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Ich seufze innerlich und lege den Kopf auf meine Vorderl?ufe. W?hrend die Stimmen von Carolin und Wagner zu einem leichten Hintergrundrauschen verschwimmen, ?berlege ich, wie ich die Sache mit Daniel dingfest machen kann. K?nnte ich die beiden irgendwie in eine Art Hinterhalt locken, so dass sie endlich einmal allein sind? Dann ergibt sich der Rest vielleicht von selbst. Aber wie?

Ich muss dringend wieder mit Herrn Beck konferieren. Katzen sind ja als Meisterstrategen bekannt, und er hat bestimmt eine Idee, wie das gehen k?nnte. Es ist schon tragisch - erst neulich waren die beiden so nah dran! Wenn Nina nicht gekommen w?re, k?nnten sie schon l?ngst ein Paar sein. Aber seit diesem Abend haben sich Daniel und Carolin kaum gesehen, nur kurz in der Werkstatt, und fast immer waren irgendwelche Kunden dabei. So wird das nat?rlich nichts. Denn eine Sache habe ich mittlerweile gelernt, auch ohne Unterricht von Herrn Beck: Was die Paarung anbelangt, scheinen Menschen eine wirklich scheue Gattung zu sein. Jedenfalls verfl?chtigt sich diese prickelnde Spannung zwischen Daniel und Carolin sofort, wenn andere Menschen dazukommen. Im Park habe ich die gleiche Beobachtung gemacht: Die P?rchen, die sich k?ssen, stehen meist ein wenig abseits oder sitzen auf einer Bank, auf der sonst niemand ist. In Autos k?ssen sich Menschen gerne, im Supermarkt fast nie. Im Fr?hst?ckscafe, in dem Carolin und Nina sich oft treffen und das immer bis auf den letzten Platz voll ist: Fehlanzeige in puncto knutschende Paare. Vielleicht mal ein K?sschen hier oder da, aber definitiv nichts, was nach echter Paarung aussieht, so wie Beck und ich es damals bei Thomas und der anderen Frau beobachtethaben. Da sind wir Hunde schon deutlich forscher. Ein Dackelr?de, der auf der anderen Strassenseite seine Herzensdame entdeckt, wird sich jedenfalls durch ein paar Spazierg?nger von nichts abhalten lassen. Seltsam eigentlich. Schliesslich neigt der Mensch an sich nicht gerade zur Sch?chternheit.

Mittlerweile sind Carolin und Wagner tats?chlich beim Thema Arbeit angelangt. Ich sag’s ja: So langsam habe ich doch schon ein bisschen Ahnung von den Zweibeinern. Wagner jedenfalls erm?det Carolin gerade mit einer detailverliebten Schilderung seines beruflichen Werdegangs:

»Und da war mir klar, dass ich doch lieber Tierarzt werden will. Also habe ich noch von Human-zu Veterin?rmedizin gewechselt. Obwohl ich mir eigentlich geschworen hatte, niemals dasselbe zu machen wie mein Vater. Tja, und jetzt habe ich sogar seine Praxis ?bernommen und wohne, genau wie er damals, im gleichen Haus. Am Anfang war das schon ein seltsames Gef?hl, aber mittlerweile kann ich sagen, dass es die beste Entscheidung meines Lebens war. Mein Beruf macht mich gl?cklich.«

Und, wen interessiert’s? Mich jedenfalls nicht. Hoffentlich komplimentiert Carolin diesen aufgeblasenen Langweiler gleich hinaus. Gut, ich muss zugeben, dass ich an seiner Anwesenheit nicht ganz unschuldig bin, aber der wesentliche Zweck von Wagners Besuch ist nun erf?llt: Jens ist f?r diesen Abend erst mal verhindert, Wagner also mehr als ?berfl?ssig. Der soll schnell sein Glas austrinken und dann husch ins K?rbchen. Also, im ?bertragenen Sinne. Bestimmt ?berlegt Carolin auch schon, wie sie ihn m?glichst elegant aus der Wohnung bekommt.

»Das finde ich toll, dass du deiner inneren Stimme gefolgt bist. Das sollte man ?berhaupt viel ?fter machen. Apropos ?fter - noch ein Glas Wein?«

Da habe ich mich doch wohl verh?rt - noch mehr Wein? Aber anscheinend geht Wagner Carolin nicht ganz so auf die Nerven wie mir. Mit reiner H?flichkeit ist das jedenfalls nicht mehr zu erkl?ren. Findet sie seine Geschichten etwa spannend?

