Jetzt tritt Lena neben sie.»Du hast Recht, Luisa. Dein Hund ist wirklich ein Held. Es ist gut, dass er dabei war. Vielleicht bringst du ihn zum n?chsten Treffen vom Tussi-Club mal mit? Wir h?tten euch beide sehr gerne als Mitglieder.«
Luisa macht einen kleinen Freudensprung und dr?ckt mich noch fester. Dann fl?stert sie in mein Ohr: »Mein Heldendackel, vielen Dank f?r alles.«
Ich, ein Held? Und Mitglied in einem exklusiven Club? Ich sp?re, wie ich tats?chlich ein paar Zentimeter wachse. Und in diesem Moment kommt mir eine geniale Idee.
EINUNDZWANZIG
Stellen und verbellen? Und das ist dein toller Plan? Also, vielleicht bin ich etwas begriffsstutzig, aber ich kapiere echt nicht, was du meinst.«
Gut, ich kann und will Herrn Beck nicht vorwerfen, dass er keine Schutzhundausbildung hat. Aber dass er so wenig Phantasie aufbringt und sich nicht vorstellen kann, wie mich diese Strategie ans Ziel meiner Tr?ume bringt, ist schon ein wenig entt?uschend. Vielleicht liegt es aber auch an der grossen Hitze, die momentan herrscht. Selbst hier, im Schatten des grossen Baumes im Garten hinter der Werkstatt, ist es kaum auszuhalten. Das schl?gt mit Sicherheit aufs Hirn. Dann muss ich wohl ein wenig weiterausholen.
»Also: Ich habe es dir doch erkl?rt. Von dem Moment an, in dem ich die beiden B?sewichte gestellt und verbellt hatte, war ich f?r die M?dchen ein Held. Und: Ich wurde sofort in diesen exklusiven Club aufgenommen. Genauer gesagt wurde Luisa dort aufgenommen, aber das lag an mir. Was lehrt uns das? Wenn du ein Held bist, hast du bei einer Frau den Universalzugang: in ihren Club, in ihre Arme, in ihr Herz!«
»Ja, und? Das ist doch nun wirklich keine neue Erkenntnis. « Herr Beck guckt gelangweilt und streicht mit der Tatze an seinen Barthaaren entlang.
»Nat?rlich ist das eine neue Erkenntnis! Begreifst du denn nicht? Ich muss den B?sewicht stellen, dann habe ich eine Chance bei Cherie.«
»Welchen B?sewicht?«
»Sag mal, Herr Beck, hast du mir in den letzten Wochen eigentlich jemals richtig zugeh?rt? Ich habe dir doch alles haarklein erz?hlt. Von Cheries Unfall, dass der Typ mit dem Fahrrad einfach abgehauen ist, dass sie manchmal noch davon tr?umt und dass ihr Frauchen traurig ist, weil sie Marcs Rechnung nicht bezahlen konnte.«
»Stimmt. Das kommt mir jetzt irgendwie bekannt vor.«
»So, und dieser Fahrradfahrer ist mein Mann. Ich finde ihn, bringe ihn zur Strecke – und Cherie verliebt sich unsterblich in mich.«
Triumphierend schaue ich Herrn Beck an, aber in seinen Augen lese ich Zweifel.
»Also, mal ganz abgesehen davon, dass das nat?rlich ein Spitzenplan ist: Wie genau willst du denn den Typen finden? Wie du vielleicht schon bemerkt hast, ist der ein oder andere Fahrradfahrer hier in der Gegend unterwegs. Das stelle ich mir nun also gar nicht so leicht vor.«
»Hm. Dar?ber habe ich mir noch nicht so viele Gedanken gemacht. Aber am Wochenende auf Schloss Eschersbach war das jedenfalls ganz einfach.«
»Na ja, da sind die T?ter aber auch zum Tatort zur?ckgekehrt. So leicht wirst du es diesmal nicht haben.«
Stimmt. Der Kater hat Recht. In meiner Euphorie habe ich diesen Punkt nicht bedacht. Ich lasse die Ohren h?ngen.
»Aber m?glicherweise kann ich dir mit ein wenig meines neu erworbenen Wissens helfen. Um deinem Plan zum Erfolg zu verhelfen, brauchst du als Erstes ein T?terprofil.«
»Ein T?terprofil?«, echoe ich.
