«Was soll das heißen? Natürlich bin ich bereit. «War er aber nicht. Bei Rannagans ersten Worten blieb er abrupt stehen:»Zur Einleitung: Das hier ist ein Friedhof.«
Alex Conklin lehnte sich mit gerunzelter Stirn in seinen Sessel zurück, den Telefonhörer in der Hand. Er war verblüfft, unfähig, eine vernünftige Antwort auf Jasons erstaunliche Information zu geben. Alles, was er sagen konnte, war:»Ich glaube es nicht!«
«Was denn?«
«Ich weiß nicht. Alles. Ich meine… das mit dem Friedhof. Aber ich muß es wohl glauben, oder?«
«Du wolltest auch das mit London und Brüssel nicht glauben oder das mit dem Befehlshaber der Sechsten Flotte oder die Sache, daß in Langley jemand außer uns zu bestimmten Geheimsachen Zugang hat. Ich liste nur auf… Der Punkt ist, wenn man erst einmal herausfindet, wer alles dazugehört, kann man agieren.«
«Du mußt noch einmal von vorn anfangen. In meinem Kopf geht' s noch drunter und drüber… Die Telefonnummer in New York, die Autonummern… «
«Die Leiche, Alex! Flannagan und die Frau des Generals! Sie sind auf dem Weg. Das war die Abmachung, und du mußt sie decken.«
«Einfach so? Swayne tötet sich, und den einzigen beiden Leuten, denen wir Fragen stellen könnten, sagen wir ciao und lassen sie verschwinden? Das ist fast noch verrückter als alles, was du mir erzählt hast!«
«Wir haben keine Zeit für solche Spielchen — und außerdem, Flannagan kann keine weiteren Fragen beantworten. Die gehörten einfach nicht derselben Ebene an.«
«Oh, Junge, das ist schon klar.«
«Mach es. Laß sie laufen. Wir brauchen sie vielleicht noch, aber erst später.«
Conklin seufzte; er konnte sich offenbar nicht entscheiden.»Bist du sicher? Es ist sehr kompliziert.«
«Mach es, um Himmels willen, Alex. Ich scheiß auf sämtliche Komplikationen oder Übertretungen oder Manipulationen, die du dir vorstellen kannst! Ich will Carlos! Wir bauen ein Netz auf, und wir können ihn darin fangen — ich kann ihn fangen!«
«Schon gut, schon gut. Es gibt einen Doktor in Falls Church, den wir schon früher für besondere Zwecke benutzt haben. Ich werde ihn anrufen, und er weiß, was zu tun ist.«
«Gut«, sagte Borowski. Sein Hirn arbeitete fieberhaft.
«Jetzt nimm alles auf. Ich sage dir, was Flannagan mir erzählt hat. Mach schnell, ich hab reichlich zu tun.«»Aufnahme läuft, Delta one.«
Jason las von der Liste ab, die er in Flannagans Hütte angefertigt hatte. Er sprach schnell, aber deutlich, damit auf dem Band keine Zweifel entstanden. Da waren die Namen von sieben Gästen, die häufig auf den Dinner-Parties des Generals gewesen waren, wobei es noch keine Gewißheit hinsichtlich der Schreibweise ihrer Namen gab, dafür grobe Personenbeschreibungen. Dann kamen die Autonummern von den Wagen, die zu den sehr viel ernsteren zweimonatigen Meetings angerollt waren. Außerdem die Telefonnummer des Rechtsanwalts, die der Wachleute und der Hundezüchter, auch die der Firma für die Pentagon-Spezialfahrzeuge. Und schließlich gab es noch ein Telefon in New York ohne Namen, das in keinem Telefonbuch auftauchte und das lediglich Botschaften entgegennahm.»Das hier ist das Wichtigste, Alex.«
«Wir knacken es«, sagte Conklin, ebenfalls auf Band.»Ich rufe die Hundezüchter an und werde pentagonesisch sprechen — der General ist zu einer supergeheimen Mission geflogen, und wir zahlen doppelt, wenn die Tiere morgen als erstes wegkommen. Lassen Sie die Tore zufällig offen… Die Autonummern sind kein Problem. Ich lasse sie Casset hinter dem Rücken von DeSole in den Computer eingeben.«
«Was ist mit Swayne? Wir müssen den Selbstmord für eine Weile vertuschen.«
«Wie lange?«
«Wie kann ich das wissen?«antwortete Jason gereizt.»Zumindest, bis wir herausgefunden haben, wer sich hinter den Nummern verbirgt, und ich sie erreicht habe — oder du — und wir gemeinsam die Panikmache begonnen haben. Und dann bieten wir die Carlos-Lösung an.«
«Das sind schöne Worte«, sagte Conklin, nicht gerade in schmeichelhaftem Ton.»An was denkst du — ein, zwei Tage, eine Woche, oder noch länger?«
«Was weiß ich!?«
