Ich teilte mir mein Apartment mit einem älteren Majestic-Agenten namens Walt - von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen, kannte keiner von uns den Familiennamen der anderen -, der während des gesamten Fluges kein Wort gesprochen hatte, sich aber trotzdem wesentlich umgänglicher gab als Lieutenant Steel und zudem nicht annähernd so arrogant war. Er schleppte einen riesigen, offenbar sehr schweren Koffer mit sich, den er mit einiger Anstrengung auf den Tisch wuchtete, schüttelte aber den Kopf, als ich ihm helfen wollte.
»Nicht nötig, John«, sagte er. »Aber Sie könnten schon einmal Ihre Jacke ausziehen.«
Ich blickte ihn fragend an, gehorchte aber. Als Walt seinen Koffer aufklappte, sah ich, dass er keine Kleidungsstücke oder andere Reiseutensilien enthielt, sondern ein höchst kompliziertes technisches Innenleben hatte.
»Was ist das?« fragte ich neugierig.
»Ein Funkempfänger«, antwortete Walt. »Den entsprechenden Sender werden Sie bei sich tragen.« Er grinste. »Tun Sie nicht so überrascht, John. Haben Sie etwa noch nie einen Krimi im Fernsehen gesehen? Dort tragen die Leute so etwas andauernd.«
»Ich dachte, ich sollte lediglich mit einem einfachen Maisbauern reden«, sagte ich. »Niemand hat mir erzählt, dass wir uns in die Cosa Nostra einschleichen.«
Walt grinste, schaltete seine Geräte ein und drehte einige Sekunden lang mit konzentriertem Gesichtsausdruck an den Schaltern und Knöpfen, die den Koffer ausfüllten. »Der Sender hat eine Reichweite von gut zwei Meilen«, sagte er. »Aber meiden Sie die Nähe von großen Metallmengen oder Magnetfeldern. Das könnte die Reichweite beeinträchtigen oder das Gerät ganz stören.«
»Magnetfelder? Auf einer Farm?«
»Hochspannungsmasten«, sagte Walt. »Oder Generatoren. Falls die Scheune aus Wellblech ist, gehen Sie nicht hinein.« Er deutete mit dem Zeigefinger eine Pirouette an. »Drehen Sie sich herum.«
Ich tat, was er wollte. Walt begann an meinen Hosenträgern herumzufummeln. Ich spürte, wie er mir etwas Hartes gegen das Rückgrat drückte. »Bequem?« fragte er.
»Es geht.«
»Es geht ist nicht gut«, sagte Walt. »Sie werden das Ding vielleicht eine ganze Weile tragen müssen. Warten Sie - das haben wir gleich.«
Es klopfte, aber die Tür wurde geöffnet, bevor Walt oder ich Herein rufen konnten, und Bach trat ein. Er trug eine braune Papiertüte in der Hand, die er schwungvoll auf das Bett warf. »Ich habe Ihnen ein paar Sachen besorgt, John - Socken, Wäsche, eine Zahnbürste ... ich nehme nicht an, dass Sie noch zum Packen gekommen sind.«
Ich war heilfroh gewesen, die Maschine noch zu bekommen, und so nickte ich dankbar.
Bach deutete auf die Badezimmertür. »Mein Bad ist im Moment belegt. Dürfte ich Ihres benutzen?«
»Seien Sie unser Gast, Sir«, sagte Walt lächelnd. »Besser so?«
Es dauerte eine Sekunde, bis ich begriff, dass die Frage mir galt, aber dann nickte ich hastig. Walt hatte den immerhin zigarettenschachtelgroßen Sender tatsächlich so geschickt angebracht, dass ich sein Gewicht kaum noch spürte. Mit wenigen, geschickten Bewegungen klemmte er das dazugehörige Mikrofon unter meinen Hemdkragen und zupfte und schob so lange daran herum, bis es vollkommen unsichtbar war.
»Sagen Sie etwas«, sagte er.
»Mein Name ist ...«
»Gut. Einen Moment.« Walt ging zu seinem Koffer, setzte einen überraschend kleinen Kopfhörer auf und gab mir mit einem Handzeichen zu verstehen, dass ich weitersprechen sollte. Er arbeitete nicht nur geschickt, sondern schien auch ein sehr präziser Mensch zu sein. Wir brauchten fast zehn Minuten, um den Sender genau einzustellen, und selbst dann wirkte er nicht hundertprozentig zufrieden.
»Es wird gehen«, sagte er. »Wir bleiben ohnehin immer in Ihrer Nähe. Sie haben nichts zu befürchten.«
Für meinen Geschmack sagte er das ein paarmal zu oft. Immerhin sollte ich nur einen einfachen Maisbauern danach fragen, wer sein Feld niedergetrampelt hatte.
