betrachtete das Abbild und dachte angestrengt nach.

»Das ist also der Grund für diese vielen Vorsichtsmaßnahmen? Alle haben es darauf abgesehen, Sie aus dem Weg zu räumen?«

Der Höchste Lord lachte brüllend.

»Jetzt weiß ich, daß Sie ein Neuzugang sind«, meinte er, noch immer lachend. »So eine Frage! Sagen Sie, wie sind Sie zu diesem Schluß gekommen?«

»Die meisten Diktatoren fürchten Attentate«, erwiderte Marquoz. »Das ist nicht ungewöhnlich, weil sie sich dadurch an der Macht halten, daß alle anderen sie fürchten.«

Der Höchste Lord hörte auf zu lachen und betrachtete den Neuling mit Interesse.

»Sie wissen also, daß das in der Tat eine Diktatur ist? Sie haben wenig Ähnlichkeit mit irgendeinem anderen Neuzugang, von dem ich je gehört habe. Kein ›Wo bin ich? Was mache ich hier?‹ und dergleichen. Das ist das Interessante an Ihnen, Marquoz.«

Der Neuzugang schaute sich um.

»Deshalb so viele Sicherheitsmaßnahmen? Weil Sie glauben, mit mir stimme etwas nicht?«

»Hm, nein, eigentlich nicht. Jedenfalls nicht allein«, antwortete der Höchste Lord. »Ah, Sie nennen Hakazit eine Diktatur. Im reinsten Wortsinn trifft das wohl zu. Ich drücke auf eine Taste des Sprechgeräts, diktiere einen Befehl, und er wird unweigerlich ausgeführt, selbst wenn er noch so idiotisch sein sollte. Und trotzdem — nun, Hakazit ist auch die demokratischste Nation auf der Sechseck-Welt.«

Marquoz’ Kopf zuckte hoch.

»Wie? Wie war das?«

»Ich bin siebenundfünfzig Jahre alt«, erklärte der Diktator. »Siebenundfünfzig. Und wissen Sie, wie viele Höchste Lords es in meiner Lebenszeit gegeben hat? Siebenundsechzig. Und mindestens einer davon herrschte fast vier Jahre lang. Der Rekord laut unserer neuesten Geschichte ist neun Jahre, drei Monate, sechzehn Tage, fünf Stunden und einundvierzig Minuten. In einer Geschichte, die über tausend Jahre zurückreicht.«

Marquoz seufzte.

»Liegt nahe«, murmelte er. »Und das trotz all dieser Schutzmaßnahmen, dieser Apparaturen, der modernsten Elektronik, die es gibt. Für jeden Zauber gibt es wohl ein Gegenmittel.«

»Genau«, bestätigte der Höchste Lord. »In diesem Augenblick versuchen Hunderte von Offizieren eine Möglichkeit zu finden, wie sie an mich herankommen können. Einem wird es irgendwann in nächster Zeit gelingen, dann lande ich auch in den Geschichtsbüchern.«