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»Okay, wie wäre denn ein Kompromiss: Beim Kochen stecke ich sie hoch, dann mache ich sie wieder auf. Genau. Gute Idee. Danke, Herkules!«

Bitte, gerne. Ich freue mich, wenn ich helfen kann.

Gut gelaunt läuft Carolin durch die Wohnung und räumt Sachen hin und her. Sie deckt den Tisch, öffnet wieder eine dieser grässlichen Flaschen und gießt den Inhalt mit Schwung in eine andere, größere und rundlichere Flasche. Ein Schwung roter Flüssigkeit landet in dem Gefäß. Sieht ganz hübsch aus, aber was das soll, ist mir schleierhaft. Ich habe es allerdings auch schon das ein oder andere Mal beim alten Eschersbach beobachtet. Vielleicht ein Ritual? Ein Zauber? Für einen gelungenen Abend? Als Dackel bin ich nicht besonders abergläubisch, aber wenn es heute hilft, soll es mir recht sein. Es wäre zu schön, Becks dummen Gesichtsausdruck zu sehen, wenn ich ihm erzählen könnte, dass Carolin und Daniel doch ein Paar geworden sind.

Es klingelt an der Tür. Das ist bestimmt Daniel. Mann, bin ich aufgeregt! Carolin anscheinend auch, denn sie stürzt zur Tür, legt aber dann eine Vollbremsung vor dem Spiegel rechts daneben hin und mustert sich noch einmal kritisch, bevor sie aufmacht. Erwartungsvoll hefte ich mich an ihre Fersen und gebe das unterstützende Empfangskomitee. Carolin reißt die Tür auf, ich mache Männchen - es ist Nina. Och nö! Was will die denn hier?

»Was willst du denn hier?«

»Das nenn ich mal einen herzlichen Empfang! Danke, mir geht es auch gut, und ich komme gerne rein.«

»Du, das passt mir eigentlich gerade nicht so gut.«

»Hm, ich sehe schon. Du bist für deine Verhältnisse ja regelrecht aufgebrezelt. Wer kommt denn?«

»Daniel. Wir wollen etwas kochen.«

»Ach so, Daniel. Dann kann ich doch wohl einen Moment bleiben. Ich dachte, du hättest ein Date.«

Carolin seufzt, dann tritt sie einen Schritt zur Seite. »Was gibt's denn so Dringendes?«

»Ich glaube, Marc Wagner ist doch nicht so mein Fall.«

»Aha. Wie kommt es denn zu diesem plötzlichen Sinneswandel?«

»Hm, erklär ich dir gleich. Kann ich ein Glas haben?« Sie deutet auf die bauchige Glasflasche, in die Carolin eben die andere Flasche gegossen hat. »Ich muss erst mal was trinken. Mein gestriger Abend war eine echte Pleite.«

»Ja, aber eigentlich wollte ich wirklich ...«

»Danke, das kann ich jetzt gut gebrauchen.« Nina holt sich ein Glas aus dem Schrank, schenkt sich ein und schnuppert kurz an dem roten Zeug. »Hm, lecker, das ist ja ein edler Tropfen. Gibt's irgendetwas Besonderes zu feiern? Wieder irgendeine Hunderttausend-Euro-Geige für Aurora ersteigert?«

»Nein, ich wollte einfach nur nett mit Daniel kochen und ein Glas Wein trinken.« Carolin wirft Nina einen bösen Blick zu, was die aber nicht sehen kann, weil sie zu sehr mit ihrem Glas beschäftigt ist.

»Na, da habt ihr ja Glück, dass ich spontan dazustoße, sonst würdet ihr doch den ganzen Abend wieder nur über den Job reden.«

Ich merke Carolin an, dass sie dazu gerne etwas sagen würde, aber in diesem Moment klingelt es schon wieder an der Tür. Daniel.

»Wow, Carolin, du siehst toll aus!« Er begrüßt sie mit einem Küsschen auf ihre linke und rechte Wange. Das habe ich vorher noch nie bei den beiden gesehen - ich wusste doch, dass meine Theorie richtig ist. Dann sieht er Nina. »Oh, hallo, wusste gar nicht, dass du auch da bist.« Er klingt enttäuscht, und so gut kenne ich die Menschen mittlerweile, um zu wissen, dass er es auch ist. Nur Nina scheint davon rein gar nichts zu bemerken, sie winkt ihm fröhlich zu.

»Ja, ich habe mich spontan eingeklinkt. Mir war zwar eher nach einem Frauenabend, aber du kannst ruhig dableiben.« Sie lacht.

Daniel ringt sich ein Lächeln ab. »Angesichts der Tatsache, dass ich im Gegensatz zu dir einer Einladung folge, ein sehr großzügiges Angebot.«

»Bitte sehr.«

Nina strahlt Daniel an. Offenbar ist sie nicht dazu zu bewegen, Leine zu ziehen. »Was kochen wir denn?«

Sie geht Richtung Küche, Carolin guckt Daniel an und zuckt mit den Schultern. Dann folgen beide Nina. Vor dem Kühlschrank angekommen, bleiben die drei stehen.

