»Ich weiss nicht, Herr Beck. Mein Plan war wohl doch nicht so toll. Oder jedenfalls in dieser Form nicht zur M?nnersuche geeignet.«
Beck wiegt den Kopf hin und her.»Jetzt mal nicht so schnell aufgeben. Die Grundidee ist auf alle F?lle richtig. Vielleicht m?ssen wir unsere Auswahl einfach ein bisschen st?rker einschr?nken. Also, nicht jeder Mann, der bei gutem Wetter im Park sitzt, ist automatisch ein Kandidat.«
»Aber das war doch genau unser Ansatz - und nebenbei bemerkt: dein Vorschlag. Ich sag nurSchrotflinte.«
»Na und? Was interessiert mich mein Gew?sch von gestern? Man darf ruhig mal schlauer werden. Ich glaube, das Geheimnis unseres Erfolges wird in der gezielten Vorauswahl liegen. Und dann schlagen wir zu!«
»Ich weiss nicht«, maule ich, »wie soll denn das klappen mit der Vorauswahl?«
Beck?berlegt - aber nur kurz. »Wir m?ssen die M?nner mit Carolins Augen sehen.«
»Na toll, wie soll das denn gehen?«
Anstelle einer Antwort springt Beck auf.»Komm!«, ruft er mir ?ber die Schulter zu. »Ich habe gerade eine Eingebung.«
DREIZEHN
Ich komme mir zwar ein bisschen bl?d vor, mit der Leine im Maul vor Carolin auf und ab zu springen. Denn immerhin hasse ich es eigentlich, an der Leine zu laufen. Aber wenn Becks Theorie richtig ist, dann lassen sich die passenden M?nner im Park einfacher identifizieren, wenn wir Carolin dabeihaben. Der Plan ist also, mitihr spazieren zu gehen und zu schauen, wen sie sich so anguckt. Und dann … ja, was dann passiert, ist noch ein wenig unklar. Die bisherige Nummer kann ich schlecht abziehen, wenn Carolin daneben steht. Aber irgendetwas wird mir schon einfallen, und ausserdem werden wir von Herrn Beck beschattet, der sich, wie er es ausdr?ckt, ein Bild von der Lage machen wird. Von Vorteil w?re allerdings, wenn Carolin nun endlich kapieren w?rde, dass ich mit ihr spazieren gehen will.
Ich springe noch einmal so hoch ich kann und kratze mit meinen Vorderl?ufen an Carolins Hose. Sie guckt herunter und lacht.
»Herkules, nicht so st?rmisch! Ich weiss, was du willst, aber lass mich doch noch eben meine Sachen hier fertig machen. Dann gehen wir auch raus, versprochen!«
Sie nimmt eines dieser kleinen Holzpl?ttchen von ihrem Tisch und klemmt es zwischen den Boden und die Saiten einer Geige. Menno! Immer geht hier die Arbeit vor. Dabei ist meine Sache doch viel wichtiger. Ich knurre ein bisschen.
»Na, will Herkules raus?« Daniel steht auf einmal neben Carolin.
»Ja, das ist wohl eindeutig. Aber ich kann es ihm nicht verdenken. Das Wetter ist wirklich toll, eigentlich viel zu sch?n, um den ganzen Tag in der Werkstatt rumzuh?ngen. Ich werde gleich mal mit ihm in den Park gehen. Ist auch besser f?r die eigene Stimmung.«
Daniel nickt.»Du hast Recht. Was h?ltst du davon, wenn ich euch ein bisschen begleite?«
Och n?! Das passt mir gar nicht. Schliesslich mache ich das hier alles nur, um einen neuen Mann zu finden. Mit Betonung aufneu.Da ist es doch eher hinderlich, wenn man schon einen Mann mitbringt.
Aber mich fragt sowieso keiner, und so kommt es, dass Carolin mir zwar endlich die Leine ans Halsband hakt, aber Daniel auch nach seiner Jacke greift und wir schliesslich zu dritt die Werkstatt verlassen. Im Garten kommen wir an Herrn Beck vorbei, der sich f?r seine Beschattung bereits positioniert hatte.
»He, was soll das denn? Kommt der etwa mit? Man nimmt doch kein Bier mit in die Kneipe!«, raunt er mir zu.
»Meinst du etwa, das war meine Idee?«, fl?stere ich zur?ck. »Aber sag mir mal, wie ich das h?tte verhindern k?nnen?«
Beck zuckt mit den Schultern und scheint noch etwas sagen zu wollen, aber da sind wir schon an ihm vorbei.
W?hrend wir Richtung Park laufen, ?berlege ich, ob sich mein Plan unter diesen Umst?nden ?berhaupt noch umsetzen l?sst. Wird Carolin andere Menschen noch bemerken, wenn sie sich die ganze Zeit mit Daniel unterh?lt? Es ist doch zum Haare ausreissen - den kranken Hund kann ich nicht mimen,weil Carolin dabei ist, und auf Carolin achten bringt nichts, weil Daniel dabei ist. Grrr!