Carolin f?llt wieder beide Gl?ser, dann setzt sie sich neben Wagner. »Ich wohne auch ?ber meiner Werkstatt. Nina meint immer, sie w?rde es nerven, wenn sie unter einem Dach wohnen und arbeiten w?rde, aber ich finde es ideal.«

Wagner nickt.»Ja, geht mir genauso. Wie bist du denn auf die Idee mit der Werkstatt gekommen? Ist ja nicht gerade ein Beruf wie jeder andere. Oder liegt das bei dir auch in der Familie?«

Carolin sch?ttelt den Kopf. »Nein, ganz und gar nicht. Mein Vater ist Anwalt, meine Mutter Hausfrau. Aber ich wusste schon als Sch?lerin, dass ich Geigenbauerin werden will. Weisst du - ich liebe Musik, habe selbst viel Geige gespielt, und ich wollte etwas Handwerkliches machen. Dann habe ich ein Praktikum in einer Geigenbauwerkstatt gemacht und gemerkt: Das ist es!«

Carolin strahlt regelrecht, Wagner mustert sie. Ach was, er guckt sie an wie der Fuchs die Gans! Der wird doch wohl nicht auf die Idee kommen, sich hier an meine, respektive Daniels Carolin ranzumachen?

Er r?uspert sich. »Da kommt mir eine Idee. H?ttest du Lust, mit mir n?chste Woche in ein Konzert zu gehen? Ich habe zwei Karten f?r die Musikhalle und noch keine Begleitung.«

Carolin z?gert. Klar, ist ja nicht einfach, dem Retter ihres Hundes hier gleich mal eine klare Abfuhr zu erteilen. »Also, ich, ?h …«

Nun schon raus damit, Carolin! Wird Zeit, dass wir den Kerl loswerden.»Furchtbar gern!«

SIEBZEHN

»Junge, du kannst es nicht ?bers Knie brechen. Vergiss es.«

Okay, Zustimmung klingt anders. Aber so schnell lasse ich mich nicht entmutigen. Ich w?re schliesslich nicht Carl-Leopold von Eschersbach, wenn mich der fade Einwand eines gealterten Katers gleich aus dem Konzept bringen w?rde. Wir sitzen wieder auf unserer Lieblingsstelle unter dem Baum, und ich habe Beck eben ein kurzes Update der Irrungen und Wirrungen der letzten drei Tage in Sachen Carolin und die M?nner gegeben.

»Glaub mir, Herr Beck, da geht was! Du hast die beiden nicht gesehen - immerhin hat Daniel sie gek?sst. Das muss doch etwas bedeuten.«

»Ja. Das bedeutet, dass Daniel in Carolin verliebt ist. Was nicht zwangsl?ufig heisst, sie auch in ihn. Sonst h?tte sie ihn gek?sst, und nicht umgekehrt.«

Langsam beginne ich, mich richtig?ber Beck zu ?rgern. »Das ist nun wirklich Wortklauberei - was macht es schon f?r einen Unterschied, ob er sie k?sst oder sie ihn. Das ist doch das Gleiche - sie haben eben einander gek?sst.«

»Da merkt man, dass du keine Ahnung hast. Es ist ein RIESEN-Unterschied. Ich sag dir was: Daniel ist ein ganz armes Schwein. Schmachtet Carolin die ganze Zeit aus der Ferne an, aber wenn es z?hlt, dann kommt ihm sogar Nina in die Quere.«

»Das war nun wirklich Pech. Daf?r konnte er nichts. Und deswegen m?ssen wir ihm helfen - er braucht einfach noch eine Chance, eine Gelegenheit, mit Carolin allein zu sein.«

»O Mann, kapier es doch mal, Herkules: Ein Typ, der auf einen fetten Kater und eine kurzbeinige Promenadenmischung angewiesen ist, um eine Frau klarzumachen, der ist ein hoffnungsloser Fall. Ein Verlierer. Eine Null. Das habe ich dir ja gleich gesagt.«

Ich sp?re, wie Wut in mir aufsteigt. Meine Stimme klingt ganz heiser, als ich Beck anfahre: »Das nimmst du sofort zur?ck! Sofort! Sonst bist du die l?ngste Zeit mein Freund gewesen!«

»Gott, ja, tut mir leid. Ich entschuldige mich hiermit f?r die Promenadenmischung.«