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Jetzt sagt Nina gar nichts mehr, sondern setzt sich wieder auf ihren Stuhl. Carolin macht das Gleiche, die beiden Frauen starren sich an. Herr Beck und ich sitzen nebeneinander und warten gespannt, was nun passieren wird. Schliesslich r?uspert sich Nina.

»Es tut mir leid, Carolin. Du hast wahrscheinlich Recht. Unsinn – du hast Recht! Marc ist wirklich ein rotes Tuch f?r mich, und die Tatsache, dass ihr ein Paar seid und jetzt sogar zusammenwohnt, ist schwer zu verdauen. Aber du bist meine beste Freundin, und ich bem?he mich wirklich, dir dein Gl?ck zu g?nnen. Meist klappt das gut, manchmal leider nicht. Tja, und gestern Abend war wohl so ein Fall vonmanchmal. Nimmst du eine Entschuldigung an?«

Carolin nickt.

»Ich kann verstehen, dass die Situation f?r dich nicht einfach ist. Aber ich hoffe trotzdem, dass du und Marc euch zusammenraufen k?nnt. Ihr seid mir beide wichtig, es w?re schlimm, wenn ihr euch dauerhaft nicht versteht. Also, als Wiedergutmachung w?nsche ich mir, dass du es nochmal im Guten mit ihm versuchst.«

Nina hebt die rechte Hand.

»Versprochen! Aber was wolltest du mir denn erz?hlen?«

»Sabine war heute Vormittag in der Praxis. Sie hat sich sehr abf?llig ?ber mich ge?ussert, hat Marc angegraben und entschwand mit einem K?sschen f?r ihn, obwohl ich direkt daneben stand. Jetzt erscheint mir ihr Auftritt allerdings in einem anderen Licht. Genau genommen hat sie sich ja eher abf?llig ?ber dich ge?ussert.« Carolin muss grinsen, und nun f?ngt auch Nina an zu kichern. Gott sei Dank – alles wieder gut zwischen den Damen!

»Sie sagte, ich – also du – sei eine Frau ohne Format.« Beide prusten laut los.

»Hat sie gedacht, du seist die Sprechstundenhilfe?«

»Offensichtlich. So muss es wohl gewesen sein. Der arme Marc.«

»Wieso?«

»Ich habe ihn anschliessend ganz sch?n zusammengefaltet. Weil ich mich nat?rlich gefragt habe, was in aller Welt er Sabine ?ber mich erz?hlt hat. Und weil er auch nicht sofort zu meiner Verteidigung geschritten ist. Na ja, er war nat?rlich von ihrem Auftritt ebenso ?berrascht wie ich, aber in meiner Wut hat mich das ?berhaupt nicht interessiert. Vielleicht war ich doch ein bisschen ungerecht zu ihm.«

»Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.«

Carolin rollt mit den Augen.

»Was soll das denn nun wieder heissen? Du hast doch gerade versprochen, nicht mehr zu sticheln. Und genau genommen geht ein Teil dieses Streits auch auf dein Konto. Wenn du dich nicht als meine Wenigkeit ausgegeben h?ttest, w?re es zu der Szene heute gar nicht erst gekommen.«

»Ja doch, du hast ja Recht. Allerdings darf ich wohl schon sagen, wenn ich finde, dass der gute Marc sich etwas ungeschickt verh?lt. Sabine war n?mlich deswegen so spontan bei euch, weil sie sich mit Marc gestritten hat und nun in Ruhe mit ihm reden wollte. Und sie haben sich gestritten, weil Marc ihr ?berhaupt nicht erz?hlt hat, dass du bei ihm eingezogen bist. Sie hat es erst von Luisa erfahren. Was sie als Mutter nat?rlich ziemlich genervt hat. Schliesslich will man doch wissen, mit wem das eigene Kind zusammenlebt. Das habe selbst ich als bekennende Nicht-Mutter verstanden.«

Gut, ich als bekennender Fast-Dackel verstehe es nach wie vor nicht so ganz, aber Carolin sieht so aus, als w?sste sie genau, wovon Nina spricht. Herr Beck hingegen scheint sich M?he zu geben, seine Ohren h?ngen zu lassen – was ihm als Kater nat?rlich nicht gelingen kann.

»Irgendwann werden mich die Menschen noch in den Wahnsinn treiben. Zu kompliziert, sie sind einfach zu kompliziert. Kein Wunder, dass ich gestern Abend eingeschlafen bin, bevor diese Sabine aufgekreuzt ist. Das war der reine Selbstschutz. Das h?lt doch kein Tier auf Dauer aus. Nur gut, dass Nina Single und kinderlos ist. Ich hoffe, das bleibt auf absehbare Zeit so. Ich meine, Luisa ist wirklich ganz zauberhaft – aber dieser ganze Stress? N?!« Er verdr?ckt sich wieder unter den Tisch.

