Daniel ringt sich ein L?cheln ab. »Angesichts der Tatsache, dass ich im Gegensatz zu dir einer Einladung folge, ein sehr grossz?giges Angebot.«
»Bitte sehr.«
Nina strahlt Daniel an. Offenbar ist sie nicht dazu zu bewegen, Leine zu ziehen.»Was kochen wir denn?«
Sie geht Richtung K?che, Carolin guckt Daniel an und zuckt mit den Schultern. Dann folgen beide Nina. Vor dem K?hlschrank angekommen, bleiben die drei stehen.
»Ich habe alles f?r ein Coq au vin vorbereitet. Wir m?ssten nur noch gemeinsam Kartoffeln schnippeln, w?hrend das H?hnchen im Ofen brutzelt. Also dann setzt euch mal, ich gebe euch Sch?lmesser.«
Carolin, du bist echt zu gut f?r diese Welt. So werden wir Nina nie los. Und du und Daniel nie ein Paar. Und ich nie der Super-ich-habs-schon-immer-gewusst-Dackel.
Es kommt wie bef?rchtet: Nach einer halben Stunde ist Nina immer noch da. Kein Wunder, verstr?mt das H?hnchen mittlerweile einen ziemlich verf?hrerischen Duft. Da will sie nat?rlich einen Bissen von abhaben, und ich kann es ihr nicht einmal verdenken. Auch ich spekuliere schon auf einen kleinen Happen. Um meine Ausgangsposition zu verbessern, schl?pfe ich neben Carolin, die mittlerweile auf der K?chenbank sitzt, lege meinen Kopf auf ihren Schoss und gucke sie so herzerweichend wie nur m?glich an. Leider mit m?ssigem Erfolg, denn Carolin, Nina und Daniel sind so in ihr Gespr?ch vertieft, dass sie mich gar nicht bemerken.
»So, und Dr. Wagner ist nun also doch nicht der Traumtyp?«
Wie kann man sich nur st?ndig ?ber einen Tierarzt unterhalten? Und dann mit dieser Diagnose? Mit Verlaub, die stand doch wohl schon vorher fest. Tja, Nina, h?ttest du mich mal gefragt, ich h?tte es dir gleich gesagt. Nina schenkt sich noch ein Glas ein.
»Wir waren jetzt schon dreimal verabredet. Es ist auch jedes Mal nett und witzig - aber ansonsten passiert gar nichts. Und heute war es noch nicht einmal besonders nett, weil unser Strandausflug leider von mehreren Grossfamilien mit ihren ungezogenen G?ren boykottiert wurde. Nervig, das.«
»Mensch, und das, wo du doch eine bekennende Kinderfreundin bist. Dann muss es ja wirklich schlimm gewesen sein.«
T?usche ich mich, oder macht sich Daniel ?ber Nina lustig. Wird wohl so sein, die reagiert n?mlich sehr gereizt.
»Na und? Es tr?umt eben nicht jeder von einer Kinderschar. Nur, weil ich eine Frau bin, muss ich nicht Mutter sein wollen.«
Daniel hebt beschwichtigend die H?nde. »Ist ja gut. Dann eben keine Kinder. Muss ja nicht.«
»Na, jedenfalls passiert bei Marc und mir absolut nichts. Und so hat’s ja keinen Sinn. Ich suche schliesslich keinen Kumpel, sondern einen Lover. Vielleicht ist Marc ja schwul?«
Schwul? Was mag das sein? Ein anderes Wort f?r sch?chtern?
Daniel grinst.»Nicht jeder Mann, der nichts mit dir anfangen will, muss automatisch schwul sein. Sieh mich an, ich bin der lebende Beweis.«
Nina guckt ihn b?se an. Hm, es muss irgendetwas anderes bedeuten als sch?chtern.
»Vielen Dank auch f?r die Blumen. Und keine Sorge, ich werde mich dir nicht unsittlich n?hern.«
»Gut, dann w?re das ja gekl?rt«, ruft Carolin betont fr?hlich. »Ich schlage vor, wir essen jetzt mal was.«
Eine ganz ausgezeichnete Idee. Schnell setze ich wieder meinen treusten Dackelblick auf. Und diesmal reagiert Carolin.
»Sch?tze, Herkules h?tte auch gerne einen kleinen Appetizer. Wenn ich gewusst h?tte, dass wir zu viert sind, h?tte ich mehr gekauft.«
»Na h?r mal, du willst mich jetzt nicht mit einem Hund gleichsetzen, oder? Ausserdem hat mir niemand gesagt, dass heute Abend ein Kochevent stattfindet. Sonst h?tte ich mich ordnungsgem?ss angemeldet. Oder …«, Nina stockt einen kurzen Moment, »oder wolltet ihr allein sein?«
Richtig geraten!,m?chte ich rufen, aber weder Carolin noch Daniel entgegnen hierauf etwas. Stattdessen holt Carolin den Br?ter aus dem Backofen. Eine warme Wolke H?hnchentraum schwebt zu mir her?ber. Hm, lecker! Ich schlecke mit der Zunge einmal um meine Lefzen herum. Nina sieht das und guckt mich nachdenklich an.
