»Richtig, Herkules. Der Dackelmix.« Grrrr!
»Also Probleme w?rde ich nicht direkt sagen. Aber ich k?mmere mich momentan um das Kerlchen, weil Frau Neumann erkrankt ist. Und da will ich nat?rlich keinen Fehler machen. Deswegen w?re es mir sehr wichtig, dass Sie noch einmal einen Blick auf Herkules werfen, ob wieder alles in Ordnungmit ihm ist.«
Dr. Wagner grinst. Ja, zu komisch das, ha, ha!
»Na, dann kommen Sie gleich mal mit rein.«
Einen Augenblick sp?ter finde ich mich auf dem Untersuchungstisch wieder, und Dr. Wagner hat mein ?hrchen in der Hand. Routiniert streicht er ?ber das Fell und f?hrt noch einmal ?ber die Stelle, an der die Zecke sich festgesetzt hatte.
»Ich kann Sie beruhigen, es sieht alles sehr gut aus. Herkules ist wieder v?llig auf dem Damm.«
»Hm, sind Sie sicher? Was ist denn zum Beispiel mit Borreliose? Ich habe neulich erst gelesen, dass auch Hunde das bekommen k?nnen.«
Borrel…was? Ich spitze die?hrchen.
»Dann w?re doch eine engmaschige ?berwachung sinnvoll, oder? Ich meine, nicht, dass Herkules etwas passiert! Das k?nnte ich mir nie verzeihen. Lieber komme ich n?chste Woche noch einmal zur ?berwachung. Vielleicht nehmen Sie ihm auch gleich mal Blut ab?«
Was? ! Mit einem Satz springe ich vom Tisch, starre die beiden b?se an und belle kurz, aber laut.
Wagner lacht.»Da sehen Sie’s, Frau Bogner. Herkules h?lt von Ihrem Vorschlag rein gar nichts. Und ich ehrlich gesagt auch nicht. Borreliose ist bei uns in Hamburg sehr selten, und Herkules wirkt v?llig gesund. Wir sollten ihn also nicht unn?tig qu?len.«
»Ach so.«
Nina sieht sehr entt?uscht aus. Sie ist ganz offensichtlich Sadistin.
»Aber ich mache Ihnen einen anderen Vorschlag: Bevor Sie nun diesen armen Dackel immer wieder zu mir schleppen - fragen Sie mich doch einfach, ob ich etwas mit Ihnen trinken gehe, wenn Sie mich noch mal sehen m?chten.«
Nina schnappt nach Luft und sieht v?llig entsetzt aus. Warum nur? Ich finde den Vorschlag super.
»Also wirklich, ich … ich …«, dann bricht Nina in Gel?chter aus und kann sich kaum noch beruhigen. »Okay, Sie haben mich. Dann aber N?gel mit K?pfen: Heute Abend? Acht Uhr? ImCavallol«
Wagner nickt.»Sehr gerne, Frau Bogner. Sehr gerne.«
Nina f?hrt Auto und pfeift dabei laut und gut gelaunt. Immer wieder lacht sie in sich hinein. Dann dreht sie sich kurz zu mir.
»Meine G?te, es ist wirklich unglaublich. Ich habe ihnwirklichgefragt, ob er mit mir heute Abend insCavallogeht. Herkules, du bringst mir Gl?ck. Das ist eindeutig.«
Sch?n zu h?ren, aber irgendwie ist mir nicht ganz klar, was an der ganzen Angelegenheit so sensationell ist. Wagner hat doch gesagt, dass sie ihm sagen soll, wenn sie ihn mal sehen will. Und wieso hat sich Nina dar?ber so erschreckt? Es scheint, dass die Kommunikation zwischen M?nnern und Frauen komplizierter ist, als ein Hund auf den ersten Blick vermuten w?rde. Also nicht einfach»er sagt was, sie sagt was«.Es muss noch ein geheimes Regelwerk geben, das mir bisher verborgen ist.
Wir halten neben unserem Haus. Endlich wieder daheim! Gut, lange weg war ich nicht, aber ich brenne darauf, mich mit Herrn Beck zu beratschlagen, wie man meinen Spitzenplan in die Tat umsetzen kann. Nina und ich laufen durch den Garten zur Hintert?r der Werkstatt. Sie klopft gegen die Scheibe, zwei Sekunden sp?ter ?ffnet Daniel.
»Na, ausgeschlafen?«, will Nina wissen.
»Ja, geht so. Ich werde heute einfach ein bisschen fr?her ins Bett gehen, dann wird das schon wieder.«
»Sag mal, kannst du heute Herkules mitnehmen? Ich bin heute Abend verabredet, und es ist definitiv einOhne-Haustiere-Termin.«
»Oh, ein Date?«
»Sozusagen.«
»Und, Details?«
»Vielleicht sp?ter mal.«
»Dann w?rde ich sagenHalaliundWaidmannsheil!«
»Waidmannsdank !«
Ich bin wie elektrisiert!Halali!Wie oft habe ich diesen Ausspruch auf Schloss Eschersbach geh?rt. Und immer war er der Auftakt zu einem grossen Abenteuer, f?r das ich noch zu klein war. Nur Mama und ihre Schwester durften mit. Opili war schon zu alt, aber er blieb mit uns zu Hause und erz?hlte von der grossartigen Sache, die f?r einen Dackel das sch?nste Erlebnis auf der Welt ist: die Jagd. Er schm?ckte die Schilderungen der Jagd immer so aus, dass ich stets das Gef?hl hatte, selbst dabei gewesen zu sein. Der Duft der Kaninchen, die Spur des Rotwilds, der Geruch von Aufregung und Freude - herrlich! Wie sehr freute ich mich damals auf meine erste Jagd. Ich sp?rte, dass das meine wahre Bestimmung sein w?rde: Seite an Seite mit meinem J?ger durch die W?lder zu streifen!
