»Also, wie w?rde es dir denn gehen, wenn du nicht nur mit Aurora, sondern auch noch mit Auroras Mutter zusammenleben m?sstest?«
Daniel verdreht die Augen.»Ich mag es mir gar nicht vorstellen! Aber was sagt denn Marc dazu? Ihn muss das doch auch nerven.«
»Ach, der tut so, als sei alles gar nicht so schlimm. Heute zum Beispieclass="underline" Seine Mutter hat es tats?chlich fertiggebracht,unseren Kleiderschrank umzusortieren. Mitmeiner W?sche. Ungefragt. Ich bin explodiert – und was sagt er?Sie wollte doch nur helfen.« Carolin sch?ttelt den Kopf.
»Okay, dann musst du wohl mal ein ernsteres Gespr?ch mit ihm f?hren.«
»Ja, du hast Recht. Das habe ich bisher noch nicht gemacht. Werde ich mal nachholen. Denn ansonsten ist es sehr sch?n, mit ihm zusammenzuwohnen. Auch mit Luisa, seiner Tochter, klappt es prima.«
»Na, also! Klingt doch gut. Dann war es ja die richtige Entscheidung, ihn zu nehmen – und nicht mich.«
Oh, oh– bahnt sich hier das n?chste Krisengespr?ch an? Ich robbe ein St?ck n?her an Daniel heran, um sein Gesicht betrachten zu k?nnen. Aber Entwarnung: Er grinst. Und auch Caro l?chelt.
»Ja, das war auf alle F?lle richtig. Und mit Marc habe ich ja nicht nurtwo for the price of one– nein, es sind eherthree oder auchfour.«
»Echt?« Daniel scheint diese Bemerkung genauso wenig zu kapieren wie ich. »Two ist klar– er hat ja das Kind. Und auchthree verstehe ich noch, wenn die Mutter st?ndig bei euch rumh?ngt. Aber wer bitte istnumber four?
»Oh, in letzter Zeit schaut auch hin und wieder die Exfrau vorbei.«
»Na, bravo. Damit h?tte ich nun wirklich nicht mithalten k?nnen.«
»Das kannst du laut sagen. Da habe ich mir ein echtes Spitzenpaket geschn?rt.«
Erst lachen beide, dann wird Daniel wieder ernst.»Ab und zu denke ich schon dar?ber nach, warum es mit uns nicht geklappt hat. Ich habe mir das damals sehr gew?nscht.«
Caro greift?ber den Tisch, nimmt Daniels Hand und dr?ckt sie. »Ich weiss. Und ob du es glaubst oder nicht: Ich habe es mir auch gew?nscht. Aber wahrscheinlich kannten wir uns einfach zu gut.«
Jetzt nimmt Daniel Carolins zweite Hand, und von meinem Blickwinkel sieht es so aus, als w?rde er mit seinen H?nden die ihren streicheln. Vielleicht bilde ich mir das aber auch nur ein. Auf alle F?lle sieht es sehr vertraut aus und – z?rtlich. Ob Marc dieses Bild gefallen w?rde, wenn er die beiden jetzt sehen k?nnte? Und m?sste ich in diesem Moment nicht eigentlich genauso einschreiten wie bei Marc und Sabine? Andererseits – Sabine war mir gleich unsympathisch, Daniel dagegen sofort mein Freund. Und wahrscheinlich gibt es Dinge, die kl?ren M?nner und Frauen lieber unter sich. Ohne die Einmischung eines Dackels.
»Also, die Befragung der Zeugin hat folgendes T?terprofil ergeben: Der Gesuchte ist ein junger Mann mit grosser Tasche, Fahrrad und rasantem Fahrstil. Des Weiteren riecht er nach Pfefferminz und h?lt sich im Grossraum Alster auf.« Herr Beck wiederholt noch einmal mit wichtiger Miene, was ich ihm soeben ?ber mein Gespr?ch mit Cherie berichtet habe. »Ein Fahrradkurier. Sehr selten in dieser Stadt. Ich w?rde sagen, der Typ ist so gut wie gefunden.«
Wenn dieser fette Kater h?misch grinsen k?nnte, w?rde er es nun mit Sicherheit tun. Aber ich habe noch ein Ass im ?rmel, von dem er nichts ahnt.
»Tja, mein Lieber, das w?rde ich auch sagen. Denn ich bin selbst Zeuge. Ich habe die Zielperson schon selbst gesehen.« Ha! Das hat gesessen, Herr Beck guckt ganz sch?n doof aus der W?sche. Kein Wunder. Gerade auf meinen letzten Satz bin ich besonders stolz. Der bl?de Kater ist n?mlich beileibe nicht das einzige Haustier, das schon einmal einen Krimi im Fernsehen geguckt hat. Und bevor ich Herrn Beck ?ber die neueste Entwicklung mit Cherie informiert habe, habe ich nochmal ganz tief in meinem Erinnerungsschatz an gemeinsame Fernsehabende mit Carolin gegraben.Zielperson. Ich bin ein Superdackel.
