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Geschäftspraktiken, die ich — zugegeben gut kenne. Hier geht's um die Rache eines Verrückten, um einen sinnlosen Mord an einer Mutter und ihren beiden Kindern. Wo liegt da ein Profit?… Nein, der Schakal ist zu weit gegangen. Er muß gestoppt werden.«

«Das sind verdammt die kaltblütigsten Überlegungen, die ich je gehört habe!«schrie John St. Jacques am Fenster.»Ich finde, Sie haben völlig recht«, sagte der Richter zu dem Mann aus Paris. »Tres bien.«

«Ich muß wahnsinnig sein, daß ich mich mit den beiden abgebe«, pflichtete Jason seinem Schwager bei.»Aber ich habe keine andere Wahl… Es ist elf Uhr fünfunddreißig, meine Herren. Die Uhr läuft.«

«Was?«fragte Prefontaine.

«Was auch immer passiert — es wird bald passieren, in den nächsten zwei, fünf, zehn oder vierundzwanzig Stunden. Ich fliege zum Flughafen Blackburne zurück und veranstalte dort eine kleine Szene: der arme Gatte, dem Frau und Kinder ermordet wurden und der schier verzweifelt. Das wird mir nicht schwerfallen, da könnt ihr sicher sein. Das gibt ein schönes Spektakel… In Blackburne verlange ich lauthals einen sofortigen Flug nach Tranquility, wo dann drei Piniensärge auf der Pier stehen… «

«Alles, wie es sein muß«, unterbrach der Franzose. »Bien.«

«Tres bien«, stimmte Borowski zu.»Ich werde darauf bestehen, daß einer der Särge geöffnet wird, dann werde ich schreien oder zusammenbrechen oder beides. Johnny wird versuchen, mich zu beruhigen — du mußt grob sein, Johnny, überzeugend —, und dann wird er mich in eine Villa bringen, am besten in die gleich am Strand. Und dann beginnt das Warten.«

«Auf den Schakal?«fragte Prefontaine.»Wird er wissen, wo Sie sind?«

«Natürlich wird er. Eine Menge Leute wird wissen, wohin ich gebracht wurde. Er wird es herausfinden, das ist für ihn ein Kinderspiel.«

«Sie wollen also auf ihn warten, Monsieur? Sie glauben, daß Monseigneur in eine solche Falle gehen wird? Ridicule!«

«Keineswegs«, entgegnete Borowski ruhig.»Denn ich werde nicht dort sein, und bis er das herausgefunden hat, habe ich ihn aufgespürt.«

«Um Himmels willen, wie denn?«rief St. Jacques.

«Weil ich besser bin als er. Das war ich schon immer.«

Alles ging wie geplant über die Bühne. Das Flughafenpersonal von Montserrat war immer noch wütend über die Beschimpfungen, die ihnen der große Amerikaner an den Kopf geworfen hatte —»ihr seid alle Mörder! Ihr habt zugelassen, daß meine Frau und meine Kinder von Terroristen ermordet wurden! Nigger seid ihr — Gehilfen von lausigen Killern!«Jeder Inselbewohner, der davon hörte, war einerseits traurig, andererseits beleidigt. Traurig, weil Borowskis Haß verständlich war, und beleidigt, weil er ungerecht war, weil er sie beschimpfte. War das der Mann, den sie seit langem kannten, der reiche Bruder des geselligen John St. Jacques, ihr Freund, der soviel Geld auf Tranquility Island investiert hatte? Nein, er war kein Freund, sondern ein weißes Arschloch, das sie beschimpfte, nur weil ihre Haut schwarz war, obwohl sie nichts mit diesen schrecklichen Dingen zu tun hatten. Ein böses Spiel, Mann. Es war Teil des Wahnsinns, des Obeah, der übers Wasser aus den Bergen von Jamaika gekommen war, der die Insel mit einem Fluch belegt hatte. Beobachtet ihn, Brüder. Beobachtet jede seiner Bewegungen. Vielleicht war er ein Sturm, ein Wirbelsturm, zerstörerischer als die, die übers Wasser kommen. Beobachtet ihn.