«Dann würden wir besser Peter Holland einweihen, verdammt noch mal.«
«Nein, noch nicht. Wir wissen nicht, wie er reagiert, und ich will ihm nicht die Chance geben, sich mir in den Weg zu stellen.«
«Du mußt außer mir noch jemandem Vertrauen schenken, Jason. Ich kann Holland vielleicht vierundzwanzig oder achtundvierzig Stunden lang an der Nase herumführen — vielleicht —, aber ich bezweifle, daß es noch länger geht. Er wird eine Bestätigung von oben haben wollen. Und vergiß nicht, daß Casset mir wegen DeSole die Hölle heiß macht…«
«Gib mir zwei Tage, verschaff mir zwei Tage!«
«Während ich all diesen Informationen nachgehen und Charlie hinhalten muß, während ich Peter Lügenmärchen erzähle, daß wir Fortschritte machen bei der Verfolgung der Kuriere des Schakals aus dem Mayflower Hotel — denken wir nach… Natürlich machen wir diese Fortschritte nicht, weil wir uns bis an den Kragen in irgendeine geheimnisvolle, zwanzig Jahre alte Saigon-Verschwörung reingewühlt haben… Verdammt, wir wissen überhaupt nichts darüber, außer daß die Namen, die dahinterstecken, außerordentlich beeindruckend sind. Ohne daß wir bis jetzt überhaupt wissen, was gespielt wird, bringen wir raus, daß sie ihren eigenen, privaten Friedhof auf dem Grundstück des Generalquartiermeisters des Pentagon haben, der sich mal eben den Kopf weggeschossen hat, ein kleineres Problem, mit dem wir zu tun haben… Herrgott, Delta, stop it! Die Raketen kollidieren!«
Obwohl er vor Swaynes Schreibtisch stand, mit der Leiche des Generals neben sich, mußte Borowski lächeln.»Aber damit rechnen wir doch, oder? Das ist ein Szenario, wie es von unserem geliebten heiligen Alex geschrieben sein könnte.«
«Ich bin nur Beifahrer, nicht der Steuermann…«
«Was ist mit dem Doktor?«unterbrach Jason.»Du warst schon fünf Jahre lang nicht mehr aktiv. Woher weißt du, daß er noch im Geschäft ist?«
«Ab und zu treffe ich ihn. Wir gehen beide gern in Ausstellungen. Vor ein paar Monaten traf ich ihn in der Corcoran-Galerie, und da beschwerte er sich, daß man ihm nicht genügend zu tun gäbe.«
«Das kannst du heute nacht ändern.«
«Ich versuche es. Was wirst du tun?«
«Vorsichtig alles hier auseinandernehmen.«
«Handschuhe?«
«Operationshandschuhe natürlich.«
«Faß die Leiche nicht an.«
«Nur die Taschen — ganz vorsichtig… Swaynes Frau kommt die Treppe herunter. Ich ruf dich wieder an, wenn sie gegangen sind. Krieg den Doktor zu fassen!«
Ivan Jax, Doktordiplom der Yale-Universität, chirurgischer Facharzt am Allgemeinen Krankenhaus von Massachusetts, Lehramt an der Medizinischen Fakultät, gebürtiger Jamaikaner und vormaliger Berater der CIA dank eines schwarzen Bekannten mit dem unwahrscheinlichen Namen Kaktus, fuhr durch das Tor von General Swaynes Anwesen in Manassas, Virginia. Es gab Zeiten, dachte Ivan, da wünschte er, niemals den alten Kaktus getroffen zu haben. Heute abend war wieder so ein Moment, obwohl er es ansonsten überhaupt nicht bedauerte, Kaktus' Bekanntschaft gemacht zu haben. Dank der» magischen Papiere «des alten Mannes hatte Jax seinen Bruder und seine Schwester aus Jamaika herausholen können, damals, während der Diktatur Manleys, als es Fachkräften verboten war zu emigrieren, und schon gar nicht, wenn sie persönliche Gelder mitnehmen wollten.
Kaktus jedoch hatte mit Hilfe von vollständigen Falsifikaten amtlicher Erlaubnisbescheinigungen beide jungen Leute aus dem Land bekommen, zusammen mit Banküberweisungen, die in Lissabon eingelöst wurden. Alles, was der alte Fälscher dazu benötigt hatte, waren gestohlene leere Formulare aus verschiedenen Ämtern, einschließlich Papieren für den Import/Export, sowie den Pässen der beiden jungen Leute, ferner einzelnen Fotos und Kopien verschiedener Unterschriften von gewissen Leuten in Amt und Würden, welche man leicht kopieren konnte aus den zahllosen bürokratischen Verordnungen, die in der von der Regierung kontrollierten Presse abgedruckt wurden. Ivans Bruder war jetzt ein wohlhabender Rechtsanwalt in London und seine Schwester Wissenschaftlerin in Cambridge.