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»Irren? Womit?«

»Du musst völlig verrückt geworden sein«, sagte Mark. »John, was ist in dich gefahren? Pratt läuft allmählich Amok! Ich hätte dich für klüger gehalten. Du bist nicht mehr auf der High School, wo du nach Belieben blaumachen kannst!«

»Würdest du mir verraten, wovon du überhaupt sprichst?« fragte ich.

»Wovon ich spreche?« Mark schrie fast. »Davon, dass ich jetzt mit dir rede, obwohl du doch eigentlich tausend Meilen weit weg sein solltest, um deinen Onkel zu beerdigen!«

»Es ging schneller, als ich dachte«, antwortete ich. Das war vielleicht nicht besonders klug, aber auch das einzige, was mir im Augenblick überhaupt einfiel. Meine Gedanken rasten. Ich stand kurz davor, in Panik auszubrechen. Verdammt, Bach hatte versprochen, die Sache in Ordnung zu bringen!

»Dein Onkel ist nicht gestorben«, sagte Mark. »Du hast gar keinen Onkel in Ohio.«

Ich warf einen raschen Blick in Richtung Küche, ehe ich antwortete. Kimberley war immer noch damit beschäftigt, das Abendessen vorzubereiten. »Wie kommst du darauf?«

»Pratt ist darauf gekommen«, antwortete Mark. »Frag mich bitte nicht, warum, aber er hat deine Geschichte überprüft. Es hat ihn keine fünf Minuten gekostet, um herauszufinden, dass es diesen Onkel in Ohio gar nicht gibt.«

»Pratt?« murmelte ich verblüfft. Natürlich war es für einen Mann wie Pratt kein Problem, meine Geschichte zu überprüfen - aber warum um alles in der Welt sollte er das tun?

»Pratt«, bestätigte Mark. »Ich möchte nicht in deiner Haut stecken. Pratt spuckt Gift und Galle. Er mag es gar nicht, wenn man ihn belügt. Also wo, zum Teufel, warst du?«

»Das kann ich dir nicht sagen«, antwortete ich.

»Das solltest du aber«, sagte Mark. »Weißt du, John, ich mag dich. Deshalb rufe ich dich auch an, um dich zu warnen. Du solltest eine verdammt gute Ausrede haben, wenn du am Montag wieder ins Capitol kommst. Andernfalls kannst du dir gleich einen neuen Job suchen.«

»Jetzt übertreibst du«, sagte ich.

Ich konnte Marks Kopfschütteln regelrecht hören.

»Kaum. Ich konnte Pratt gerade noch davon abhalten, höchstpersönlich zu dir nach Hause zu kommen. Also denk dir besser bis Montag eine gute Ausrede aus.«

»Das werde ich«, antwortete ich. »Und ... vielen Dank für die Warnung, Mark.«

Simonson hängte ein, aber ich legte den Hörer nicht auf die Gabel zurück, sondern drückte sie nur kurz herunter, warf noch einmal einen sichernden Blick zur Küchentür hin und wählte dann die Telefonnummer, die Bach mir für Notfälle gegeben hatte. Er hatte mir eingeschärft, sie wirklich nur in Notfällen zu benutzen, aber ich fand, dass diese Voraussetzung im Moment durchaus gegeben war.

Bach meldete sich nach dem fünften oder sechsten Klingeln. Seine Stimme klang müde, aber nicht verschlafen. »Ja?«

»Loengard hier«, antwortete ich mit gesenkter Stimme.

»John. Was ist passiert?«

»Pratt ist passiert«, antwortete ich, wobei ich mir Mühe gab, redlich empört zu klingen, aber trotzdem nicht so laut zu werden, dass Kimberley mich in der Küche hören konnte. »Er hat herausgefunden, dass ich nicht auf der Beerdigung meines Onkels war.«

»Wie konnte das passieren?« fragte Bach. Er klang kein bisschen erschrocken oder alarmiert, sondern einfach nur sachlich; eben ganz wie der Bach, den ich kannte.

»Das frage ich Sie«, antwortete ich. »Sie hatten versprochen, sich darum zu kümmern.«

»Das werde ich«, sagte Bach. »Machen Sie sich keine Sorgen.«

»Sie haben gut reden!« antwortete ich aufgebracht. »Sie müssen nicht ...«

Bach unterbrach mich. »Ich sagte, ich werde mich darum kümmern, John. Und ich schätze es gar nicht, wenn meine Worte in Zweifel gezogen werden. Sie bleiben Zuhause, wie wir es besprochen haben, und gehen am Montagmorgen ganz normal ins Büro. Um alles andere werde ich mich kümmern. Und jetzt machen Sie sich einen schönen Abend mit Ihrer Freundin. Ich hoffe, sie findet Gefallen an unserem kleinen Geschenk. Und rufen Sie nicht mehr an, wenn es nicht wirklich nötig ist.«

»Ihrem Geschenk?«

Bach antwortete nicht. Er hatte bereits wieder aufgelegt. Einige Sekunden lang starrte ich den Telefonhörer in meiner Hand noch mit einer Mischung aus Zorn und Frustration an, ehe auch ich ihn wieder auf die Gabel legte.

