Выбрать главу

«Das macht endlich Sinn.«

«Paß auf, daß sie dich nicht sehen, aber bleib bei ihnen. Finde raus, wohin sie gehen und wen sie treffen. Ich komme so schnell wie möglich rüber, aber ich muß über Kanada oder Mexiko fliegen, um sicherzugehen, daß mich niemand beobachtet. Ich werde morgen abend spät oder am nächsten Morgen dasein.«

«Ciao«, sagte Paris.

«Omertä«, sagte Louis DeFazio.

Kapitel 30

Die Kerzen flackerten im nächtlichen Nieselregen, als die Trauergäste in zwei Reihen feierlich hinter dem weißen Sarg hergingen, der auf den Schultern von sechs Männern lag. Die Prozession wurde flankiert von vier Trommlern, zwei auf jeder Seite, deren kleine Trommeln den langsamen Rhythmus des Totenmarsches ertönen ließen, ungleichmäßig im Zusammenspiel wegen der unerwarteten Steine, die im Weg lagen, und eines immer glitschiger werdenden Untergrunds. Langsam und verwirrt schüttelte Morris Panov seinen Kopf und betrachtete den seltsamen nächtlichen Trauerzug, erleichtert, Alex Conklin auf sich zuhinken zu sehen.

«Irgendein Zeichen von ihnen?«fragte Alex.

«Keins«, erwiderte Panov.»Ich nehme an, bei dir auch nicht.«

«Schlimmer. Ich bin an einen völlig Irren geraten.«

«Wie das?«

«Im Pförtnerhaus war Licht, also bin ich rübergegangen, weil ich dachte, David oder Marie hätte uns vielleicht eine Nachricht hinterlassen. Draußen stand ein Clown, der unablässig in ein Fenster starrte und sagte, er sei der Nachtwächter und ob ich sein Telefon mieten wolle.«

«Sein Telefon?«

«Er sagte, nachts gibt es spezielle Gebühren, weil es bis zur nächsten Telefonzelle zehn Kilometer sind.«

«Ein Verrückter«, stimmte Panov zu.

«Ich hab ihm erklärt, daß ich einen Mann und eine Frau suche, die ich hier treffen wolle, und ob jemand vielleicht eine Nachricht hinterlassen hätte. Da war keine Nachricht, aber da war ein Telefon. Zweihundert Francs — verrückt.«

«Hat er zufällig ein Pärchen hier rumlaufen sehen?«

«Ich hab ihn gefragt, und er hat zustimmend genickt und gesagt, da sind Dutzende. Dann hat er auf die Kerzenparade da drüben gedeutet, bevor er wieder zu seinem gottverfluchten Fenster gegangen ist.«

«Was für eine Art Prozession ist das überhaupt?«

«Das hab ich ihn auch gefragt. Es ist ein religiöser Kult. Sie begraben ihre Toten nur bei Nacht. Er meint, es könnten Zigeuner sein. Er hat sich bekreuzigt, als er das sagte.«

«Nasse Zigeuner«, bemerkte Panov und schlug seinen Kragen hoch. Das Nieseln wurde langsam zu richtiggehendem Regen.»Himmel, warum hab ich nicht daran gedacht?«rief Conklin und blickte über seine Schulter.»Der Regen?«fragte der verwunderte Psychiater.»Nein, das große Grabmal auf halbem Weg den Hügel hinter dem Pförtnerhaus rauf. Da ist es passiert!«

«Wo du versucht hast…?«Mo beendete die Frage nicht. Das mußte er nicht.

«Wo er mich hätte umbringen können, es aber nicht getan hat«, ergänzte Alex.»Komm mit!«

Die beiden Amerikaner gingen über den Kiesweg zurück, vorbei am Pförtnerhaus und in die Dunkelheit des ansteigenden Grashügels, der von weißen Grabsteinen übersät war, die im Regen glitzerten.»Langsam«, rief Panov außer Atem.»Du hast dich an deinen nichtvorhandenen Fuß gewöhnt, aber ich hab meinen von Chemikalien vergewaltigten Körper noch nicht im Griff.«»Tut mir leid.«

«Mo!«rief die Stimme einer Frau von einem marmornen Säulengang über ihnen. Die Gestalt stand mit wedelnden Armen unter dem überhängenden Dach eines Grabes, das so groß war, daß es fast wie ein kleines Mausoleum wirkte.

«Marie?«rief Panov und lief voraus.

