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»Du wirst es nicht glauben, aber ich habe heute Morgen schon zwei Glas Sekt mit Nina getrunken. Quasi ein Versöhnungsritual, wir hatten nämlich ein bisschen Stress. Deswegen bleibe ich erst mal bei nichtalkoholischen Getränken.«

»Wie du meinst. Ich will dich zu nichts überreden. Warum hattet ihr denn Streit?«

»Ach, eine blöde Geschichte. Ich hatte mich mehr oder weniger aus Versehen mit jemandem verabredet, den sie sehr mag. Das fand sie blöd.«

»Mehr oder weniger aus Versehen? Das klingt ja interessant. Wie macht man das denn?«

»Na, es war nicht wirklich als Date geplant. Sondern eher ... ach, ich weiß auch nicht. Jedenfalls war Nina sauer.«

»So, so, ein ungeplantes Date. Mir war gleich klar, dass du eine begehrte Frau bist.«

Er lacht und greift nach Carolins Hand. Sie zögert, aber bevor sie die Hand richtig offensichtlich wegziehen kann, springe ich auf und fange einfach mal an zu bellen. Carolin beugt sich zu mir.

»Pst, Herkules, was hast du denn?«

»Vielleicht ein anderer Hund?«

»Hm, eigentlich ist Herkules kein Kläffer. Hat ihn bestimmt irgendetwas erschreckt.«

Ja, klar hat mich etwas erschreckt. Nämlich die Aussicht, dass Carolin hier gleich den nächsten Mann vergrault. Immerhin habe ich diese Situation zwar brachial, aber wirkungsvoll umschifft. Hoffe nur, dass das nicht den ganzen Abend so weitergeht.

Es geht den ganzen Abend so weiter. Immer, wenn ich das Gefühl habe, Carolin steuert das falsche Thema an, werde ich unruhig. Und das ist so alle zehn Minuten der Fall. Carolin ist schon schwer genervt.

»Sag mal, was ist eigentlich los mit dir?«, zischt sie mich an. »Ich wollte ja, dass du zu Hause bleibst, und das wäre auch besser gewesen. Du bist unglaublich ungezogen! Wenn du so weitermachst, sperren wir dich gleich ins Auto ein.«

Okay, das wäre schlecht. Vielleicht muss ich mal ein bisschen vom Gas gehen. Ich lege mich wieder ganz brav unter Carolins Stuhl. Die Retriever-Hündin am Nachbartisch mustert mich interessiert.

»Sag mal, Kleiner, hast du eine Blasenschwäche?«

»Nö, ich? Weso?«

»Weil du die ganze Zeit so rumhampelst.«

Wie peinlich. Diese schöne Frau denkt, ich sei inkontinent. Das kann ich natürlich nicht auf mir sitzen lassen.

»Also, ich bin so unruhig, weil ich mein Frauchen gerade vor einem großen Fehler bewahren will.«

»Wie, vor dem Typen da? Der sieht doch gar nicht so schlimm aus. Hat eine nette Stimme.«

»Das finde ich auch. Wir haben aber das umgekehrte Problem. Ich fürchte, sie will ihn loswerden.«

»Aha. Na, sie wird ihre Gründe haben.«

»Finde ich nicht. Sie mag ihn, aber sie will erst sich selbst finden. Das ist völlig gaga, oder?«

»Kleiner, darf ich dir einen Rat geben?«

»Gerne.«

Von einer attraktiven Frau verspreche ich mir gerade in dieser Angelegenheit einen guten Tipp. Wahrscheinlich war sie schon einmal in der gleichen Situation wie Carolin.

»Halt dich aus den Menschensachen raus. Das gibt nur Ärger. Und sieht auch ziemlich albern aus, die Show, die du gerade abziehst.«

Rums. Das hat gesessen. Man könnte fast meinen, die Dame sei von Herrn Beck gebrieft worden. Beleidigt trolle ich mich wieder unter Carolins Stuhl. Dann eben nicht! Dann macht doch alle, was ihr wollt. Aber sagt hinterher nicht, ich hätte euch nicht gewarnt.

Den restlichen Abend verbringe ich so gut wie stumm unter Carolins Stuhl. Allerdings macht Carolin auch keine weiteren Anläufe, Jens die schlechte Nachricht zu überbringen. Ob sie es sich wohl anders überlegt hat? Als die beiden schließlich aufstehen, um zu gehen, macht Jens einen Vorschlag, der mir besonders gut gefällt.