Kimberley kam aus der Küche. Sie balancierte einen Teller mit köstlich duftendem Braten vor sich her, schüttelte aber den Kopf, als ich danach greifen wollte, um ihn ihr abzunehmen.

»Setz dich hin und genieße es einfach, nach Strich und Faden bedient zu werden«, sagte sie. »Es ist vielleicht für eine ganze Weile das letzte Mal. Wer war das gerade am Telefon? Marybeth?«

»Pratt«, antwortete ich kopfschüttelnd. »Er wollte nur wissen, ob alles klargegangen ist. Was soll das heißen: Es ist vielleicht für lange Zeit das letzte Mal?«

Kimberley lachte, lud ihr Tablett auf dem Tisch ab und verschwand schon wieder in der Küche, um den Rest des Abendessens zu holen. Wahrscheinlich ließ sie mich ganz bewusst zappeln. Unter normalen Umständen hätte ich dieses Spiel liebend gerne mitgespielt, aber heute war ich nervös, und so gereizt, dass ich an mich halten musste, um sie nicht anzufahren.

Ich starrte das Telefon an, fuhr mir nervös mit dem Handrücken übers Kinn und zwang mich mit aller Kraft, wenigstens äußerlich ruhig zu bleiben. Was um alles in der Welt hatte Bach mit Geschenk gemeint?

»Also?« fragte ich, als Kimberley zurückkam und ihr Tablett mit aufreizend ruhigen Bewegungen auf dem Tisch ablud.

»Mach die Flasche auf«, sagte Kimberley lächelnd.

Ich schluckte die scharfe Antwort herunter, die mir auf der Zunge lag, und griff stattdessen nach der Flasche. Es war tatsächlich Champagner, und kein billiger, wie ein Blick auf das Etikett bewies.

»Verkraftet unser Haushaltsetat eine solche Ausgabe?« fragte ich.

»Keine Ahnung«, antwortete Kimberley. »Er wird es wohl müssen. Schließlich müssen wir in Zukunft wenigstens halbwegs standesgemäß leben.«

»Standesgemäß?«

»Wir haben einen Grund zum Feiern.« Kim griff nach dem Glas, das ich eingeschenkt hatte. »Du erinnerst dich an gestern Morgen?«

»Dein Vorstellungsgespräch?«

»Ich habe einen neuen Job.« Sie nickte. »Sie dürfen mir gratulieren, Mister Loengard. Seit heute Morgen sind wir sozusagen Kollegen.«

»Mach es nicht so spannend«, sagte ich. »Was ist los?«

Kim wirkte ein bisschen enttäuscht, und ich spürte einen leisen Anflug von schlechtem Gewissen. Vermutlich hatte sie diese Szene genau geplant, sich jedes Wort zurechtgelegt, das sie mir sagen wollte, und nun verdarb ich ihr den Spaß.

»Entschuldige«, sagte ich. »Also - was ist deine große Überraschung? Und wieso bekomme ich in Zukunft nichts mehr zu essen?«

»Von nichts mehr war nicht die Rede«, antwortete Kimberley lächelnd. »Aber vielleicht nicht mehr so oft. Und möglicherweise nicht immer pünktlich. Ich werde in Zukunft viel zu tun haben. Ich habe einen neuen Job!« Sie sah mich erwartungsvoll an, aber ich hatte ein wenig Angst, schon wieder das Falsche zu sagen und schwieg, und so fuhr Kim nach einer Sekunde fort: »Einen äußerst gut bezahlten Job.«

Ich tat ihr den Gefallen. »Und welchen?« fragte ich.

Kimberley zuckte mit den Schultern. »Oh, nichts Besonderes«, sagte sie in beiläufigem Ton. »Ein bisschen Telefonieren, Aktenablage, ein paar Briefe schreiben ... das übliche eben.«

»Beim YMCA?« fragte ich scherzhaft.

»Nein«, antwortete Kimberley. »Im Büro der First Lady.«

Ich starrte sie an. »Wie?«

Kim antwortete eine ganze Weile gar nicht, sondern sah mich nur lächelnd an und weidete sich dabei sichtlich an meinem fassungslosen Gesichtsausdruck. »Du hast richtig verstanden«, sagte sie schließlich. »Ich arbeite ab Montag im Vorzimmer von Jackie Kennedy.«