Durch meine Nase f?hrt ein feines Kribbeln - Nina und Dr. Wagner gehen also zur Jagd! Ich bin so aufgeregt, dass mir mein Gespr?ch mit Herrn Beck auf einmal herzlich egal ist. Dr. Wagner erscheint mir pl?tzlich in einem ganz anderen Licht. Ein J?ger - kein Wunder, dass Nina ihn gerne wiedersehen wollte! Aber wieso nehmen sie mich dann nicht mit? Ich lege mich direkt vor Ninas F?sse und jaule. Ich will mit! Unbedingt!
»Eins steht mal fest: Herkules fr?herer Besitzer war J?ger. Guck mal, wie er auf das Halali reagiert - richtig aufgeregt ist das Kerlchen!« Daniel b?ckt sich zu mir herunter und krault mich am Bauch. »Aber das hast du leider falsch verstanden. Die Sorte Pirsch, auf die Nina heute Abend geht, ist f?r kleine Dackel v?llig langweilig. Du verpasst ?berhaupt nichts, wenn du bei mir bleibst.«
Da ist es wieder, mein Kommunikationsproblem. Und es besteht ganz offensichtlich nicht nur zwischen M?nnern und Frauen, sondern auch zwischen Frauen und Dackeln. Genervt beschliesse ich, den anderen Vierbeiner im Haus zu suchen. Wenigstens einer, der mich versteht. Und was noch wichtiger ist: den ich verstehe.
»Nu lass mal den Kopf nicht h?ngen! Ich glaube nicht, dass Nina wirklich zur Jagd geht. Jedenfalls jagt sie garantiert keine Hasen. Sondern eher diesen Tierarzt.« Beck grinst.
Ich st?hne innerlich. Jetzt f?ngt der auch schon an, in R?tseln zu sprechen! Menschen tun uns Tieren einfach nicht gut.
»Wenn M?nner oder Frauen in Bezug auf das andere Geschlecht von der Jagd reden«, doziert Beck jetzt, »dann geht es nicht darum, gemeinsam in den Wald zu fahren und das n?chste Wildschwein abzuknallen. Sondern dann geht es in der Regel um die Kunst der Partnersuche. Du verstehst? M?nner jagen Frauen, und Frauen jagen M?nner. Aber nicht w?rtlich gemeint. Das sagen die Menschen einfach nur so.«
Ich sch?ttle ungl?ubig den Kopf. »Aber warum? Warum sagen sie nicht einfach, was sie meinen?«
Beck zuckt mit den Schultern»Keine Ahnung. Aus irgendeinem Grund darf derjenige, den der andere als Partner haben will, auf keinen Fall davon erfahren. Im Gegenteil - man muss sich so verhalten, als wolle man mit ihm nichts zu tun haben.«
»Aha. Das ist dann aber doch wie bei der Jagd. Langsames, lautloses Anschleichen. Die Beute bis zum Schluss in Sicherheit wiegen. So erlegt man selbst die Schlausten.«
»So gesehen hast du Recht.«
»Also, diese ganze Partnergeschichte ist demnach eher Pirsch als Treibjagd«, sinniere ich. »Dazu passt nat?rlich, dass es Nina unangenehm war, als der Tierarzt gleich gemerkt hat, dass sie ihn erlegen will. Um mal im Bild zu bleiben.«
»Richtig. Gerade der Mann darf anscheinend niemals merken, dass die Frau es auf ihn abgesehen hat. Sonst klappt es nicht.«
Als Beck das sagt, f?llt mir sofort wieder ein, was ich ihm eigentlich erz?hlen wollte. »Hast du eigentlich mitgekriegt, wie schlecht es Carolin geht?«, will ich von ihm wissen.
»Tja, Liebeskummer. Das wird schon wieder.«
»Ja, aber sie ist im Krankenhaus!«
»Oh, ich wusste gar nicht, dass Menschen wegen so etwas ins Krankenhaus kommen k?nnen. Das tut mir nat?rlich leid.«
»Das sollte es auch - es war schliesslich deine Idee!«
»Moment maclass="underline" Was soll das heissen, es war meine Idee?«
»Wenn du nicht die Sache mit Thomas eingef?delt h?ttest, dann w?re Thomas noch da, und Carolin w?re nicht so ungl?cklich.«
Beck schnaubt w?tend. »Also h?r mal - das haben wir doch alles nur f?r dich getan! Du hattest Angst, dass Thomas dich rausschmeisst, schon vergessen? Ausserdem war Carolin vorher auch schon ungl?cklich. Sie hat es nur nicht so gemerkt.«