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»Es wundert mich, daß Sie nicht wissen, wer sie sind, und mit ihnen kurzen Prozeß machen lassen«, meinte der Neuzugang praktisch. »Ich weiß, daß ich das tun würde.«

Der Herrscher kicherte spöttisch.

»Marquoz, Sie begreifen das Problem nicht. Jeder Hakazit macht das. Schulkinder tun es aus Spaß oder zur geistigen Übung. Ladenbesitzer, Barmixer; nennen Sie, wen Sie wollen. Alle. Man kann nicht mit allen kurzen Prozeß machen — dann wäre niemand mehr da, dem man diktieren kann.«

»Das ist freilich ein Problem«, bestätigte Marquoz. »Ein Wunder, daß Sie diesen Posten haben wollten — oder daß ihn unter diesen Bedingungen überhaupt jemand haben will.«

Der Höchste Lord wirkte betroffen.

»Aber worin besteht der Sinn des Lebens, wenn nicht darin, Höchster Lord zu werden? Das ist das einzige, wofür man leben kann!«

Das brachte Marquoz für einen Augenblick zum Schweigen, während er das Gehörte zu verdauen versuchte. Eine kriegerische Rasse ohne Kriege. Was ist das Ergebnis von Eroberung? Die Fähigkeit, alle herumzukommandieren, zu tun, was man will, alles zu bekommen, was man möchte. Der Gipfel aller Gedankenspiele. Und dieser Posten war hier vorhanden, stand offen, war von jedem erreichbar, ohne Rücksicht auf Rang, Geschlecht, soziale Stellung oder Autorität, dem es gelang, die herrschende Person zu beseitigen. Das war so verrückt wie nur irgend etwas, das er je gehört hatte, ein so unsinniges Gesellschaftssystem, wie er es sich je vorgestellt hatte — und es ergab absoluten, logischen Sinn. Das war der Haken. Es ergab Sinn.

Er wechselte das Thema.

»Tja, eines hat mich neugierig gemacht. Warum sagten Sie, Sie hätten nur tausend Jahre geschriebener Geschichte? Land und Rasse hier sind doch gewiß viel älter.«

»Richtig«, bestätigte der andere. »Aber der Kampf ist uns angeboren, sehen Sie. Wir sind die aggressivste Rasse auf der Sechseck-Welt und umgeben von Hexagons solcher Art, daß es unmöglich ist, sie zu erobern oder auch nur auf vernünftige Weise zu bekämpfen. Strahlungsformen, die tödlich nur für uns sind, Gifte dieser Art, und so weiter. Wir vermieten Leute von uns als Söldner, Wachen — sogar als Piraten — und dergleichen mehr an andere, aber das System hat uns an der Gurgel. Wir sind zu vernünftig, um bis zur Ausrottung zu kämpfen oder vielleicht einen Krieg zu führen, wenn überhaupt nichts zu gewinnen ist, weil wir nicht halten können, was wir erobern. Nach einiger Zeit bricht also das System, das wir schaffen, um die Dinge hier zusammenzuhalten, natürlicherweise zusammen. Jedes System würde das tun. Bürgerkrieg, Anarchie, ein Rückfall in die Barbarei, wenn alle Hemmungen fallen. Die Zivilisation wird zerstört und muß neu aufgebaut werden. Bei uns hier sagt man, jedes Gesellschaftssystem halte im Durchschnitt zweitausend Jahre lang, und wir befinden uns jetzt in der Mitte einer solchen Periode. Sie können sich nicht vorstellen, wie heftig diese gesellschaftlichen Zusammenbrüche sein können. Und wir auch nicht. Sie sind zuletzt so schlimm, daß vom vorherigen Zeitalter fast nichts übrigbleibt als verfallende Ruinen und einige andere Überreste.«

Marquoz nickte. Er konnte sich vorstellen, wie diese Wesen sich in einem totalen Krieg verhalten würden, in dem keine Gnade gewährt oder erwartet wurde und Kapitulation undenkbar war. Ein Wunder, daß überhaupt noch jemand übrig ist, dachte er. Aber nein, solange ein einziges Paar übrigblieb, Mann und Frau, würde der Schacht die Bevölkerung langsam wieder aufbauen; so hatte er das System jedenfalls begriffen. Dieser Gedanke war aber beunruhigend. Eine Verwüstung, wie der Höchste Lord sie andeutete, wies darauf hin, daß solche Kriege buchstäblich Kriege des völkischen Selbstmords waren; vermutlich waren es nur jene, die sich außerhalb von Hex und Heimat befanden, die zurückkehrten und neu aufbauten. Die Sackgasse, dachte er düster. Die Übriggebliebenen vom markovischen Traum in der ewigen Wiederholung von Aufstieg und Untergang der Zivilisation. Verdammt deprimierend, eigentlich.

