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»Ich bin ein Held, ein Supermann, ein Superdackel!« »Hast du diesen Satz gesehen? War das nicht phänomenal? Geradezu eine Sensation?« »Ja, war ganz gut.«

»Ganz gut? Es war PERFEKT! Ich habe es einfach drauf, mein Lieber.« Herr Beck scheint nicht ganz zu begreifen, dass dies gerade eine athletische Jahrhundertleistung war. »Ich meine, hast du schon mal einen anderen Dackel gesehen, der aus dem ersten Stock gesprungen ist? Ich würde sagen, ich gehe mittlerweile als Katze durch.«

Beck schüttelt den Kopf. »Also, wie ich schon sagte: Es war okay. Aber erstens ist das eher Hochparterre und zweitens bist du in den Wäschekorb der alten Meyer gesprungen. Wenn ich den nicht gefunden hätte, würdest du immer noch vor dem Balkongeländer hocken und weinen.«

Ist es denn die Möglichkeit? Dieser fette Kater! Mir ist kein anderer Dackel bekannt, der jemals so ein waghalsiges Manöver ausgeführt hätte. Allein die Meisterleistung, sich durch die Stäbe des Balkongeländers zu zwängen, dem sicheren Abgrund entgegen. Und dann der Sprung selbst: zielsicher in den Wäschekorb mit Handtüchern von Frau Meyer. Und das im Dunkeln! Gut, wenn die Meyer den Korb nicht draußen hätte stehen lassen, wäre es in der Tat ein wenig komplizierter geworden. Aber mutig war die Aktion allemal. Ich hätte schließlich auch unglücklich neben dem Korb landen und mir alle Pfoten brechen können.

»So, wenn du dich von deiner Heldentat ausreichend erholt hast, können wir doch mal los, oder?«

Böse funkele ich Beck an, was der leider nicht sehen kann, weil es schon dunkel ist. Andererseits ist es auch langweilig, hier weiter zwischen den Handtüchern zu hocken. Und so beschließe ich in einem Akt wahrer Größe, Herrn Beck zu verzeihen, obwohl er sich nicht entschuldigt hat.

Ich hüpfe aus dem Korb und trabe hinter Beck her, der schon Richtung Gartenpforte strebt. Ein leichter Wind weht mir um die Nase, es riecht schon ein bisschen nach Abenteuer. Auch wenn Herr Beck eine blöde Katze ist, in einem hat er natürlich völlig Recht: So ein Spaziergang ohne Carolin ist die beste Gelegenheit, endlich einmal auf die Jagd zu gehen. Sofort spüre ich dieses angenehme Kribbeln in der Nase, und meine Rute wippt automatisch nach oben. Nehmt euch in Acht, ihr Kaninchen! Carl-Leopold von Eschersbach will euch an den Kragen - und er wird euch kriegen.

Im Park angekommen, ist von Kaninchen erst einmal nichts zu sehen und zu riechen. Ob die schon alle im Bau liegen und schlafen? Egal, ich werde sie schon aufstöbern. Herr Beck ist eher auf Vögel spezialisiert, da kommen wir uns schon mal nicht ins Gehege. Mit der Nase dicht über dem Boden laufe ich den Kiesweg entlang. Nach ein paar Metern ein sehr vielversprechender Geruch: Hier muss vor kurzem noch ein Kaninchen entlanggehoppelt sein, wahrscheinlich auf dem Weg in seinen Bau. Ich bin ganz aufgeregt! In einem Kaninchenbau sind bestimmt gleich ein paar Kollegen, da werde ich den ein oder anderen schon erwischen. Tatsächlich wird der Geruch immer stärker. Ich verlasse den Weg und trabe auf die Wiese, in Richtung einiger großer Büsche.

Genau hier muss es sein! Ich wühle mit meiner Nase durch das Gras, immer auf der Suche nach der Bauöffnung. Endlich gibt ein Grasbüschel direkt vor mir nach, dahinter liegt ein tiefes Loch. Der Geruch ist jetzt ganz intensiv, ich kann mir einen lauten Freudenjauchzer nicht verkneifen. Hurra!

»He, alles in Ordnung bei dir, Herkules?«

Herr Beck steht auf einmal neben mir.

»Alles bestens! Ich habe soeben den ersten Kaninchenbau meiner Jagdhundkarriere aufgestöbert!«

»Du weißt aber schon, dass so ein Kaninchenbau ganz schön eng ist, oder?«

Was für eine saublöde Frage.

»Natürlich weiß ich das. Und jetzt entschuldige mich, ich muss arbeiten.«

Anstatt mich in Ruhe in den Bau zu lassen, setzt sich Herr Beck nun direkt vor mich. Nervig!