Also wurde er beobachtet. Von vielen, von Zivilisten und Uniformierten gleichermaßen, wie der nervöse Henry Sykes dem Gouverneur versprochen hatte. Diese Aufgabe, die ihm von höchster Seite anvertraut wurde, erledigte der Zollbeamte unaufdringlich und gründlich. An der Pier von Tranquility tobte Borowski noch schlimmer, er schlug auf seinen Schwager ein, bis der jüngere Mann ihn gebändigt und die Stufen hinauf in die nächste Villa gebracht hatte. In die Vorhalle kamen und gingen Angestellte und brachten zu essen und zu trinken. Ausgewählte Besucher durften ihr Beileid überbringen, so auch der Chefadjutant des Gouverneurs, der in vollem militärischem Wichs erschien, einem Symbol für die Anteilnahme der Krone. Auch ein alter Mann, der davon sprach, daß er zwei Weltkriege mitgemacht habe und den Tod kenne, bestand darauf, den Hinterbliebenen zu sehen. Er kam in Begleitung einer schwarzen Krankenschwester, und beide trugen, dem Anlaß angemessen, Hut und Trauerflor. Ferner kamen noch zwei kanadische Hotelgäste, enge Freunde des Besitzers, die den Unglücklichen kennengelernt hatten, als das Tranquility Inn vor Jahren mit einem großen Feuerwerk eröffnet worden war. Sie alle wollten ihm ihr Beileid aussprechen und boten jedwede Unterstützung an. John St. Jacques war einverstanden, bat aber darum, sich kurz zu fassen und daß er, als Schwager, in der Nähe bleiben könne.

«Es ist alles so schrecklich, so sinnlos!«sagte der Besucher aus Toronto leise zu dem Mann, der im Schatten einer Zimmerecke zusammengesunken auf seinem Stuhl saß.»Ich hoffen Sie sind ein frommer Mann, David. Der Glaube hilft uns in solchen Zeiten. Ihre geliebten Angehörigen sind jetzt in den Armen Gottes.«

«Danke. «Eine kurze Brise von der See her hob leicht die Vorhänge, und ein Sonnenstrahl drang ins Zimmer, der das Gesicht des Mannes erhellte. Das reichte.

«Moment«, sagte der zweite Kanadier.»Sie sind doch gar nicht… guter Gott, Sie sind nicht Dave Webb! Dave hat…«

«Seien Sie still«, befahl St. Jacques, der hinter den Besuchern an der Tür stand.

«Johnny, ich habe sieben Stunden in einem Fischerboot mit Dave verbracht. Ich würde ihn doch erkennen, verdammt noch mal!«

«Beruhigen Sie sich«, sagte der Besitzer von Tranquility Inn.»Hören Sie zu, Sie beide!«St. Jacques stellte sich rasch zwischen die Kanadier und den Mann auf dem Stuhl.»Ich wünschte, ich hätte Sie nie hier reingelassen, aber das läßt sich jetzt nicht mehr ändern… Ich dachte, Sie könnten der Sache mehr Gewicht geben, zwei weitere Beobachter, falls irgend jemand Fragen stellt, was bestimmt passiert. Sie haben mit David Webb gesprochen, haben David Webb getröstet. Verstehen Sie das?«

«Ich verstehe verdammt noch mal überhaupt nichts«, widersprach der verwirrte Besucher, der vom Trost des Glaubens gesprochen hatte.»Wer ist das?«

«Der Adjutant des Gouverneurs«, antwortete St. Jacques.»Ich werde es Ihnen erklären.«»Sie meinen den Armee-Heini, der hier in voller Uniform mit einer Abteilung schwarzer Soldaten anmarschiert ist? Aber wir haben ihn doch wieder herauskommen sehen! Wir alle haben ihn doch herauskommen sehen! Er war mit dem alten Franzosen und der Krankenschwester…«

«Sie haben jemand anderen gesehen, der eine Sonnenbrille trug.«

«Webb…?«

«Meine Herren!«Der Adjutant des Gouverneurs erhob sich. Er trug die Jacke von Jason Borowski, die ihm allerdings schlecht paßte.»Sie sind Gäste auf unserer Insel, und als Gäste werden Sie sich an die Entscheidungen der Krone halten. Entweder Sie sind kooperativ, oder wir müssen Sie in Schutzhaft nehmen.«

«Langsam, Henry, das sind Freunde… «

«Freunde nennen einen Stabsoffizier nicht >Armee-Heini<…«

«Mein Kamerad hier meinte das nicht so«, entschuldigte sich der zweite Kanadier.»Er war ein armes Infanterie-Schwein in Korea.«

«Laßt uns zur Sache kommen«, sagte der andere schnell.»Wir haben hier also mit Dave gesprochen, richtig?«

«Richtig Und das ist alles, was ich Ihnen sagen kann.«

«Das reicht, Johnny. Dave hat Probleme. Was können wir tun?«

«Nichts, absolut nichts. Tun Sie, was alle hier tun.«

«Und das wäre?«fragte der religiöse Kanadier.»Was wird den Leuten hier denn geboten?«

«Das Hotel liefert ein kostenloses Spezialitäten-Büffet, und ein Meteorologe vom Wetteramt der Inseln vor dem Winde hält einen Vortrag über den Sturm der vergangenen Nacht.«