»Ja. Damit du weisst, nach wem du suchst, musst du m?glichst viel ?ber den Typen herausfinden. Zum Beispiel durch Spurensicherung vor Ort und Zeugenbefragung.«
»Woher hast du denn das jetzt? Ich denke, dein altes Herrchen war Anwalt, nicht Polizist. Und bei Frau Wiese hattest du damit doch auch nichts zu tun.«
Herr Beck nickt.»Deshalb sage ich doch auchneu erworbenes Wissen. Seitdem ich mit Nina zusammenlebe, habe ich schon jede Menge Fernsehen mit ihr geguckt. Ihre Lieblingssendungen sind dabei die sogenannten Krimis. Da f?ngt die Polizei mit sch?ner Regelm?ssigkeit Verbrecher, und dabei geht sie ungef?hr so vor, wie ich dir das gerade erkl?rt habe.«
»Ich weiss nicht. Nur weil du irgendwas im Fernsehen gesehen hast, muss das noch nicht so funktionieren. Immerhin wird Fernsehen f?r Menschen gemacht, nicht f?r Kater. Vielleicht hast du das auch falsch verstanden.«
»Wenn du eine bessere Idee hast, wie du den Kerl findest – bitte sehr, ich will mich nicht aufdr?ngen.«
»Entschuldigung. Du hast Recht. Ich habe auch keine bessere Idee. Zeugenbefragung – damit k?nnte ich doch beginnen. Wenn ich Cherie das n?chste Mal sehe, frage ich sie, ob ihr an dem Mann irgendetwas aufgefallen ist.«
»Genau. Mach das. Und sei gr?ndlich, noch das kleinste Detail kann …«
»Herkules! Komm mal rein!« Carolin hat die Terrassent?r ge?ffnet und ruft nach mir.
»Ich muss los, Kumpel. Bis demn?chst!«
»Ja. Und denk dran: Jedes Detail kann wichtig sein!«
Ich laufe zu Carolin und springe die Stufen zur Werkstatt hinunter.
»Da bist du ja schon. Braver Hund! Wir fahren kurz mit Nina zur Uniklinik. Ich habe versprochen, ihr mit dieser riesigen Kaffeemaschine zu helfen. Also komm!«
Typisch! Ich muss mit, und der Kater darf dableiben. Wieso meinen Menschen eigentlich immer, sie k?nnten einen Hund nicht allein im Garten lassen, eine Katze aber schon? Ich w?rde schon nicht abhauen. Gut, m?glicherweise w?rde ich kurz mal im Park nach den Kaninchen schauen, aber ich k?me wieder, versprochen!
Nina wartet im Treppenhaus, neben ihr ein riesiger Karton. Da muss die Kaffeemaschine drin sein, keine Frage. Caro packt mit an, unter?chzen und St?hnen schleppen die beiden das Ding aus dem Haus. Sieht ziemlich anstrengend aus, jetzt w?re ein Mann doch gar nicht schlecht. Von mir aus auch dieser Alexander aus dem zweiten Stock. Selbst wenn er Nina zu jung ist – zum Schleppen k?me er gerade recht. Aber wie sagte der alte von Eschersbach immer?Wer nicht will, der hat schon. Dann eben kein Mann f?r Nina. Die beiden Damen hieven den Karton schliesslich in Marcs Auto, das Caro heute wohl extra f?r den Transport mitgenommen hat. Klar, mit dem Fahrrad w?re es auch schwierig geworden.
Bei der Klinik angekommen, wuchten Nina und Carolin den Karton wieder aus dem Auto raus. Gott sei Dank parkt Caro direkt vor dem Geb?ude, in dem Ninas B?ro zu sein scheint, auf alle F?lle steuern wir die T?r des Rotklinkers gleich neben dem Parkplatz an.
»Wir m?ssen in den ersten Stock, dann haben wir es geschafft.«
»Dass du dir aber auch gerade so einen heissen Tag aussuchen musst, um das Ding in dein B?ro zu bringen. Puh!«
Caro und Nina rinnt der Schweiss, da kommt endlich jemand, um ihnen seine Hilfe anzubieten. Ein ?lterer Herr mit weissen Haaren, nicht besonders gross, aber recht kr?ftig gebaut.
»Hallo, Frau Dr. Bogner, was schleppen Sie denn da durch die Gegend?«
»Guten Tag, Herr Professor Sommer. Das ist meine neue Kaffeemaschine.«
»Warten Sie, ich helfe Ihnen.«
»Danke, das ist nett. Ich dachte, wo sich doch die neue Arbeitsgruppe in Zukunft ?fter bei mir treffen wird, w?re das bestimmt eine lohnende Investition in eine gute Arbeitsatmosph?re.«
Ninas B?ro ist nicht besonders gross, aber immerhin gibt es neben ihrem Schreibtisch noch einen weiteren Tisch mit ein paar St?hlen. Hinter dem Schreibtisch steht ein kleines Schr?nkchen, dort platziert der freiwillige Helfer den Karton. Dann wischt er sich den Schweiss von der Stirn.
»Sehr heiss heute, wirklich. Da w?rde ein kaltes Wasser wahrscheinlich besser passen als ein Kaffee. Die Idee ist nat?rlich trotzdem gut. Ich freue mich, dass Sie die neue Aufgabe so dynamisch angehen. Und apropos: Ich habe heute auch schon einen sehr engagierten Assistenten f?r Sie eingestellt. Also, eigentlich f?r mich, aber mit der andern H?lfte seiner Stelle wird er Sie unterst?tzen.«