Bach öffnete die Badezimmertür und winkte mich mit einem Rasiermesser voller Schaumflocken heran. »Loengard.«
Ich warf Walt einen fragenden Blick zu.
»Fertig«, sagte er. »Aber vergeuden Sie nicht zu viel Zeit. Die Batterien halten nur knapp drei Stunden.«
»John, kommen Sie.«
Bachs Stimme klang keinen Deut ungeduldiger als beim ersten Mal. Trotzdem beeilte ich mich, zu ihm ins Bad zu gehen. Bach hatte Jacke und Hemd abgelegt und war dabei, sich zu rasieren, obwohl ich nicht einmal einen Schatten auf seinen Wangen gesehen hatte, als er hereinkam.
»Sir?«
»Wir haben nicht mehr sehr viel Tageslicht«, sagte Bach, »und die Leute hier in der Gegend gehen früh zu Bett. Also müssen wir uns ein wenig beeilen. Sie wissen, was Sie diesen Brandon zu fragen haben?«
»Ja, Sir«, sagte ich.
Trotzdem fuhr er fort: »Versuchen Sie herauszufinden, wer diese ... Zeichen in seinem Feld angelegt hat. Und vor allem, warum.«
»Sie glauben, er weiß es?«
»Ich bin nicht hier, weil ich irgendetwas glaube, John«, antwortete Bach. Das Rasiermesser machte ein schabendes Geräusch, während es über seine Kehle fuhr, und ich ertappte mich dabei, der Klinge wie hypnotisiert nachzustarren.
»Achten Sie vor allem darauf, wie er reagiert«, fuhr Bach fort. »Manchmal ist die Art, auf die jemand eine Frage beantwortet, viel aufschlussreicher als die Worte, die er dazu benutzt. Sind Sie nervös?«
»Ein wenig«, gestand ich.
»Ihr erster Einsatz, da ist das ganz normal«, antwortete Bach. »Sie werden sich daran gewöhnen.«
»Wird es viele solcher ... Einsätze geben?« fragte ich zögernd.
»Das kommt darauf an, wie viele Kornkreise wir finden - oder andere Dinge.« Bach nahm das Rasiermesser herunter, sah mich eine Sekunde lang im Spiegel scharf an und machte dann eine entsprechende Kopfbewegung.
»Schließen Sie die Tür, John.«
Ich streckte gehorsam die Hand aus, aber dann sah ich, dass das Zimmer leer war. Walt war gegangen, ohne dass ich es bemerkt hatte. »Wir sind allein«, sagte ich.
»Gut.« Bachs Ton behauptete das Gegenteil. Er drehte sich herum, um mich diesmal direkt anzusehen, schüttelte den Kopf und seufzte tief. »Wie ich gerade schon sagte: Es ist Ihr erster Einsatz. Deshalb werde ich Ihnen diesmal nur einen Verweis erteilen. Ihr Anfängerbonus, sozusagen.«
»Sir?« Ich verstand nicht, wovon er überhaupt sprach.
»Was haben Sie Ihrer Freundin gesagt, wohin Sie abgereist sind?«
»Nichts«, antwortete ich wahrheitsgemäß. »Die Zeit war zu knapp. Ich konnte nicht mehr selbst mit ihr reden. Ich habe ihr nur eine Nachricht zukommen lassen.«
»Eine Nachricht?«
»Sie wird keinen Verdacht schöpfen«, versicherte ich. »Es ist nicht das erste Mal, dass Pratt mich praktisch von einer Minute auf die andere wegschickt. Ich glaube, er kann mich nicht leiden.«
»Und im Büro haben Sie hinterlassen, dass Ihr Onkel gestorben ist, und Sie für ein paar Tage fort müssen, um Ihre Familienangelegenheiten zu regeln.«
Warum war ich eigentlich nicht überrascht? »Wird eigentlich irgendwo in Washington ein Wort gesprochen, das Sie nicht hören - Sir?«
»Ich halte es Ihrer Nervosität zugute«, sagte Bach unbeeindruckt. »Aber ein solcher Fehler darf nicht noch einmal vorkommen. Wenn Sie lügen, dann denken Sie sich eine überzeugende Geschichte aus. Simpel und überzeugend. Und bleiben Sie dabei, ganz egal, was passiert.«
»Ich habe nicht sehr viel Erfahrung im Lügen, Captain«, sagte ich kühl.
»Dann lernen Sie es«, erwiderte Bach. »Unsere Aufgabe ist zu wichtig. Es ist mir gleich, ob Sie es hassen, zu lügen, oder nicht. Niemand darf von unserer Existenz erfahren. Ich habe die Sache für Sie in Ordnung gebracht - diesmal. Beim nächsten Mal bekommen Sie Probleme.«
»Es wird kein nächstes Mal geben, Sir«, sagte ich steif.
»Das hoffe ich, John«, erwiderte Bach. »Für Sie.«