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Alexander Conklin schrieb mit vor Anstrengung geröteten Augen auf der Tastatur seines Computers. Er sah immer wieder in die Bücher, die ihm Borowski von General Norman Swaynes Landsitz geschickt hatte. Zwei schrille Pieptöne durchbrachen plötzlich die Stille des Zimmers. Es war das seelenlose Robotersignal dafür, daß wieder einmal ein Name doppelt aufgetaucht war. Er überprüfte die Eingabe.

R. G. Was bedeutete das? Er blätterte zurück und fand nichts. Er drückte die Vorwärtsknöpfe wie ein geistloser Automat. Drei Pieptöne. Er drückte wieder und wieder, schneller, immer schneller. Vier Pieptöne… fünf… sechs. Zurück — stop — vorwärts. R. G. R. G. R. G. Was, zum Teufel, war R. G.?

Er verglich verschiedene Eingaben aus den drei ledergebundenen Mappen. Eine gemeinsame Nummer erschien in grünen Buchstaben auf dem Monitor. 617-2020011. Eine Telefonnummer. Conklin griff zum Langley-Telefon, rief den Nachtdienst an und bat den CIA-Mann, die Nummer zu überprüfen.

«Steht nicht im Telefonbuch, Sir. Es ist eine von drei Nummern für ein und dieselbe Wohnung in Boston, Massachusetts.«

«Den Namen, bitte.«

«Gates, Randolph. Die Wohnung liegt in…«

«Schon gut«, unterbrach Alex. Er wußte, er hatte die entscheidende Information. Randolph Gates, Jurist, Anwalt für die Privilegierten, Verteidiger der Je-größer-je-besser-, der Am-größten-am-besten-Fanatiker. Eigentlich logisch, daß dieser Gates seine Finger da drin hat, bei den Milliarden von Dollar, die in Europa von amerikanischen Interessen kontrolliert werden… Nein, warte einen Moment. Es war überhaupt nicht richtig, es war falsch! Es war eigentlich undenkbar für einen Anwalt mit Lehrauftrag, irgendwelche wie auch immer gearteten Beziehungen zu einer höchst fragwürdigen, sogar illegalen

Organisation wie Medusa zu unterhalten. Das machte keinen Sinn! Auch wenn er den gefeierten, mächtigen Rechtsverdreher alles andere als bewunderte, mußte er ihm doch zugestehen, daß keiner in der gesamten Anwaltskammer eine reinere Weste hatte. Er war ein berüchtigter Pedant, der oft kleinste juristische Details ausnutzte, um seine Ziele zu erreichen. Aber niemals hatte jemand gewagt, seine Integrität in Frage zu stellen. Seine rechtlichen und philosophischen Auffassungen waren derart unpopulär bei den glänzendsten Anwälten des liberalen Establishment, daß er beim leisesten Hinweis auf Unregelmäßigkeiten mit Wonne diskreditiert worden wäre.

Dennoch tauchte hier sein Name gleich sechsmal im Terminkalender eines Medusa-Mannes auf, der die Verantwortung für unzählige Millionen Dollar aus dem Verteidigungshaushalt getragen hatte. Ein Mann, dessen angeblicher Selbstmord in Wirklichkeit Mord war.

Conklin blickte auf den Bildschirm, auf das Datum von Swaynes letzter Eintragung bezüglich R.G. Der zweite August, das war vor knapp einer Woche gewesen. Er nahm den ledergebundenen Kalender zur Hand und schlug den Tag auf. Er hatte sich auf die Namen konzentriert, nicht auf die Kommentare, es sei denn, die Informationen erschienen ihm relevant — er vertraute da auf seinen Instinkt.

Wenn er von vornherein gewußt hätte, wer R.G. war, wäre ihm die abgekürzte, handgeschriebene Notiz neben der letzten Eintragung gleich ins Auge gefallen.

R. G. ist geg. Erng. v. Maj. Crft. Brauchen Crft. in s. Stab. Schi. Paris — vor 7 Jhr. 2 Akte raus und in Gewhrs.

Das Paris hätte ihn stutzig machen sollen, dachte Alex, aber alle Notizen Swaynes waren voll mit fremdländischen und exotischen Namen und Orten, als ob der General versucht hätte, dem Leser seiner persönlichen Notizen, wer immer das auch sein mochte, zu imponieren. Conklin war, wie er mit Bedauern feststellte, furchtbar müde. Wäre sein Computer nicht gewesen, wäre er sicher nie auf Dr. Randolph Gates, den Olympier des Rechts, gestoßen.

Paris — vor 7 Jhr. 2 Akte raus und in Gewhrs.

