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Sie l?chelt Daniel an. Es ist genau dieses L?cheln, das mir schon im Tierheim aufgefallen ist. Unverwechselbar und wundersch?n. Mit einem Mal ist es viel w?rmer auf unserer Bank. Herrlich! Ich kuschle mich eng an Carolin und geniesse den Moment.

Diesmal sehe ich Daniels Hand rechtzeitig, bevor sie auf meiner Nase landen kann, und ducke mich weg. Der spinnt ja wohl! Wobei - offensichtlich hat er gar nicht mich im Visier, sondern Carolin. Denn?ber meinen R?cken hinweg greift er jetzt nach ihrer Hand und zieht sie zu sich her?ber. Carolin guckt erstaunt, zieht ihre Hand aber nicht zur?ck. Was hat das schon wieder zu bedeuten? Wann h?lt ein Mann die Hand einer Frau? Schade, dass Beck nicht hier ist, der weiss das bestimmt. Ich beschliesse, dass es eigentlich nur ein gutes Zeichen sein kann - so sparsam, wie Menschen sonst mit K?rperkontakt sind. Ich bin gespannt, was nun passiert.

»Hey, Sie!«, poltert in diesem Moment eine laute Stimme unfreundlich los.

Carolin und Daniel zucken zusammen, er l?sst ihre Hand wieder los.

»Ja, genau Sie meine ich!«, bellt die Stimme weiter.

Jetzt ist auch der Besitzer der unfreundlichen Stimme zu sehen: Er steht direkt vor unserer Bank. Ich belle kurz - merkt der Typ nicht, dass er gerade extrem st?rt? Aber er bleibt wie angewurzelt stehen und starrt Carolin und Daniel an. Oder starrt er doch eher mich an? Eine b?se Vorahnung steigt in mir hoch.

»Entschuldigen Sie, dass ich Sie hier so angehe. Holger Diekamp mein Name. Aber der Hund, den Sie da auf dem Schoss haben, der hat sich hier gestern ausgesprochen seltsam benommen - ich f?rchte, er hat irgendeine b?sartige Krankheit. Offen gestanden halte ich selbst Tollwut nicht f?r ausgeschlossen, auch wenn die Polizei das gestern anders beurteilt hat.«

»Die Polizei?«, echoen Carolin und Daniel wie aus einem Mund.

»Ja, ich habe nat?rlich gleich die Polizei informiert. Aber bevor die kommen konnten, war der Hund schon verschwunden. Gemeinsam mit dem dicken Kater, der die ganze Zeit dabei war. Ich war aber alarmiert und habe mir dann vorgenommen, weiter nach dem Hund Ausschau zu halten. Schliesslich ist die Tollwut eine t?dliche Krankheit. Gut, das werden Sie vielleicht f?r ?bertriebene Sorge halten, aber der kleine Kerl da wand sich in Kr?mpfen und hatte Schaum vor dem Mund. Ausserdem erschien er mir anh?nglich bis distanzlos - alles ganz typische Zeichen. Waren Sie mit dem Tier in letzter Zeit vielleicht in Nordafrika?«

Ich merke, dass ich vor Schreck langsam ganz starr werde - was, wenn ich jetzt doch noch zur Polizei muss? Und die mich dann wirklich einschl?fern wollen? O nein, und alles nur wegen unseres bl?dsinnigen Plans! Ich versuche, mich so klein wie m?glich zu machen und dr?cke mich ganz fest zwischen Daniel und Carolin. Dicht gekauert an Daniels Hosenbein merke ich, wie dieser anf?ngt zu zittern. Wie furchtbar! Offenbar hat er grosse Angst vor mir - mein Schicksal ist besiegelt, gleich werden mich die beiden an die Polizei ausliefern. Ich senke meine Schnauze und beginne zu jaulen.

»Tollwut!«, st?sst Daniel gepresst aus und zittert noch st?rker. »Das ist ja der gr?sste Unsinn, den ich jemals geh?rt habe.«

Uff! Daniel schlottert nicht vor Angst, sondern er sch?ttelt sich vor Lachen! Vor Erleichterung springe ich spontan auf seinen Schoss und schlecke ihm ?bers Gesicht.

»Hoppla, Herkules! Sie sehen, Herr Diekamp - dieses kleine Kerlchen ist ganz munter. Was auch immer er gestern hatte, Tollwut war es bestimmt nicht. Vielleicht haben Sie ihn auch mit einem anderen Hund verwechselt.«

Diekamp schaut mich b?se an.

»Nein, eine Verwechslung war das mit Sicherheit nicht. Aber wenn Sie mit Ihrer Sorglosigkeit auch Ihre eigene Gesundheit gef?hrden wollen, bitte sehr!« Diekamp gibt noch ein w?tendes Schnauben von sich, dann macht er auf dem Absatz kehrt und l?uft Richtung Parkausgang.

Daniel sch?ttelt den Kopf. »Also wirklich, es sind doch ganz sch?ne Spinner unterwegs. Tollwut - so ein Schwachsinn.«

»Hm, ein bisschen Sorgen mache ich mir aber langsam schon.«

»Sorgen? Warum? Herkules ist mit Sicherheit pumperlgesund. Sieh ihn dir einfach an. Dem fehlt nichts.«

»Ja, aber erinnerst du dich noch an letzte Woche? Der Penner? Der hat doch auch gesagt, dass Herkules sich so seltsam aufgef?hrt hat. Vielleicht ist er ja doch krank.«

Carolins Stimme klingt ganz beunruhigt. Mist - was habe ich da bloss angezettelt!