»Ich habe alles für ein Coq au vin vorbereitet. Wir müssten nur noch gemeinsam Kartoffeln schnippeln, während das Hühnchen im Ofen brutzelt. Also dann setzt euch mal, ich gebe euch Schälmesser.«

Carolin, du bist echt zu gut für diese Welt. So werden wir Nina nie los. Und du und Daniel nie ein Paar. Und ich nie der Super-ich-habs-schon-immer-gewusst-Dackel.

Es kommt wie befürchtet: Nach einer halben Stunde ist Nina immer noch da. Kein Wunder, verströmt das Hühnchen mittlerweile einen ziemlich verführerischen Duft. Da will sie natürlich einen Bissen von abhaben, und ich kann es ihr nicht einmal verdenken. Auch ich spekuliere schon auf einen kleinen Happen. Um meine Ausgangsposition zu verbessern, schlüpfe ich neben Carolin, die mittlerweile auf der Küchenbank sitzt, lege meinen Kopf auf ihren Schoß und gucke sie so herzerweichend wie nur möglich an. Leider mit mäßigem Erfolg, denn Carolin, Nina und Daniel sind so in ihr Gespräch vertieft, dass sie mich gar nicht bemerken.

»So, und Dr. Wagner ist nun also doch nicht der Traumtyp?«

Wie kann man sich nur ständig über einen Tierarzt unterhalten? Und dann mit dieser Diagnose? Mit Verlaub, die stand doch wohl schon vorher fest. Tja, Nina, hättest du mich mal gefragt, ich hätte es dir gleich gesagt. Nina schenkt sich noch ein Glas ein.

»Wir waren jetzt schon dreimal verabredet. Es ist auch jedes Mal nett und witzig - aber ansonsten passiert gar nichts. Und heute war es noch nicht einmal besonders nett, weil unser Strandausflug leider von mehreren Großfamilien mit ihren ungezogenen Gören boykottiert wurde. Nervig, das.«

»Mensch, und das, wo du doch eine bekennende Kinderfreundin bist. Dann muss es ja wirklich schlimm gewesen sein.«

Täusche ich mich, oder macht sich Daniel über Nina lustig. Wird wohl so sein, die reagiert nämlich sehr gereizt.

»Na und? Es träumt eben nicht jeder von einer Kinderschar. Nur, weil ich eine Frau bin, muss ich nicht Mutter sein wollen.«

Daniel hebt beschwichtigend die Hände. »Ist ja gut. Dann eben keine Kinder. Muss ja nicht.«

»Na, jedenfalls passiert bei Marc und mir absolut nichts. Und so hat's ja keinen Sinn. Ich suche schließlich keinen Kumpel, sondern einen Lover. Vielleicht ist Marc ja schwul?«

Schwul? Was mag das sein? Ein anderes Wort für schüchtern?

Daniel grinst. »Nicht jeder Mann, der nichts mit dir anfangen will, muss automatisch schwul sein. Sieh mich an, ich bin der lebende Beweis.«

Nina guckt ihn böse an. Hm, es muss irgendetwas anderes bedeuten als schüchtern.

»Vielen Dank auch für die Blumen. Und keine Sorge, ich werde mich dir nicht unsittlich nähern.«

»Gut, dann wäre das ja geklärt«, ruft Carolin betont fröhlich. »Ich schlage vor, wir essen jetzt mal was.«

Eine ganz ausgezeichnete Idee. Schnell setze ich wieder meinen treusten Dackelblick auf. Und diesmal reagiert Carolin.

»Schätze, Herkules hätte auch gerne einen kleinen Appetizer. Wenn ich gewusst hätte, dass wir zu viert sind, hätte ich mehr gekauft.«

»Na hör mal, du willst mich jetzt nicht mit einem Hund gleichsetzen, oder? Außerdem hat mir niemand gesagt, dass heute Abend ein Kochevent stattfindet. Sonst hätte ich mich ordnungsgemäß angemeldet. Oder ...«, Nina stockt einen kurzen Moment, »oder wolltet ihr allein sein?«

Richtig geraten!, möchte ich rufen, aber weder Carolin noch Daniel entgegnen hierauf etwas. Stattdessen holt Carolin den Bräter aus dem Backofen. Eine warme Wolke Hühnchentraum schwebt zu mir herüber. Hm, lecker! Ich schlecke mit der Zunge einmal um meine Lefzen herum. Nina sieht das und guckt mich nachdenklich an.

»Sag mal, Coq au vin - ist das wohl das Richtige für einen Hund? Immerhin ist da Alkohol drin.«

Na, das ist wohl das Letzte! Sich erst selbst einladen und mir dann meine Pordon streitig machen. Frechheit! Ich knurre sie an.