»Dir ist hoffentlich bei allem Jagdtrieb klar, dass du kein Dackel bist.«

Ich schnaufe tief durch. »Na und? Da siehst du mal, wie falsch von Eschersbach lag: Ich bin zwar nicht reinrassig, aber habe sofort den Bau gefunden. Alle Vorbehalte mir gegenüber sind also völlig aus der Luft gegriffen. Ich bin eben ein Jagdhund durch und durch. Würdest du jetzt bitte zur Seite gehen?«

»Entschuldige, du verstehst mich falsch. Ich wollte mit dir nicht in deine Stammbaumdiskussion einsteigen. Was ich sagen wollte ist lediglich, dass du doch ein Stück größer als ein Dackel bist. Nicht, dass du gleich in dem Bau stecken bleibst. Ich wüsste nämlich nicht, wie ich dich da wieder rauskriegen soll. Und um diese Zeit sind auch nicht gerade viele andere Helfer hier unterwegs.«

»So ein Quatsch. Stecken bleiben - was meinst du, wozu ich meine Krallen habe? Ich kann mich damit vielleicht nicht durch das Efeu hangeln, aber graben geht damit ganz hervorragend. Mach dir also um mich keine Sorgen. Und jetzt muss ich mal loslegen, sonst sind die Kaninchen wieder weg, und wir diskutieren hier immer noch.«

Ich stecke meine Nase tief in das Loch und beginne, den Eingang in den Bau etwas breiter zu buddeln. Es ist ein tolles Gefühl! Endlich habe ich meine wahre Bestimmung gefunden. Schade nur, dass ich nicht mit einem leidenschaftlichen Jäger unterwegs bin, sondern nur mit dem bedenkenträgerischen Herrn Beck.

Nach ein paar Minuten bin ich schon fast komplett unter der Erde. Der Kaninchengeruch ist mittlerweile so stark, dass sich meine Nase ganz gespannt und doppelt so groß wie sonst anfühlt. Das Kribbeln hat sich in meinem ganzen Körper ausgebreitet, und ich bin so aufgeregt, dass mein Herz richtig rast. Noch ein kleines Stück, dann habe ich sie! Ich bilde mir ein, dass ich die Kaninchen sogar schon hören kann. Wahrscheinlich sitzen sie starr vor Schreck in ihrer Höhle und denken gar nicht an die Flucht. Fast ein bisschen einfach, das Ganze. Ich drücke ganz kräftig mit meinen Pfoten und der Nase in Richtung der vermuteten Höhle - da gibt die Erde vor mir nach, und ich hänge plötzlich mit meiner gesamten vorderen Hälfte in einem Loch. Horrido! Ich bin in der Höhle!

Dann die große Enttäuschung: Es ist zwar stockfinster, aber meine Nase verrät mir sofort, dass die Kaninchen doch schon auf und davon sind. Der Geruch ist nicht mehr ganz so deutlich, wie noch vor ein paar Minuten. So ein Mist, ich muss sie ganz knapp verpasst haben! Das ist alles Becks Schuld! Hätte ich gleich angefangen zu graben, dann hätte ich die Kameraden hier unten bestimmt noch gekriegt. So hatten sie natürlich genug Zeit, sich ein neues Loch zu buddeln und zu flüchten. Ärgerlich. Es bleibt mir also nichts anderes übrig, als nach einem anderen Bau zu suchen.

Ich lege den Rückwärtsgang ein. Besser gesagt: Ich versuche, den Rückwärtsgang einzulegen. Denn tatsächlich ist das gar nicht so einfach, wenn man mit den Vorderläufen in der Luft baumelt, wie ich es gerade tue. Ich versuche, mich mit den Hinterläufen zurückzuziehen, um so auch vorne wieder Halt zu finden. Aber so sehr ich mich auch hinten in die Erde stemme - es tut sich gar nichts. Ich stecke wie in einem Flaschenhals und komme weder vor noch zurück. Ein paar Mal versuche ich es noch, dann muss ich eine Pause machen, weil mir schon so warm ist. Verdammt stickig ist es hier unten außerdem. Meine Nase beginnt wieder zu kribbeln. Allerdings nicht, weil nun das ein oder andere Kaninchen zurückgekommen wäre. Nein, was ich jetzt fühle, ist: Angst. Wie zum Teufel komme ich hier wieder raus?

Hoffentlich steht Herr Beck noch oben. Ich belle, so gut und so laut ich unter den gegebenen Umständen kann. Ob er mich überhaupt hören kann? Er sagt selbst, dass er nicht mehr so gut sieht. Vielleicht hört er auch nicht mehr so gut. Das wäre allerdings eine Katastrophe. Mir wird immer heißer, es ist schon fast unerträglich. Bleib ruhig, Carl-Leopold! Keine Panik! Immerhin weiß jemand, wo du bist. Herr Beck wird sich schließlich wundern, wenn du nicht wieder hochkommst. Der wird schon nicht ohne dich nach Hause gehen. Und wenn ich ihn eben so vergrätzt habe, dass er doch schon weg ist? Mit meinem albernen Jagdhundgefasel habe ich ihn bestimmt ganz schön genervt. Ich belle weiter. Lieber, lieber Herr Beck, alles Blöde, was ich jemals zu dir gesagt habe, war garantiert nicht so gemeint. Du bist ein sehr lieber Freund von mir. Im Grunde mein einziger. Hilfe!