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»Setzten Sie sich, John«, sagte Bach, als ich den winzigen, fast spartanisch eingerichteten Raum betrat. Er sah nicht hoch, sondern blätterte in einer Akte voller eingeschriebener Blätter und Hochglanzfotos. Während ich mich setzte, zündete er sich eine Zigarette an und schob mir die Packung über den Tisch hinweg zu. »Auch eine?«

»Danke.« Ich schüttelte den Kopf. Das Büro hatte zwar eine Klimaanlage, die aber nicht eingeschaltet war. Ich hatte schon Mühe, zu atmen, auch ohne zu rauchen.

»Eine vernünftige Einstellung. Rauchen ist wirklich ungesund. Eine schreckliche Angewohnheit.« Bach hob endlich den Blick von seinen Papieren, nahm einen tiefen Zug aus seiner Zigarette und sah mich zwei oder drei Sekunden lang durchdringend an.

»Wie geht es Ihnen, John?«

»Gut«, antwortete ich. Worauf wollte er hinaus?

»Pratt macht keine Schwierigkeiten?«

»Er ist nicht begeistert, aber ich schätze, er hat die Botschaft verstanden«, antwortete ich. »Sie war ja auch deutlich genug.«

Bach zog erneut an seiner Zigarette. Ich hätte das nicht sagen sollen, das wusste ich. Schließlich sagte er: »Ihre Freundin ist zufrieden mit ihrer neuen Tätigkeit?«

»Ich denke schon«, antwortete ich. »Allerdings sehe ich sie kaum noch. Sie hat eine Menge zu tun.«

»Nun, es gibt ein paar Unterschiede zwischen der Arbeit beim YMCA und der im Vorzimmer der First Lady«, sagte Bach. »Sie wird sich schon daran gewöhnen. Und wahrscheinlich hat sie eine Menge interessanter Dinge zu erzählen, wenn sie abends nach Hause kommt.«

Ich starrte ihn an. »Sir?«

»Sie haben mich schon verstanden, John«, sagte Bach. »Und vergessen Sie den Sir. Jeder hier nennt mich Captain.«

»Ich bin nicht sicher, ob ich Sie verstanden habe, Captain«, antwortete ich betont. »Sie möchten, dass ich für Sie spioniere?«

»Nein«, antwortete Bach. Er klang nicht verärgert. »Ganz im Gegenteil. Ich möchte nicht, dass Sie auch nur eine einzige Frage stellen, John. Halten Sie einfach nur die Ohren offen. Und von Zeit zu Zeit werden wir uns unterhalten, und ich erfahre so den neusten Klatsch und Tratsch aus dem Weißen Haus. Das ist doch nicht zu viel verlangt, oder?«

»Zu viel verlangt? Wofür?«

Bach seufzte. »Sehen Sie, John, das ist einer der Gründe, aus denen ich Sie mag. Sie sind immer für ein offenes Wort, nicht? Also gut, dann reden wir Klartext. Niemand bekommt bei Majestic etwas geschenkt. Sie ebenso wenig wie ich. Ich verlange nichts Unmögliches von Ihnen. Nicht einmal viel. Sie werden mir berichten, was Kimberley erzählt, und dafür halte ich Ihnen Pratt vom Hals. So einfach ist das.«

»Ich weiß nicht, ob mir das gefällt«, sagte ich.

»Das muss es auch nicht«, erwiderte Bach ungerührt. »Tun Sie es einfach.«

Er drückte seine Zigarette aus, schnippte sofort eine neue aus der Packung und schob sie dann wieder zurück, ohne sie anzuzünden. »Wir arbeiten noch nicht sehr lange zusammen, John«, sagte er. »Aber trotzdem kenne ich Sie schon gut genug. Sie sind anders als die meisten, die für mich arbeiten. Sie glauben an das, was Sie tun. Das ist einer der Gründe, aus denen ich Sie mag. Der andere ist, dass Sie ein Gewissen haben.«

»Worauf wollen Sie hinaus, Captain?« fragte ich.

»Wie gesagt, immer offen und direkt aufs Ziel zu.« Bach schüttelte den Kopf und zündete sich jetzt doch eine Zigarette an. »Aber gut. Im Klartext: Es gibt eine Menge Dinge, die ich an Ihnen schätze. Für mich arbeiten viele Menschen, ganz unterschiedliche Typen - aber nur wenige von ihnen sind wie Sie. Ich brauche gute Leute. Wenn Sie erst einmal verstehen, worum es bei unserer Arbeit wirklich geht, dann werden Sie auch begreifen, wie dringend ich Sie brauche.«

»Ich dachte, das wüsste ich bereits.«

»Sie wissen gar nichts, John«, sagte Bach ruhig. »Sie haben einen Kieselstein gesehen, aber was in Wahrheit da ist, ist ein Berg. Nicht einmal ich weiß, wie groß er wirklich ist. Ich kann Ihre Bedenken verstehen. Sie glauben, dass der Preis für das, was ich Ihnen geschenkt habe, vielleicht zu hoch ist. Und wissen Sie was? Er ist es.«