«Das ist ja nett!«rief Alex und hinkte mit einigen Schwierigkeiten das nasse, rutschige Gras hinauf.»Du hörst den Ruf eines Weibchens, und plötzlich bist du wieder völlig okay. Du brauchst einen Psychiater, du Heuchler!«

Die Umarmungen waren ehrlich gemeint. Eine Familie war vereint. Während Panov und Marie leise miteinander sprachen, nahm Jason Borowski Conklin beiseite und führte ihn an den Rand des kurzen Marmordaches. Der Regen war scharf geworden. Die ehemalige Kerzenprozession hatte sich zerstreut, nur einige wenige hielten noch aus.

«Bei der Menschenmenge da unten fiel mir keine andere Stelle als diese ein«, sagte Jason.»Erinnerst du dich an das Pförtnerhaus und den breiten Weg zum Parkplatz?… Du hattest gewonnen. Ich hatte keine Munition mehr, und du hättest mir den Kopf wegpusten können.«

«Das stimmt nicht, wie oft hab ich dir das schon gesagt? Ich hätte dich nicht töten können. Es lag an deinen Augen, auch wenn ich sie nicht richtig sehen konnte, wußte ich, was da war. Wut und Verwirrung, aber vor allem Verwirrung.«

«Das war noch nie ein Grund, einen Mann, der dich aus dem Weg schaffen will, nicht auszuschalten.«

«Als ob du dich nicht erinnern könntest… Für mich sind es immer noch… pulsierende Bilder. Rein und raus, rein und raus, aber da. «Conklin sah zu Borowski auf, ein trauriges Lächeln auf seinem Gesicht.»Das mit dem Pulsieren«, sagte er.»Das war Mos Ausdruck. Den hast du geklaut.«

«Wahrscheinlich«, sagte Jason, als sich beide Männer gemeinsam zu Marie und Panov um drehten.»Sie reden über mich.«

«Warum auch nicht? Sie macht sich Sorgen, und er macht sich Sorgen.«

«Ich hasse den Gedanken daran, wieviel mehr Sorgen ich ihnen machen werde. Dir auch, nehme ich an.«

«Was versuchst du mir zu sagen, David?«

«Nur das: Vergiß David. David Webb existiert nicht, nicht hier, nicht jetzt. Er ist ein Schauspiel, das ich für seine Frau aufführe, und ich spiele es schlecht. Ich möchte, daß sie in die Staaten zurückfliegt, zu ihren Kindern.«

«Ihren Kindern? Das wird sie niemals tun. Sie ist rübergekommen, um dich zu finden, und sie hat dich gefunden. Sie wird dich hier nicht allein lassen. Ohne sie wärst du gar nicht mehr am Leben.«

«Sie behindert mich. Sie muß weg. Ich werde eine Möglichkeit finden.«

Alex sah in die kalten Augen jener Kreatur, die früher einmal als das Chamäleon bekannt gewesen war, und sagte mit so leiser wie eindringlicher Stimme:»Du bist ein fünfzig Jahre alter Mann, Jason. Das hier ist nicht das Paris von vor dreizehn Jahren oder das Saigon aus der Zeit davor. Das hier ist jetzt, und du brauchst alle Hilfe, die du kriegen kannst. Wenn sie glaubt, sie kann ihren Teil dazu beitragen, dann bin ich bereit, es ihr zu glauben.«

Borowski sah Conklin mit kaltem Blick an.»Ich bestimme, wer was glaubt.«

«Das geht ein bißchen zu weit, mein Lieber.«

«Du weißt, was ich meine«, sagte Jason und mäßigte seinen Ton.»Ich möchte nicht, daß hier passiert, was in Hongkong passiert ist. Das geht dir doch sicher genauso.«

«Vielleicht… Paß auf, laß uns hier verschwinden. Unser Fahrer kennt ein kleines Landgasthaus in Epernon, ungefähr sechs Meilen von hier, wo wir reden können. Es gibt so einige Sachen, die wir durchgehen müssen.«

«Sag mal«, sagte Borowski.»Warum Panov? Warum hast du Mo mitgebracht?«

«Weil Strychnin in meiner nächsten Grippeimpfung gewesen wäre, wenn ich es nicht getan hätte.«

«Was heißt das?«

«Genau das, was es sagt. Er gehört dazu, und das weißt du besser als Marie und ich.«

«Irgendwas ist mit ihm passiert, oder? Irgendwas ist meinetwegen mit ihm passiert.«

«Es ist vorbei, und er ist wieder da, das ist alles, was du wissen mußt.«

«Es war Medusa, oder?«

«Ja, aber ich wiederhole, er ist zurück, und abgesehen davon, daß er sich kleines bißchen müde fühlt, ist er okay.«

«Ein kleines bißchen…? Ein kleines Landgasthaus sechs Meilen von hier, hat das euer Fahrer gesagt?«