»?h, du hast ihn schon mal gesehen?«
»Ja. Damals an der Alster. Als Carolin mit dem Fuss umgeknickt ist. Ein junger Mann hat ihr ins Caf? geholfen, sie konnte ja kaum noch laufen. Und auf diesen Herrn passt die Beschreibung perfekt. Er war auch genauso frech, wie man wahrscheinlich sein muss, um wehrlose Retrieverdamen umzufahren. Hat gleich an Carolin rumgegraben. Bei der hatte er nat?rlich keine Chance. Egal – ich bin mir sicher, das ist unser Mann.«
Herr Beck guckt sehr zweifelnd.»Ich weiss nicht. So sensationell einzigartig ist das T?terprofil nun auch wieder nicht. Das passt bestimmt auf ein paar mehr Leute.«
Der nun wieder! Immer diese negative Art! Aber davon lasse ich mich gar nicht ersch?ttern.
»Gut, es mag sein, dass ich falschliege. Aber was spricht dagegen, den Kerl zu suchen? Ich erkenne ihn bestimmt wieder. Und wenn wir ihn haben, organisieren wir eineGegen?berstellung .« Noch so ein tolles Wort. Und tats?chlich scheint Herr Beck nun ein bisschen beeindruckt. Jedenfalls murmelt erGegen?berstellung in seinen Schnurrbart und streicht sich mit einer Tatze?ber die Barthaare.
»Gut«, befindet Beck, als er sich genug um seinen Bart gek?mmert hat, »ich habe dir vom T?terprofil berichtet. Kommen wir nun zu etwas, das der Fachmann als Bewegungsprofil bezeichnet.« Mist. Beck trumpft wieder auf, und ich habe kein weiteres Fachwort, das ich noch verbraten k?nnte. Offenbar sieht er mir an, dass ich nicht weiss, was damit gemeint sein k?nnte, denn er setzt in sehr g?nnerhaftem Ton zu einer Erkl?rung an. »Unter dem Bewegungsprofil verstehen wir einen durch Datensammlung erstellten Datensatz, der es uns erm?glicht, die Bewegungen und damit auch die Aufenthaltsorte einer Person nachzuvollziehen und zu ?berwachen. Gerade bei einem Fahrradkurier ein wichtiges kriminalistisches Werkzeug.«
H?? Ich verstehe kein Wort. Datensatz? Datensammlung? Das kann sich Herr Beck unm?glich durch ein paar gemeinsame Fernsehstunden mit Nina angeeignet haben. Langsam werden mir Katzen unheimlich.
»Gut, dann jetzt mal f?r Hunde: Du hast ihn gesehen, Cherie hat ihn gesehen. Dann ?berlegen wir doch mal, wann und wo das jeweils war, und vielleicht haben wir so eine Chance herauszufinden, wo man ihn eventuell wiederfindet.«
»Ach so. Sag das doch gleich. Also ich habe ihn an der Alster getroffen, und Cherie wurde direkt vor der Haust?r ?berfahren. Das ist aber auch in der N?he der Alster. Insgesamt also alles nicht weit von hier.«
»Okay. Dann spricht doch einiges daf?r, dass dieser Kurier hier sein Revier hat. Viele Kunden, die an der Alster wohnen und von ihm regelm?ssig beliefert werden. Wenn wir uns also eine Zeitlang an den Hauptverkehrsadern hier in der Gegend tummeln, sollten wir ihn finden.«
Klingt einfach und logisch– hat aber einen entscheidenden Haken: Ich kann mich nicht einfach tummeln. Wenn ich mal verschwinde, wird gleich nach mir gefahndet. Herr Beck seufzt.
»Gut, dann m?ssen wir eben immer dann losziehen, wenn Carolin wirklich gut besch?ftigt ist und denkt, dass wir im Garten sind. Und hoffen, dass wir ein bisschen Gl?ck haben.«
Ich bin skeptisch. Es war zwar mein eigener Plan, aber wenn Beck ihn so vortr?gt, bin ich nicht mehr ganz so ?berzeugt von ihm. Nett ist allerdings, dass Beck schon in derWir-Form davon spricht. Offensichtlich will er mir helfen. Er ist eben doch ein echter Freund.
»So, und nun habe ich Hunger. Ich werde mal schauen, ob Nina schon etwas Sch?nes in meinen Fressnapf gef?llt hat.«
Kein Wunder, dass Beck immer fetter wird. Wann der wohl das letzte Mal sein Essen selbst gejagt hat? Andererseits: meist f?llt bei Nina etwas f?r mich mit ab. Ich werde Beck also begleiten.
Im Treppenhaus treffen wir tats?chlich auf Nina. Allerdings ist sie weit davon entfernt, sich Gedanken ?ber Becks Verpflegung zu machen: Sie steht auf halber Treppe zwischen dem ersten und zweiten Stock und streitet sich mit Alexander Klein. Beck und ich hocken uns auf die erste Stufe des Absatzes und beobachten das Spektakel.
»Was soll das? Ich habe dir gesagt, dass ich dich nicht weiter treffen will. Und was machst du? Bewirbst dich f?r meine Arbeitsgruppe.«