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«Dann brauche auch ich Schutz«, meinte Prefontaine.

«Bekommen Sie… «

«Und vielleicht etwas mehr«, fuhr der alte, abgehalfterte Richter fort.»Mein Klient hat keine Ahnung, daß ich hergekommen bin, keine Ahnung von dem, was hier geschehen ist. Das alles könnte seine Großzügigkeit mächtig anfeuern, wenn ich ihm beschriebe, was ich erfahren und beobachtet habe. Er würde vor Angst den Verstand verlieren, in solche Dinge verwickelt zu sein. Denn in Anbetracht der Tatsache, daß ich beinahe von dieser hünenhaften Amazone getötet worden wäre, verdiene ich wirklich etwas mehr.«

«Werde ich dann auch belohnt, weil ich Ihr Leben gerettet habe, Monsieur?«

«Wenn ich irgend etwas von Wert besäße — außer meinen Rechtskenntnissen, die Ihnen zur Verfügung stehen —, würde ich es mit Vergnügen teilen. Das gilt für alles, was ich bekomme.«

«Merdbien, cousin.«

«D'accord, man ami, aber laß das nicht die irischen Nonnen hören.«

«Sie sehen nicht wie ein armer Mann aus, Richter«, sagte St. Jacques.

«Dann täuscht die Erscheinung ebenso wie ein längst vergessener Titel, den Sie so großzügig benutzen… Vielleicht sollte ich hinzufügen, daß ich keine extravaganten Wünsche habe, weil ich allein lebe, und mein Dasein erfordert keinen Luxus.«

«Sie haben also auch Ihre Frau verloren?«

«Zwar geht Sie das eigentlich nichts an, aber meine Frau hat mich vor neunundzwanzig Jahren verlassen, und mein achtunddreißigjähriger Sohn, jetzt ein erfolgreicher Anwalt an der Wall Street, benutzt ihren Namen, und wenn er von neugierigen Leuten gefragt wird, sagt er, daß er mich niemals gekannt hat. Ich habe ihn nicht mehr gesehen, seit er zehn Jahre alt war.«

«Quelle tristesse.«

«Quelle Scheiße, Cousin. Der Bursche hat meinen Verstand geerbt, nicht den der hohlköpfigen Frau, die ihn geboren hat… Wir kommen jedoch vom Thema ab. Mein reinblütiger Franzose hier hat seine Gründe — die offenbar auf Verrat beruhen —, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Ich habe ebenfalls starke Gründe, Ihnen zu helfen, aber ich muß auch an mich denken. Mein alter Freund kann nach Paris zurück und dort sein Leben beenden, während ich nirgends anders hin kann als nach Boston und zurück zu den dürftigen Chancen, die sich mir dort für meinen Lebensunterhalt bieten. Daher müssen meine tieferen Motive, Ihnen zu helfen, leider zurückstehen. Mit dem, was ich jetzt weiß, würde ich keine fünf Minuten in den Straßen von Boston überleben.«

«Der Durchbruch«, sagte John St. Jacques und starrte Prefontaine an.»Tut mir leid, Richter wir brauchen Sie nicht.«

«Was?«Marie beugte sich in ihrem Sitz vor.»Bitte, Bruder, wir brauchen jede Hilfe, die wir bekommen können!«

«Nicht in diesem Fall. Wir wissen, wer ihn angeheuert hat.«

«Wirklich?«

«Conklin weiß es. Er nannte es den Durchbruch. Er sagte mir, daß der Mann, der dich und die Kinder aufgespürt hat, einen Richter benutzte, um dich zu finden. «Der Bruder nickte dem Bostoner über den Tisch zu.»Ihn. Deswegen habe ich ein Hunderttausend-Dollar-Boot zu Schrott gefahren, um herzukommen. Conklin weiß, wer sein Auftraggeber ist.«

Prefontaine schaute wieder zu dem alten Franzosen.»Jetzt ist die Zeit für quelle tristesse gekommen, alter Held. Mir ist nichts geblieben. Meine Beharrlichkeit hat mir nur einen wunden Nacken und einen versengten Skalp eingebracht.«

«Nicht unbedingt«, unterbrach Marie.»Sie sind Anwalt, also müßte ich es Ihnen nicht erst sagen: Zeuge zu sein ist Kooperation. Wir brauchen Sie vielleicht, um alles, was Sie wissen, bestimmten Leuten in Washington zu erzählen.«

«Eine Zeugenaussage kann nur unter Strafandrohung erzwungen werden, meine Werte. Unter Eid in einem Gerichtssaal, da gebe ich Ihnen sowohl mein persönliches als auch mein professionelles Wort drauf.«