»Was hältst du davon, wenn wir noch ein bisschen mit Herkules spazieren gehen? Das letzte Mal waren wir an der Elbe, jetzt könnten wir ihm doch mal die Alster zeigen, oder? Und immerhin war er die letzte Stunde bemerkenswert ruhig. Deine kleine Gardinenpredigt schien also gewirkt zu haben. Das sollten wir belohnen. So von wegen positiver Verstärkung. Was meinst du?«

»Ja, warum nicht? Eine gute Idee.«

Mein Herz schlägt schneller. Bestimmt hat es sich Carolin anders überlegt, da bin ich mir nun ganz sicher. Sonst hätte sie bestimmt dankend abgelehnt.

Der See, der sich Alster nennt, liegt direkt neben dem Lokal. Wir schlendern auf dem breiten Weg direkt am Ufer entlang. Normalerweise würde ich mal eben losrennen und die Gegend erkunden, aber natürlich will ich auch hören, worüber die beiden sich unterhalten. Also bleibe ich erst mal da. Und dann - legt Jens seinen Arm um Carolin! Mittlerweile rast mein Herz richtig, so aufgeregt bin ich. Wie wird Carolin reagieren?

Sie macht erst einmal nichts. Ein gutes Zeichen. Die beiden schlendern weiter, ich immer hinterher.

»Weißt du«, setzt Carolin an, etwas zu sagen, verstummt dann aber wieder. Oh, oh! Doch kein gutes Zeichen?

»Was denn?« Jens bleibt stehen. Die beiden gucken sich nun direkt an, und er nimmt ihre Hände.

»Also, ich finde dich sehr nett, Jens. Aber ich glaube, ich bin noch nicht so weit. Und ich habe Angst, dir falsche Hoffnungen zu machen.«

»Wie meinst du das?«

»Na ja, wir hatten einen sehr romantischen Tag an der Elbe, und der heutige Abend war bis auf die Herkules'schen Ausfälle auch sehr schön. Aber ich denke, dass du dir jetzt vielleicht mehr erhoffst, als ich momentan geben kann. Und ich will dich nicht enttäuschen. Deswegen finde ich es besser, gleich Klartext zu reden. Ich glaube, ich kann mich gerade nicht verlieben. Bevor ich wieder über eine Beziehung nachdenke, muss ich erst einmal ein paar Sachen über mich selbst herausfinden.«

Jens lässt ihre Hände los. »Aha.«

Mehr sagt er nicht. Auweia. Am liebsten würde ich mich unter irgendeinem Busch verstecken, so unangenehm ist mir die Situation.

»Bist du jetzt sauer?«

»Nein. Ich bin nur erstaunt.«

»Ja, das glaube ich. Das hätte mir natürlich auch eher einfallen können.«

»Nein, so meine ich das gar nicht. Ich bin erstaunt, dass du hier allen Ernstes über eine Beziehung nachgedacht hast und dir Sorgen machst, dass ich eine solche will.«

»Ja, willst du denn nicht?«

Jens lacht. »Ne, natürlich nicht. Ich habe schließlich schon eine Freundin.«

WIE BITTE? Vor uns steht offensichtlich Thomas Nr. 2.

»Ja ... aber ... das wusste ich nicht.« Carolin klingt völlig fassungslos. Zu Recht.

»Na hör mal, Mädchen, liest du etwa nie die Gala? Oder die Bunte?«

»Nein, offen gestanden nicht.«

»Gut«, sagt Jens in gönnerhaftem Ton, »dann eben nicht. Aber wenn du sie lesen würdest, wüsstest du, dass ich seit vier Jahren mit Alexa von Schöning zusammen bin, einem sehr erfolgreichen Model.«

»Ja, aber ... was wolltest du denn von mir? Warum hast du dich mit mir überhaupt getroffen?«

»Weil ich dich super niedlich finde. Und weil ich gerne etwas Spaß habe. Alexa weiß das, es ist okay für sie. Ich dachte natürlich, du wüsstest das auch.«

Gut, dass ich nicht sprechen kann. Denn mir fehlen die Worte. Der ist ja schlimmer als Thomas! Der hat ja nicht mal ein schlechtes Gewissen. Carolin hat es auch die Sprache verschlagen.

»Du sagst ja gar nichts mehr. Ich meine, jetzt, wo du weißt, dass ich in festen Händen bin, spricht doch nichts gegen ein bisschen Spaß, oder? Musst dir doch gar keine Sorgen machen, dass ich was Ernstes will. Das müsste dir doch sehr entgegenkommen.« Carolin sagt nichts, sondern starrt ihn nur an.

»He, Carolin, lach mal!« Jens gibt ihr einen Stupps. Ich knurre ihn an. Finger weg von dieser Frau, und zwar sofort!

»O Mann, jetzt nervt der Köter aber echt. Was hat der bloß heute? Ich dachte, der mag mich.«

»Ja«, sagt Carolin fast tonlos, »ich dachte auch, ich mag dich. So kann man sich täuschen. Ich würde jetzt gerne nach Hause fahren.«