»Schon komisch - da arbeite ich direkt neben so einem sch?nen Park, und trotzdem bin ich fast nie hier.«
Genau, Daniel, m?chte ich sagen, und warum dann ausgerechnet heute?
»Ja, man macht das eigentlich viel zu selten. Wobei ich mit Herkules nat?rlich viel mehr draussen bin als fr?her. Allerdings habe ich ihn in letzter Zeit str?flich vernachl?ssigt. Ich habe deswegen ein ganz schlechtes Gewissen, und eben kam er sogar schon mit seiner Leine an, um mich an meine Frauchen-Pflichten zu erinnern.« Sie beugt sich im Gehen zu mir herunter und streichelt meinen Kopf. »Gell, Herkules, du hast es in letzter Zeit auch nicht leicht mit deinem Frauchen. Aber das wird jetzt alles wieder besser, wirst schon sehen. Ich hoffe, du sehnst dich nicht nach demTierheim zur?ck!«
Ich? Sehnsucht nach dem Tierheim? Was f?r ein absurder Gedanke! Auch wenn die Herrchensuche gerade nicht wirklich rund l?uft - Carolin scheint nicht klar zu sein, wie ungem?tlich es auf zehn Quadratmeter mit Typen wie Bozo und Boxer sein kann.
Weil das Wetter wirklich sch?n ist und wir Daniel nun sowieso nicht loswerden, beschliesse ich, diesen Spaziergang einfach so zu geniessen, wie er ist. Tats?chlich war Carolin in letzter Zeit wenig mit mir unterwegs. Eigentlich gar nicht. Wir traben einen der verschlungenen Kieswege entlang, und ich schnuppere voller Genuss an jedem Baum, der am Wegesrand steht. Herrlich! Hier sind schon wichtige Hunde vorbeigekommen, ich rieche es genau. Und Dank meines Trainings im Garten kann ich nun gekonnt meine Duftmarke hinzuf?gen. Was ich auch ausgiebigst tue. Carolin und Daniel schlendern n?mlich eher, als dass sie wirklich bestimmt gehen, ich habe also genug Zeit f?r die wichtigen Dinge im Dackelleben.
Nun allerdings werden sie selbst f?r meinen Geschmack zu langsam. Wahrscheinlich, weil sie so in ihr Gespr?ch vertieft sind. Nervig. St?ndig m?ssen Menschen reden. Ich zerre ein bisschen an der Leine. He, weitergehen! Hier habe ich nun schon jeden Strauch angepinkelt!
Aber Carolin und Daniel beachten mich gar nicht. Stattdessen steuern sie die n?chste Parkbank an und setzen sich. Tja, von wegen:Ich habe Herkules so vernachl?ssigt und muss das dringend ?ndern… so wird das nichts! Aber dann k?nnte mir Carolin wenigstens mal die Leine abmachen, dann gehe ich eben allein ein bisschen weiterschn?ffeln. Ich springe also zu den beiden hoch auf die Bank und lege meinen Kopf auf Carolins Schoss.
Hm, bilde ich mir das ein, oder liegt schon wieder diese seltsame Spannung in der Luft? Daniel scheint nerv?s zu sein, und auch Carolin riecht aufgeregt. Verwunderlich w?re es nicht, denn wenn ich so lange nicht draussen gewesen w?re wie die beiden, k?nnte ich mich kaum halten vor Unruhe. Irgendwie sind Menschen eben doch grosse Tiere. Sie wollen es nur nicht wahrhaben. Ich schn?ffele nach Carolins H?nden und will sie ein bisschen abschlecken. Vielleicht wirkt das beruhigend auf sie.
Bevor ich aber mit meiner Zunge einmal?ber Carolins Handr?cken schlabbern kann, landet ?berraschend Daniels Hand auf meiner Nase. He - was soll das? Bei meiner Nase kenne ich keinen Spass, da bin ich echt empfindlich. Ich knurre kurz, Daniel zieht seine Hand blitzschnell zur?ck. Offensichtlich habe ich ihn erschreckt. Er mich aber auch. Was will er denn mit meiner Nase? Ich blinzele hoch zu ihm, aber er tut so, als w?re nichts geschehen. Seltsam. Ein paar Minuten ist es jetzt ganz still, weder Carolin noch Daniel sagen ein Wort. Eigentlich sehr sch?n. Dann r?uspert sich Daniel.
»Sag mal, was h?ltst du davon, wenn wir diese Woche mal etwas zusammen machen?«
Was redet der Mann da bloss f?r einen Unsinn? Die beiden machen doch jeden Tag etwas zusammen. Carolin sieht das offensichtlich genauso. Sie kichert.
»Und an was hattest du da so gedacht? An ein Cello oder eine Violine?«
»Ha, ha, sehr komisch.«
»Komm, kleine Revanche f?r deinen Cognac-Spruch von neulich.«
»Okay, dann sind wir jetzt quitt.« Weder Schweigen.
»Kochen«, sagt Carolin dann, »wir k?nnten doch zusammen etwas kochen. So wie fr?her in unserer WG in Mittenwald. Das haben wir schon ewig nicht mehr gemacht, und es war immer sehr lustig.«