Borowski sprang mit einem Schrei aus dem Unterholz hoch, voll ins Licht, und warf sich gleichzeitig nach rechts, berührte eine Sekunde mit seinem Fuß den weichen Boden, machte eine Drehung und tauchte nach links weg.»Renn zur Hütte!«schrie er. Doch er bekam eine Antwort. Zwei weitere Schüsse, zweimal ein Zischen in der Luft, und die Kugeln gruben sich in die Erde zu seiner Rechten. Der Killer war gut, vielleicht kein Experte, aber gut. Eine 357er hatte sechs Schuß; fünf hatte er abgefeuert, aber er hatte genügend Zeit gehabt, das Magazin nachzuladen. Eine andere Strategie — schnell!
Plötzlich tauchte eine andere Figur auf, ein Mann, der die Straße entlang zur Rückseite von Flannagans Hütte rannte. Er war völlig ungeschützt!
«Hier, du Bastard«, schrie Jason, sprang hoch und feuerte seine Automatic blind in das Gebüsch neben dem Haus. Und dann bekam er eine zweite Antwort, eine willkommene. Ein einziger Schuß, ein Zischen in der Luft und dann nichts mehr. Der Killer hatte nicht nachgeladen! Vielleicht besaß er keine Kugeln mehr — was auch immer, jetzt hatte er ihn.
Borowski stürmte im Licht der Leuchtrakete über den Rasen; die Hunde waren jetzt wach, ihr Bellen und Kampfgeheul wurden immer lauter. Der Killer floh aus dem Gebüsch auf die Straße, rannte im Schatten der Bäume zu den Eingangstoren. Jason hatte den Bastard, er wußte es. Die Tore waren geschlossen, der Medusa-Mann war in der Falle. Borowski schrie:»Es gibt keinen Ausweg, Schlangenlady! Gib auf!«
Ein Schuß, ein Zischen. Der Mann hatte beim Rennen erneut geladen! Jason feuerte, der Mann fiel auf die Straße. Die einsetzende Stille der Nacht wurde fast gleichzeitig wieder durch den Lärm eines starken Automotors unterbrochen. Das
Fahrzeug raste draußen auf der Straße entlang, und seine aufblitzenden roten und blauen Lichter bedeuteten Polizei. Die Polizei! Die Alarmanlage mußte direkt mit dem Hauptquartier der Polizei in Manassas verbunden gewesen sein.
Er hatte angenommen, daß solch eine Maßnahme unmöglich sei, wo Medusa im Spiel war. Es war nicht logisch, die Sicherheit war eine interne Angelegenheit, für die Schlangenlady durfte es keine äußeren Faktoren geben. Da stand zuviel auf dem Spiel, zuviel, das geheimgehalten werden mußte- ein Friedhof!
Der Killer krümmte sich auf der Straße und rollte sich zu den Pinien am Straßenrand. Seine Hand hielt krampfhaft etwas fest. Jason näherte sich ihm, als zwei Polizeioffiziere vor dem Tor aus dem Polizeiwagen stiegen. Er schnellte mit dem Fuß vor und traf den Körper des Mannes. Der ließ den Gegenstand los, und Jason hob ihn auf. Es war ein ledergebundenes Buch, wie ein Band von Dickens oder Thackeray, mit bossierten Goldbuchstaben. Verrückt! Dann schlug er eine Seite auf und verstand, daß es gar nicht verrückt war. Innen waren keine bedruckten Seiten, nur das Gekritzel handgeschriebener Notizen. Es war ein Tagebuch, ein Hauptbuch!
Es durfte keine Polizei geben! Besonders jetzt nicht. Er durfte ihnen nicht erlauben, von seinem und Conklins Eindringen in Medusa zu erfahren. Das ledergebundene Buch in seiner Hand durfte nicht das Licht des Tages erblicken! Der Schakal war alles. Er mußte sie loswerden!
«Wir bekamen einen Anruf, Mister«, begann ein Polizist mittleren Alters und kam auf das Torgitter zu, und der jüngere Kollege gesellte sich zu ihm.»Das Hauptquartier sagte, der Anrufer war furchtbar aufgeregt. Aber ich habe ihm gesagt, daß es hier in letzter Zeit einige ziemlich wilde Parties gegeben hat, was keine Kritik bedeuten soll, Sir. Wir alle möchten's manchmal lustig haben, nicht wahr?«
«Ganz richtig, Officer«, antwortete Jason und versuchte angestrengt, das schmerzhafte Stechen in der Brust zu unterdrücken. Er warf einen Blick auf den verwundeten Killer — er war verschwunden!» Es gab eine kurze StromUnterbrechung, die irgendwie die Leitungen durcheinandergebracht hat.«
«Das passiert oft«, bestätigte der jüngere Beamte.»Plötzliche Regengüsse und sommerliche Hitzegewitter. Eines Tages werden alle Kabel unter die Erde gelegt. Meine Leute haben ein Haus…«
«Alles ist wieder normal«, unterbrach ihn Borowski.»Wie Sie sehen, sind im Haus einige Lichter schon wieder an.«
«Ich kann nichts sehen wegen der Leuchtraketen«, sagte der jüngere Polizist.