»Ich meine, Kr?mpfe, Schaum vor dem Mund - ich habe mal irgendwo gelesen, dass Hunde auch epileptische Anf?lle haben k?nnen. Und wenn man das weiss, kann man es auch behandeln, genau wie beim Menschen.«

Daniel seufzt.»Also gut, dann lass uns doch eben bei deinem Tierarzt vorbeischauen, wenn du dich dann besser f?hlst. Ist von hier aus bei dem sch?nen Wetter auch ein netter Spaziergang - also so oder so eine gute Idee.«

Carolin nickt.»Ja, ich rufe gleich bei Dr. Wagner an.«

»Schon mal etwas Beruhigendes vorweg, Frau Neumann: Auf den ersten Blick ist Herkules in ausgezeichneter Verfassung. Klare Augen, eine kalte Nase, gute K?rperspannung - also einen Infekt w?rde ich ausschliessen wollen.«

Ich hocke mal wieder auf dem kalten Metalltisch des Wagner’schen Untersuchungszimmers und lasse Wagner gottergeben an mir herumhantieren. Ich f?hle mich so mickrig, dass ich nicht mal die Gelegenheit nutze, Dr. Wagner auf seine blauen Augen zu ?berpr?fen. Aber was soll ich sagen? Ich bin selbst schuld. Gerecht w?re es nat?rlich, wenn auch Herr Beck hier seine Portion abkriegen w?rde, aber so ist die Welt nun einmal nicht. Wagner streicht mir ?ber den Kopf, dann dreht er sich wieder zu Carolin und Daniel, die neben dem Tisch stehen und das ganze Procedere aufmerksam beobachten.

»Was die Epilepsie anbelangt: Also tats?chlich gibt es das bei Hunden. Sie ist leider gar nicht so leicht zu diagnostizieren. Allerdings wird sie h?ufig vererbt. Wissen Sie, ob es in der Familie von Herkules F?lle von Epilepsie gibt?«

Carolin zuckt mit den Schultern.»Nein, tut mir leid. Ich habe Herkules aus dem Tierheim geholt. Ich weiss eigentlich gar nichts ?ber seine Familie, aber er soll von einem sehr gewissenhaften Z?chter stammen. Er ist halt nicht reinrassig, deswegen hat man ihn abgegeben.«

Dr. Wagner betrachtet mich nachdenklich.»Hm, gewissenhafter Z?chter … also, ich hatte gleich das Gef?hl, dass ich Herkules schon einmal irgendwo gesehen habe. Muss ja eine Dackelzucht gewesen sein - und die kenne ich fast alle. Vielleicht beim alten von Eschersbach?«

VON ESCHERSBACH!!! Allein die blosse Erw?hnung dieses Namens haut mich fast vom Tisch. Ich springe auf und belle laut los. Genau! Ich bin es! Ein echter von Eschersbach! Und was f?r einer!

»Hoppla!«, ruft Wagner, w?hrend er mich sanft wieder in die Mitte des Tisches schiebt. »Da freut sich aber einer! Den Namen kennst du offenbar gut, mein Kleiner. Ich w?rde mal sagen: Bingo!«

Welche Rolle Bingo in diesem Zusammenhang spielt, ist mir v?llig unklar, aber zum ersten Mal seit unserer ersten Begegnung ist mir Dr. Wagner fast sympathisch. Endlich ein Mensch, der meine wahre Herkunft erkennt.

»Die von Eschersbach’sche Zucht hat schon mein Vater betreut. Ich selbst war allerdings erst ein paar Mal da, die Hunde sind ja Gott sei Dank sehr gesund. Aber ich kann von Eschersbach fragen, ob er schon jemals ein Problem mit Epilepsie bei seinen Hunden hatte. Die Diagnostik ist n?mlich zum Teil sehr aufwendig und teuer, da sollten wir schon einen etwas handfesteren Verdacht haben. Vielleicht haben die Kr?mpfe ja eine ganz andere Ursache. Schildern Sie mir doch bitte m?glichst genau, wie so ein Anfall abl?uft.«

»Na ja, so genau kann ich das gar nicht sagen. Ich war selbst n?mlich noch nie dabei.«

»Hm.« Dr. Wagner blickt fragend zu Daniel.

Der sch?ttelt den Kopf. »Ich leider auch nicht.«

»Aber woher wissen Sie dann, dass Herkules Krampfanf?lle hat?«

»Es klingt jetzt wahrscheinlich ein bisschen seltsam, aber wir sind in den vergangenen f?nf Tagen nun schon zweimal von Leuten auf diese Anf?lle angesprochen worden. Das erste Mal brachte jemand Herkules vom Park zu uns nach Hause und berichtete uns davon. Na, und heute war es wieder das Gleiche: Ein Herr sprach uns im Park an und sagte, Herkules habe sich gestern vor ihm in Kr?mpfen gewunden und gejault, ausserdem habe er Schaum vor der Schnauze gehabt. Der Herr f?rchtete sogar, es k?nne Tollwut sein, weil Herkules auf einmal so anh?nglich bei ihm war.«