»Jetzt verstehe ich auch, warum Marc in letzter Zeit so merkw?rdig reagiert hat, wenn ich ihn auf Luisa angesprochen habe. Wahrscheinlich hatte er da schon ?rger mit Sabine. «

»Sabine sagte jedenfalls, dass sie schon versucht h?tte, mit Marc dar?ber zu sprechen«, best?tigt Nina.

»M?nner!«, seufzt Carolin. »ImProbleme aussitzen sind sie ganz grosse Klasse. Sabine einfach nicht von dem Umzug zu erz?hlen – auf so eine Idee muss man doch erst mal kommen.«

Hm. Ich finde, die Idee liegt ziemlich nahe. Es h?tte ja auch gut gehen k?nnen, und dann w?ren es mit Sicherheit mindestens drei Problemgespr?che weniger gewesen. Aber ich bin ja auch ein Mann. Kein Wunder, dass ich so denke.

ZW?LF

Cherie sieht schon wieder deutlich munterer aus. Die Wunde?ber ihrem rechten Auge ist zwar noch ziemlich geschwollen, aber das macht nichts. Eine sch?ne Frau entstellt bekanntlich nichts.

Anscheinend hat sie sich mit Luisa angefreundet, w?hrend ich mit Carolin in der Werkstatt war. Jedenfalls sitzen die beiden ganz eintr?chtig nebeneinander in der K?che, als ich mit Carolin wieder nach Hause komme.

Marc steht am Herd und kocht irgendetwas, das definitiv nicht so riecht wie das leckere Geschnetzelte nach dem Rezept von Oma Burgel. Eher wie etwas, das g?nzlich ohne Fleisch zustande gekommen ist. Igitt!

Carolin stellt sich neben ihn und gibt ihm einen Kuss auf die Wange, er dreht sich zu ihr und erwidert den Kuss.

»Hallo, Schatz! Ich dachte, ich koche etwas Leckeres f?r uns. Spaghetti Puttanesca – wie in unserem Urlaub an der Amalfi-K?ste, weisst du noch?«

Ob Carolin das noch weiss, weiss wiederum ich nicht. Ich allerdings weiss es noch genau – denn ich durfte nicht mitkommen und habe vier lange Tage bei Nina gefristet, die bei Dauerregen einfach nicht mit mir spazieren gehen wollte. Immer nur kurz an den Baum vor ihrer damaligen Haust?r. Richtig ?tzend war das. Also h?rt mir auf mit der Amalfi-K?ste! Carolin l?chelt hingegen versonnen und k?sst Marc schon wieder.

»Ja, Amalfi. Wie k?nnte ich das vergessen?«

»Bist noch b?se auf mich?«

»Nein. B?se bin ich nicht mehr. Aber ein paar Fragen habe ich schon.«

»So?«

»Ja. Aber lass uns sp?ter dr?ber reden.«

Cherie kommt zu mir gelaufen.»Hoppla! ?rger im Paradies?«, will sie wissen.

»Da fragst du jetzt den Falschen. Ich habe echt keine Ahnung, wor?ber die beiden sich streiten. Hat aber irgendwas mit seiner Exfrau zu tun.«

Cherie sch?ttelt bedauernd den Kopf. »Ja, ja, Exfrau, Exmann – ein schwieriges Thema. Ist bei meinem Frauchen auch so. Er hat sie mit einem Haufen Schulden sitzen lassen, und sie ist jetzt die Dumme.«

»Was sind denn Schulden?«

»So genau weiss ich das auch nicht, aber es hat mit Geld zu tun, und es verursacht eine Menge Probleme. Mein Frauchen ist deswegen jedenfalls immer ziemlich traurig. Irgendwie bedeutet es, dass man weniger als gar kein Geld hat und nicht mehr so leben kann, wie man eigentlich m?chte.«

»Ach so, verstehe.« Das klingt kl?ger, als es eigentlich ist. Denn ehrlicherweise verstehe ich nicht so recht, was Cherie meint. Ich dachte immer, Menschen leben auf alle F?lle so, wie sie m?chten. Sie k?nnen es sich selbst aussuchen. ?ber sie bestimmt doch niemand. Bei uns Haustieren hat letztendlich immer der Mensch das letzte Wort. Wie kann es da sein, dass ein Mensch nicht so lebt, wie er m?chte? Wer hat denn dann das letzte Wort? R?tselhaft, das.

»Wie geht es denn unserer Patientin?«, will Carolin von Marc wissen.

»Ich glaube, sie hat alles gut ?berstanden. Wenn wir in einer Klinik w?ren, m?sste sie in der ?berwachungsbox bleiben, und irgendein armer Studierender der Veterin?rmedizin w?rde jede Stunde nach ihr gucken. Aber nachdem ich ja nur eine poplige Kleintierpraxis betreibe – wie meine Exfrau so zutreffend feststellte –, wird Cherie einfach die Nacht mit uns verbringen.«

»Herkules wird es dir danken. Ich habe den Eindruck, dass die beiden gewissermassen zarte Bande gekn?pft haben.«