«Der General trifft immer alle Vorsichtsmaßnahmen«, erklärte Jason.»Er meint wohl, daß er das tun muß«, fügte er etwas lahm hinzu.»Egal, alles ist, wie ich schon sagte, wieder normal. Okay?«
«Für mich schon«, antwortete der Ältere,»aber ich habe eine Botschaft für jemanden mit Namen Webb. Ist er drinnen?«
«Ich bin Webb«, sagte Borowski alarmiert.
«Das macht es leichter. Sie sollen sofort einen Mr. Conk anrufen. Es ist dringend.«
«Dringend?«
«Ein Notfall, wurde uns gesagt. Es kam über Funk.«
Jason hörte ein Rasseln am Zaun. Der Killer war am Entkommen!» Gut, Officer, die Telefone gehen noch nicht… Haben Sie eins im Wagen?«
«Nicht für den persönlichen Bedarf, Sir. Tut mir leid.«
«Aber Sie sagten doch gerade, es sei ein Notfall.«»Gut, ich denke, da Sie ein Gast des Generals sind, kann ich es erlauben. Wenn es ein Ferngespräch ist, wäre es gut, wenn Sie eine Kreditkarte hätten.«
«Oh, mein Gott. «Borowski schloß das Tor auf und rannte zum Polizeiwagen, als die Alarmsirene im Haus aktiviert wurde aktiviert und sofort wieder abgestellt. Der überlebende Bruder hatte offenbar Kaktus gefunden.
«Was war das?«bellte der jüngere Polizist.
«Vergessen Sie's!«schrie Jason, sprang in den Wagen und riß das ihm allzu vertraute Polizeitelefon von der Gabel. Er gab die Nummer von Alex in Virginia ein und wiederholte ständig den Satz:»Es ist ein Notfall, es ist ein Notfall!«
«Ja?«antwortete Conklin.
«Ich bin's.«
«Was ist passiert?«
«Zu verwickelt, um es zu erklären. Was ist mit dem Notfall?«
«Ich habe für dich einen Privatjet ab Flughafen Reston.«
«Reston? Das liegt nördlich von hier…«
«Der Flughafen von Manassas hat nicht die Ausrüstung. Ich schicke dir einen Wagen.«
«Warum?«
«Tranquility. Marie und die Kinder sind okay. Sie sind okay. Sie hat das Kommando.«
«Was bedeutet das, verflucht?«
«Komm zum Flughafen Reston, und ich erzähle es dir.«
«Ich will mehr wissen!«
«Der Schakal kommt heute mit dem Flugzeug.«
«Jesus Maria!«
«Wickle dort alles ab und warte auf den Wagen.«
«Ich nehme diesen hier!«»Nein! Nicht, wenn du nicht alles auffliegen lassen willst. Wir haben Zeit. Bring dort erst alles in Ordnung.«
«Kaktus — er ist verletzt, angeschossen.«
«Ich rufe Ivan an. Er wird sofort kommen.«
«Da ist nur noch ein Bruder übrig — nur einer, Alex. Ich habe die beiden anderen getötet — ich war verantwortlich.«
«Laß das. Hör auf. Tu, was du tun mußt.«
«Verflucht, das kann ich nicht. Irgend jemand muß hierbleiben, und ich kann es nicht!«
«Du hast recht. Da gibt es zu viel, was unter dem Teppich bleiben muß, und du mußt nach Montserrat. Ich fahre den Wagen raus und nehme deinen Platz ein.«
«Alex, sag mir, was auf Tranquility passiert ist!«
«Die alten Männer… deine alten Männer von Paris, das ist passiert.«
«Sie sind tot«, sagte Borowski ruhig und schlicht.
«Nein, sie wurden umgedreht — zumindest nach dem, was ich mitbekommen habe. Sie sind jetzt auf unserer Seite.«
«Sie sind niemals auf Seiten von irgend jemandem außer der des Schakals. Du kennst sie nicht.«
«Du auch nicht. Höre auf deine Frau. Aber geh jetzt ins Haus zurück und schreibe alles auf, was ich wissen muß… Und Jason, ich muß dir etwas sagen: Ich bete zu Gott, daß du deine Lösung unsere Lösung — auf Tranquility findest. Denn alles in allem kann ich diese Medusa-Sache nicht viel länger in unserer Hand behalten. Ich denke, daß du das weißt.«