«Wir gehen nicht vor Gericht. Niemals.«

«Oh?… Ich verstehe.«

«Das ginge schwerlich, Richter, nicht zu diesem Zeitpunkt. Wenn Sie jedoch einverstanden sind, uns zu helfen, werden Sie gut bezahlt. Vor einem Augenblick sagten Sie noch, daß es gute Gründe gäbe, uns zu helfen, Gründe, die Ihrem eigenen Wohlergehen zuliebe hintangestellt werden müßten…«

«Sind Sie zufällig Rechtsanwältin, meine Liebe?«

«Nein, Volkswirtin.«

«Jesus Maria, das ist noch schlimmer… Meine Gründe?«

«Betreffen sie Ihren Klienten, den Mann, der Sie angeheuert hat, um uns aufzuspüren?«

«Tun sie. Diese persona augusta — wie in Caesar Augustus — müßte vernichtet werden. Von seiner schleimigen Intellektualität mal ganz abgesehen, ist er eine Hure. Er war einmal jung und vielversprechend, mehr, als ich es ihn jemals wissen ließ, aber aus persönlicher Gier hat er alles zum Teufel gehen lassen.«

«Wovon spricht er eigentlich, Marie?«

«Von einem Mann mit einer Menge Einfluß und Macht. Und keines von beiden sollte er haben. Unser verurteilter Gauner hat die persönliche Moral entdeckt.«

«Spricht so ein Volkswirt?«fragte Prefontaine und berührte wieder tastend seine Wunde.»Ein Ökonom, der über einen etwas danebengegangenen Coup nachdenkt, welcher überstürzte Aufkäufe oder Verkäufe an der Börse verursachte, aus denen wiederum Verluste resultierten, die viele Leute verkraften konnten, aber sehr viel mehr Menschen nicht?«

«Ich war niemals so wichtig, aber ich gebe zu, daß es eine Menge Leute gibt, die nie ein Risiko eingegangen sind, weil sich ihre Coups immer am Schreibtisch abgespielt haben. Das ist eine sichere Position… Ihre nicht, Richter. Sie brauchen vielleicht den Schutz, den wir Ihnen geben können. Was ist Ihre Antwort?«

«Sie sind sehr kalt…«

«Ich muß es sein«, sagte Marie und ließ ihren Blick auf dem Mann aus Boston ruhen.»Ich möchte Sie auf unserer Seite haben, aber bitten tue ich nicht darum. Ich würde Sie einfach ohne etwas laufen lassen, zurück in die Straßen von Boston.«

«Sie sind sicher, daß Sie kein Anwalt sind — oder vielleicht sogar ein Scharfrichter?«

«Wählen Sie. Ich erwarte Ihre Antwort.«

«Wird mir vielleicht mal jemand sagen, was hier, zum Teufel, vor sich geht?«rief John St. Jacques.

«Ihre Schwester«, antwortete Prefontaine mit einem lächelnden Blick zu Marie,»hat einen Rekruten angeheuert. Sie hat deutlich die Optionen herausgearbeitet, was jeder Anwalt

versteht, und die Brillanz ihrer Logik in Verbindung mit ihrem hübschen Gesicht und dem dunkelroten Haar macht meine Antwort unvermeidlich.«

«Was…?«

«Er hat sich für uns entschieden, Johnny.«

«Wozu brauchen wir ihn?«

«Auch ohne Gerichtssaal aus ein Dutzend verschiedenen Gründen, junger Mann«, antwortete der Richter.»In gewissen Situationen ist Freiwilligkeit nicht der beste Weg, es sei denn, man wird auch außerhalb des Gerichtssaals gut geschützt.«

«Stimmt das, Schwester?«

«Es ist nicht falsch, Bruder, aber es liegt an Jason — verdammt, David!«

«Nein, Marie«, sagte John St. Jacques und bohrte seine Augen in die seiner Schwester.»Es liegt an Jason.«

«Sollte ich mir diese Namen merken?«fragte Prefontaine.

«Der Name Jason Borowski< war an die Wand Ihrer Villa gesprüht.«

«Meine Instruktionen, Cousin«, sagte der falsche und doch nicht so falsche Held von Frankreich.»Es war notwendig.«

«Ich verstehe nicht… genausowenig wie ich den anderen Namen verstanden habe, >Schakal< oder >Carlos<, nach dem Sie mich ziemlich brutal ausgefragt haben, als ich noch nicht sicher war, ob ich lebendig oder tot war. Ich dachte, der >Schakal< sei irgendeine Erfindung. «Der alte Richter blickte fragend in die Runde.

Der Mann, der sich Jean Pierre Fontaine nannte, schaute Marie an. Sie nickte, worauf er erklärte:»Carlos, der Schakal, ist eine Legende, aber er ist keine Fiktion. Er ist ein professioneller Killer, jetzt etwa sechzig Jahre alt, von dem das Gerücht sagt, er sei krank, der aber immer noch von furchtbarem Haß besessen ist. Er ist ein Mann mit vielen Gesichtern, vielen