»Sir?«

»Captain«, verbesserte mich Bach automatisch. »Wir alle müssen Dinge tun, die wir nicht wollen, John. Sie, ich ... alle hier. Es geht nicht darum, was wir wollen, John. Es geht darum, was wir tun müssen. Und es steht nicht zur Debatte, ob es Ihnen oder mir gefällt. Dazu steht zu viel auf dem Spiel.«

»Das weiß ich, Captain«, sagte ich. »Aber ich kann Kim nicht bitten, den Präsidenten auszuspionieren!«

»Weil Sie ein Patriot sind?« Bach lachte. »Kim und Sie werden heiraten, nehme ich an?«

»Irgendwann sicher«, antwortete ich verwirrt, »aber was ...«

»Und Sie möchten Kinder haben?«

»Wir haben noch nicht konkret darüber gesprochen, aber ... sicher. In ein paar Jahren.«

Bach zog an seiner Zigarette, klappte den Aktendeckel vor sich auf und zog drei Schwarzweißfotografien einer fliegenden Untertasse heraus. »Was würden Sie tun, um Ihre Kinder zu beschützen, John? Würden Sie um ihre Leben kämpfen? Würden Sie lügen? Ihre Freunde verraten - vielleicht töten? Antworten Sie ehrlich, John. Wenn das Leben Ihrer eigenen Kinder bedroht wäre, würden Sie dann nicht alles tun, um sie zu beschützen? Und ich meine wirklich alles?«

»Vermutlich schon«, antwortete ich, »aber ...«

»Und warum gestehen Sie mir nicht dasselbe Recht zu, wenn es um das Leben der gesamten Menschheit geht?« unterbrach mich Bach. »Denn darüber reden wir. Um nichts weniger. Diese ... Kreaturen sind nicht hier, um uns einen Freundschaftsbesuch abzustatten, John, das ist es, was Sie endlich begreifen müssen. Sie töten Menschen. Sie entführen Männer, Frauen und Kinder und tun ihnen unaussprechliche Dinge an. Sie sind irgendwo dort oben, John. Sie beobachten uns, wie Ameisen in einem Terrarium, und sie warten auf ihre Chance.«

»Das wissen wir nicht genau, oder?« fragte ich.

»Nein«, gestand Bach. »Aber solange ich keinen Beweis für das Gegenteil habe, gehe ich davon aus, dass es so ist. Dass wir um unsere nackte Existenz kämpfen, John. Ich kann keine Rücksicht auf Ihre Gefühle als Patriot nehmen, oder auf Ihr Gewissen; ebenso wenig wie auf meines. Dafür steht zu viel auf dem Spiel.«

»Sie meinen: Der Zweck heiligt die Mittel? Immer und unter allen Umständen?«

»In diesem Falle, ja«, antwortete Bach ernst. »Ich habe Dinge tun müssen, die mir nicht gefallen. Sie werden vielleicht Dinge tun müssen, die Ihnen nicht gefallen. Vielleicht werde ich Dinge von Ihnen verlangen, für die Sie mich hassen werden. Vielleicht Dinge, für die Sie sich selbst hassen. Aber es muss sein. Wir haben keine Wahl. Sie nicht, ich nicht ... niemand.«

»Und Sie würden Ihr Land verraten?«

»Um es zu retten?« Bach nickte. »Sicher.«

»Ich werde ... darüber nachdenken«, sagte ich.

»Dazu ist es zu spät, John«, sagte Bach.

»Weil Sie mir keine Wahl lassen?«

»Weil Ihnen die Umstände keine Wahl lassen«, verbesserte mich Bach. »Ich verstehe Ihre Gefühle, John. Ich war einmal in der gleichen Situation wie Sie. Irgendwie ... bin ich es noch. Glauben Sie nicht, dass es mir Freude bereitet, Majestic zu leiten. Die meisten Menschen denken, dass es ein erhebendes Gefühl ist, Macht zu haben, aber ich kann Ihnen versichern, dass es nicht stimmt. Es ist eine Last. Eine unerträgliche Last, John. Ich weiß nicht, wie lange ich sie noch alleine tragen kann. Manchmal hasse ich mich für das, was ich tue.«

»Warum tun Sie es dann?«

»Ich habe die Grauen nicht gebeten, hierherzukommen«, antwortete Bach. »Keiner von uns tat das. Aber sie sind nun einmal da. Wir führen einen Krieg, John, und es ist ein verdammt ungleicher Kampf, denn wir wissen weder, wer unsere Feinde sind, noch, was sie wollen oder wozu sie wirklich fähig sind. Alles, was ich weiß, ist, dass sie gnadenlos sind. Und dass wir kein Mitleid von ihnen zu erwarten haben.«