Der erste Teil war klar, der zweite dunkel, aber nicht allzusehr. Die»2«bezog sich auf den Geheimdienst der Armee, G-2, und die» Akte «war eben dies, ein Ereignis oder eine Enthüllung, die von Geheimdienstlern in Paris vor 7 Jhr. entdeckt und aus der Datenbank entfernt worden war. Es war der Versuch eines Amateurs, das Kauderwelsch des Geheimdienstes zu gebrauchen…»Schl. «bedeutete» Schlüssel«- Jesusmaria, war Swayne ein Idiot! Alex schrieb die Notiz, wie sie richtig lauten sollte, in sein Notizbuch:

«Randolph Gates zieht die Ernennung von einem Major Craft oder Croft oder sogar Christopher nicht in Betracht, denn das f könnte auch ein s sein. (Aber) wir brauchen Croft in seinem Stab. Der Schlüssel ist, die Informationen in unserer G-2-Akte über Gates in Paris vor sieben Jahren zu benutzen; besagte Akte ist entfernt und in unserem Besitz.«

Wenn dies auch nicht die exakte Übersetzung von Swaynes Eintrag ist, so ist sie sicher so dicht am eigentlichen Inhalt, daß man damit operieren kann, dachte Conklin. Er drehte seinen Arm und sah auf die Uhr. Es war zwanzig nach drei Uhr früh, eine Zeit, zu der selbst die disziplinierteste Person durch schrilles Telefonklingeln ins Schlottern käme. Warum nicht? David — Jason — hatte recht. Jede Stunde zählte jetzt. Alex griff zum Hörer und wählte die Nummer von Boston, Massachusetts.

Dauernd klingelt das Telefon, und die Schlampe nimmt nicht ab! Dann sah Gates auf das erleuchtete Display, und das Blut gefror in seinen Adern. Jemand hatte die Geheimnummer angewählt, eine Nummer, die nur sehr wenigen vorbehalten war. Mit weit aufgerissenen Augen warf er sich wild im Bett herum. Der seltsame Anruf regte ihn auf, je mehr er daran dachte. Das betraf Montserrat, das wußte er. Die Information, die er weitergegeben hatte, war falsch… Prefontaine hatte ihn angelogen, und jetzt forderte Paris Rechenschaft! Mein Gott, sie würden ihn verfolgen, ihn bloßstellen!.. Nein, es gab einen Ausweg, eine vollständig akzeptable Erklärung: die Wahrheit. Er würde Paris die Lügner ausliefern, dem Pariser Mann hier in Boston. Er würde den versoffenen Prefontaine in die Falle locken und diesen blöden Detektiv und würde sie zwingen, ihre Lügen der einzigen Person zu erzählen, die ihn freisprechen konnte… Das Telefon! Er mußte antworten. Er durfte auf keinen Fall den Anschein erwecken, er habe etwas zu verbergen! Er griff nach dem pausenlos läutenden Gerät und zog es zu sich heran.

«Ja?«

«Vor sieben Jahren, Herr Rechtsanwalt«, begann die ruhige Stimme in der Leitung.»Muß ich Sie daran erinnern, daß wir Ihre komplette Akte haben? Das Deuxieme Bureau war sehr kooperativ, weit mehr, als Sie es waren.«

«Um Himmels willen, ich wurde angelogen!«schrie Gates. Er schwang seine Beine aus dem Bett, und seine Stimme war rauh.»Sie dürfen nicht glauben, daß ich wissentlich falsche Informationen liefern würde. Ich wäre ja verrückt!«

«Wir wissen, daß Sie renitent sein können. Wir haben eine einfache Forderung gestellt…«

«Ich habe sie erfüllt, ich schwöre es! Guter Gott, ich habe fünfzehntausend Dollar bezahlt, um sicherzugehen, daß alles verschwiegen, absolut unbeweisbar bleibt — nicht, daß das Geld zählt, natürlich… «

«Sie bezahlten…?«unterbrach die ruhige Stimme.

«Ich kann Ihnen die Bankauszüge zeigen!«

«Wofür?«

«Die Information natürlich. Ich habe einen ehemaligen Richter angeheuert, der Kontakte hat…«

«Für die Information über Croft?«

«Was?«

«Craft… Christopher.«

«Wer?«

«Unser Major, Herr Rechtsanwalt. Der Major.«

«Wenn das ihr Kodename ist, dann ja, ja, habe ich!«

«Ein Kodename?«

«Von der Frau. Die Frau. Die beiden Kinder. Sie sind nach Montserrat geflogen. Ich schwöre, daß mir das gesagt wurde!«

Da war plötzlich ein Klicken, und die Leitung war tot.

Kapitel 13

Conklin brach in Schweiß aus, während seine Hand noch auf dem Apparat lag. Er ließ das Telefon los und stand vom Stuhl auf, humpelte weg vom Computer, schaute ihn wieder an, auf ihn hinunter, als wäre es ein monströses Ding, das ihn in ein verbotenes Land entführt hatte, wo nichts so war, wie es schien oder sein sollte. Was war geschehen? Wie konnte Randolph Gates irgend etwas über Montserrat wissen, über Marie und die Kinder? Warum?