»Ich kann das Interesse Eurer Lordschaft an mir verstehen«, sagte er bedächtig. »Ich tauche hier aus dem Nichts auf, Neuzugang oder Exilant, ganz gleich, aber ohne eines der psychologischen Probleme oder die Bestrebungen, die Sie kennen. Sie vermuten, daß ich derjenige bin, der Sie beseitigen soll — ja?«

Der Höchste Lord hob die Schultern ein wenig.

»Sind Sie es?«

Marquoz seufzte.

»Nein… nein, Euer Lordschaft, keineswegs. Das letzte, was ich will, ist Ihr Posten. Das mag unter diesen Umständen schwer zu glauben sein, aber Sie sind ein sehr kluger Mann, sonst wären Sie nicht da, wo Sie sind. Ich bin sicher, Ihre Lügendetektoren teilen Ihnen jetzt mit, daß ich aufrichtig bin.«

Der andere warf ihm einen Blick widerwilliger Bewunderung zu.

»Ein schlauer Bursche, wie? Aber bei einem Psychopathen wäre das Ergebnis dasselbe.«

»Euer Lordschaft, gebrauchen Sie jetzt die Lügendetektoren und glauben Sie mir, was ich sage. Innerhalb von wenigen Wochen, wenn es nicht schon angefangen hat, werden Sie mit Neuzugängen überflutet werden, und keiner davon wird typisch sein. Und ich meine nicht zehn, zwanzig oder hundert. Ich meine so viele, daß Ihre Bevölkerung sich rasch verdoppeln wird. Verdoppeln

Die rot leuchtenden, hohlen Augen der Projektion richteten sich auf einen Punkt außerhalb des Bildes, so, als prüfe sie etwas nach — auf einem Diagramm-Gerät wohl, vermutete Marquoz.

»Hakazit könnte sie nicht alle aufnehmen«, sagte der Höchste Lord mit dünner, sorgenvoller Stimme. »Wir würden sie töten müssen.«

»So leicht werden sie nicht zu töten sein«, warnte Marquoz. »Und außerdem kommen sie nicht her, um Ihnen Haus, und Hof wegzunehmen. Sie kommen her, um eine Aufgabe zu erfüllen und eine vorgegebene Funktion zu übernehmen.« Er erklärte rasch die Zusammenhänge mit Brazil und dem Schacht der Seelen; daß dieser beschädigt sei und repariert werden müsse.

»Was bieten Sie an?« fragte der Höchste Lord argwöhnisch.

»Einen Kampf. Einen kompletten Krieg. Einen Krieg, der von Stellvertretern, ausgebildet von Ihren Leuten, oder von einer Kombination aus beiden ausgefochten werden könnte. Ein Ventil für diese ganze Aggression, für diese angestaute Zivilisation. Und natürlich auf der Siegerseite, sollte Brazil in den Schacht gelangen. Und er wird es schaffen, verlassen Sie sich darauf. Ob ich sterbe, ob Hakazit sich auf meine Seite schlägt oder gegen uns antritt, was auch sein mag, er wird Sieger bleiben. Und sobald er im Schacht ist, könnte er auf die Situation, in der Sie sich befinden, einwirken. Überlegen Sie das auch von einem anderen Blickwinkel aus. Dieses Ventil, diese Erlösung — das wird unglaublich populär sein. Sie haben ein Volk, das den Krieg liebt und keinen hat. Jetzt wird es einen bekommen, und Absichten und Ziele dafür. Das könnte das Ventil sein, das Ihnen fehlt, könnte den Zusammenbruch um viele tausend Jahre hinausschieben — vielleicht so lange, daß diesmal ein beständigeres System ausgearbeitet werden kann. Und Sie werden überdies ein Held sein, weil Sie das dem Volk gegeben haben. Wie lange sind Sie schon Höchster Lord?«

Der Führer überlegte.

»Wie? Ach, knapp über drei Jahre.«

»Möchten Sie nicht weitermachen und vielleicht den Rekord überbieten? Mann, selbst wenn der Drang durch den Krieg nicht nachläßt, bedenken Sie folgendes: Ihre gefährlichsten Gegner werden bei Planung und Führung dieses Unternehmens im Vordergrund stehen — nicht nur zu beschäftigt, um ernsthaft gegen Sie vorzugehen, sondern ganz vorne an der Spitze, wo Sie sehen können, wer wirklich eine Chance hat.«

»Das Volk… es wird darauf langsam vorbereitet werden müssen, wie Ihnen klar sein muß«, murmelte der Hakazit-Führer. »Das Ganze muß sorgfältig geplant und aufgebaut werden.«