»Sag mal, Coq au vin - ist das wohl das Richtige f?r einen Hund? Immerhin ist da Alkohol drin.«
Na, das ist wohl das Letzte! Sich erst selbst einladen und mir dann meine Pordon streitig machen. Frechheit! Ich knurre sie an.
»He, ist ja schon gut! Ich m?chte nur nicht, dass du morgen einen Kater hast.«
In welchem Zusammenhang steht denn Herr Beck nun wieder mit dem H?hnchen? Ich sag mal, wie es ist: F?r meinen Geschmack wird heute Abend entschieden zu viel geredet. Und das ist alles Ninas Schuld. Dabei sah alles so gut aus - ohne die dumme Kuh h?tte Daniel bestimmt wieder nach Carolins Hand gegriffen, vielleicht h?tten sich die beiden sogar schon gek?sst. Ich beschliesse, in den weiteren Verlauf des Abends einzugreifen. Aber erst, nachdem ich endlich auch etwas zu fressen bekommen habe!
Daniel, der alte Hundefreund, bereitet tats?chlich einen kleinen Teller f?r mich vor. Feinstes H?hnerfleisch, ohne Knochen, ohne Sehnen. Es riecht himmlisch, aber auch ein wenig ungewohnt. Das liegt bestimmt an der roten Fl?ssigkeit, die Carolin nicht nur in die andere Flasche, sondern auch reichlich in den Br?ter gegossen hat.Ob das der Alkohol ist? Und warum soll der sch?dlich sein? Oder ist das genau das Zeug, das Carolin ins Krankenhaus bef?rdert hat? Ach, egal, Appetitt siegt ?ber Misstrauen, und nach dem ersten Bissen bin ich wie verzaubert, so grandios schmeckt es. Ich muss mich sehr beherrschen, nicht einfach alles in mich hineinzuschlingen. Nach f?nf Happen ist der Traum leider vorbei, ordentlich lecke ich meinen Teller ab, um nur ja keinen Tropfen der k?stlichen Sauce zu vergeuden.
Den anderen schmeckt es leider genauso gut, ein Nachschlag ist also illusorisch. Macht aber nichts, denn nun startet die AktionFreiheit f?r Carolin und Daniel.Ich flitze aus der K?che zur Garderobe und schnappe mir meine Leine. Mit dieser im Maul renne ich zur?ck und mache direkt vor Nina M?nnchen. Sie guckt mich erstaunt an.
»Willst du etwa mit mir Gassi gehen?«
Aber nat?rlich! Zur Best?tigung h?pfe ich auf und ab.
»Och n?, ich sitze hier gerade so sch?n. Frag doch lieber dein Frauchen - oder noch besser, frag doch mal den Onkel Daniel.« Sie grinst Daniel an.
»Verstehe, ihr wollt noch ein bisschen Hardcore-Frauengespr?che f?hren. Na komm, Herkules, dann drehen wir eine Runde um den Block.«
Nein! Auf keinen Fall! Das ist doch das genaue Gegenteil von dem, was ich wollte! Schnell lasse ich die Leine fallen und renne aus der K?che. Leider deutet Daniel dies v?llig falsch und kommt mit der Leine hinter mir her Richtung Wohnungst?r. Ich knurre kurz, aber es hilft nichts: Daniel zieht sich seine Jacke ?ber, dann leint er mich an und zwei Minuten sp?ter stehen wir auf dem B?rgersteig vor dem Haus. Wortlos marschieren wir los. Als wir im Park ankommen, r?uspert sich Daniel.
»Wahrscheinlich ist es komisch, sich ausgerechnet mit einem Hund dar?ber zu unterhalten - aber du bist momentan der einzige Mann in der N?he, und ich muss dringend meinen Frust loswerden. Denn wenn ich ehrlich bin, habe ich mir den heutigen Abend etwas anders vorgestellt. Romantischer. Inniger. Und vor allem: zweisamer. Was in aller Welt hatte Nina denn bei unserer Verabredung zu suchen? Kannst du mir das mal erz?hlen, Herkules?«
Ich sch?ttle den Kopf und hoffe, dass Daniel diese Meisterleistung an Kommunikation Hund - Mensch erkennt.
»Ach, ich weiss auch nicht - ich dachte, irgendwie sei da mittlerweile mehr zwischen Carolin und mir. Aber offensichtlich war sie heute Abend ganz froh ?ber Ninas Spontanbesuch.«
Ich belle kurz.
»Oder nicht? Aber warum hat sie dann nichts gesagt?«
Betr?bt lasse ich die Ohren h?ngen. Das, mein lieber Daniel, weiss ich ehrlich gesagt auch nicht. Ich finde auch, dass sie Nina h?tte vor die T?r setzen k?nnen. Schweigend laufen wir nebeneinander her.
»Aber es ist wahrscheinlich meine eigene Schuld. Ich muss deutlicher zeigen, dass Carolin f?r mich mehr als nur eine Kollegin und Freundin ist. Sonst wird sie mich ewig nur f?r den netten Kumpel Daniel halten. Ich muss endlich handeln.«
Eine gute Idee! Ich w?re jedenfalls schwer daf?r und springe deswegen kurz an Daniels Bein hoch.