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Der Schakal hob die Waffe und feuerte.

Kapitel 17

Eine brennende, eisige Hitze schoß durch seinen Nacken, als Borowski über die Betstühle hechtete und zwischen die zweite und dritte Reihe krachte. Er klebte am Boden, krallte sich irgendwo fest. Sein Bewußtsein tauchte in eine dunkle Wolke. In der Ferne, weit, weit weg, hörte er Stimmen, die hysterisch schrien. Dann war alles schwarz.

«David.«

Das Schreien hatte aufgehört. Die einzelne Stimme war leise und drängend und benutzte einen Namen, den er nicht kennen wollte.»David, kannst du mich hören?«

Borowski öffnete die Augen: Er trug einen massiven Verband um den Hals, und er lag angezogen auf einem Bett. Dann erkannte er das verängstigte Gesicht von John St. Jacques. Daneben stand ein Mann in mittleren Jahren, den er nicht kannte.

«Carlos«, konnte Jason nur sagen.»Der Schakal!«

«Dann ist er immer noch auf der Insel«, stieß St. Jacques hervor.»Seit einer Stunde haben die Männer von Henry Sykes Tranquility abgeriegelt. Patrouillen fahren vor der Küste auf und ab und halten untereinander Kontakt. Er nennt es eine Drogenübung, sehr unauffällig und sehr offiziell. Ein paar Boote sind gekommen, aber nicht eins ist abgefahren. Es wird niemand mehr durchgelassen.«

«Und wer ist das?«fragte Borowski.

«Ein Arzt«, antwortete John.»Er wohnt im Hotel. Er ist mein Freund. Ich war sein Patient in…

«Ich denke, wir sollten diesbezüglich vorsichtig sein«, unterbrach der Arzt entschieden.»Du hast mich um meine Hilfe und mein Vertrauen gebeten, John, und das ist okay. Aber in Anbetracht der Ereignisse bleibe ich lieber anonym.«

«Sie haben völlig recht, Doktor«, ächzte Jason. Dann plötzlich schoß sein Kopf hoch, und mit weit aufgerissenen Augen rief er, fast flehend:»Ishmael! Er ist tot — ich habe ihn umgebracht!«

«Ist er nicht und hast du nicht«, sagte St. Jacques ruhig.»Es sieht verdammt schlimm aus, aber er ist nicht tot. Er ist ein zäher Bursche, wie sein Vater, und er wird überleben. Wir fliegen ihn ins Krankenhaus von Martinique.«

«Oh, mein Gott!«

«Er wurde fürchterlich zusammengeschlagen«, erklärte der Doktor.»Beide Arme sind gebrochen, außerdem hat er zahlreiche Fleischwunden und Quetschungen und, wie ich fürchte, auch innere Verletzungen und eine ernste

Gehirnerschütterung. Er ist aber, wie John schon ganz richtig sagte, ein zäher Bursche.«

«Ich hoffe sehr, daß er überlebt.«

«Wir tun unser Bestes!«

«Gut. «Borowski sah den Doktor an.»Wie schwer bin ich verletzt?«

«Ohne Röntgenaufnahmen, und bevor ich nicht gesehen habe, ob Sie sich überhaupt noch bewegen können, kann ich Ihnen nur eine vorläufige Diagnose liefern.«

«Tun Sie das.«

«Abgesehen von Ihrer Wunde, würde ich sagen, haben Sie einen traumatischen Schock erlitten.«

«Vergessen Sie's. Das zählt nicht.«

«Wer sagt das?«fragte der Doktor mit einem Lächeln.

«Ich… und ich will damit keinen Witz machen. Es geht um meinen Körper, nicht den Kopf. Den kann ich selbst beurteilen.«

«Ist er ein Einheimischer?«fragte der Doktor mit Blick zum Besitzer des Tranquility Inn.»Ein Ishmael? Nur weiß und älter? Arzt ist er nicht.«

«Antworte ihm bitte.«

«Also gut. Die Kugel hat die linke Genickseite durchschlagen und nur um Millimeter mehrere lebenswichtige Stellen verfehlt. Andernfalls wären Sie ohne Stimme und wahrscheinlich tot. Ich habe die Wunde gereinigt und genäht. Eine Weile werden Sie Ihren Kopf nur mit Schwierigkeiten bewegen können.«

«Kurz gesagt, ich habe einen etwas steifen Nacken, aber ich kann gehen…?«

«Ja, kurz gesagt.«

«Es war die Leuchtrakete, der ich es letzten Endes zu verdanken habe«, sagte Jason leise und bewegte vorsichtig den Hals.»Sie hat ihn geblendet.«

«Was?«St. Jacques beugte sich über das Bett.

«Egal… Wollen mal sehen, wie gut ich laufen kann…«Borowski rutschte vom Bett und stellte vorsichtig seine Beine auf den Boden. Als sein Schwager ihm helfen wollte, sagte er:»Nein, danke. Das muß ich allein schaffen. «Er stand auf. Die Bandage um den Hals behinderte ihn. Er machte ein paar Schritte. Die Hüfte schmerzte, er mußte damit gegen eine der Stuhlreihen geschlagen sein. Aber das war das wenigste. Ein heißes Bad würde die Schmerzen lindern, ein paar Medikamente und Salben würden ihm schon wieder auf die Sprünge helfen. Nur diese verdammte Bandage am Hals! Er meinte, fast daran zu ersticken. Außerdem zwang sie ihn, seinen Oberkörper zu drehen, wenn er in eine andere Richtung blicken wollte.

Dennoch, so dachte er, war er weit weniger behindert, als er es hätte sein können — für einen Menschen seines Alters. Verdammt.»Doktor, kann man diesen Verband nicht ein bißchen lockern? Er stranguliert mich.«

«Ein bißchen, nicht viel. Sie werden nicht riskieren wollen, daß die Nähte aufreißen.«

«Wie wäre es mit einer starken elastischen Binde?«

«Bei einer Halswunde? Eine falsche, unbedachte Bewegung… «

«Ich werd nicht aufhören, daran zu denken.«

«Sie sind ein Spaßvogel.«

«Aber gar nicht zum Spaßen aufgelegt.«

«Das liegt an der Wunde.«

«Sicherlich. Kannst du mir so eine Binde besorgen, Johnny?«

«Doktor?«St. Jacques sah den Arzt an.

«Ich glaube, wir können ihn nicht daran hindern.«

«Ich werde jemanden ins Sportgeschäft schicken.«

«Entschuldigen Sie, Doktor«, sagte Borowski, als Johnny zum Telefon ging.»Ich möchte meinem Schwager einige Fragen stellen, und ich weiß nicht, ob Sie das hören möchten.«

«Ich habe schon mehr gehört, als mir lieb ist. Ich werde im Nebenzimmer warten. «Der Arzt ging hinaus.

Während St. Jacques telefonierte, lief Jason im Zimmer herum, hob und senkte seine Arme und schüttelte seine Hände, um seine Motorik zu kontrollieren. Er legte sich auf den Boden, kroch herum, stand wieder auf, mehrmals, und war jedesmal ein bißchen beweglicher. Er mußte bereit sein — er mußte!

«Es wird nur ein paar Minuten dauern«, sagte Johnny und legte den Hörer auf.»Pritchard wird verschiedene Größen bringen.«

«Danke. «Borowski hörte mit seinen Übungen auf.»Wer war der Mann, den ich erschossen habe, Johnny? Er fiel durch den Vorhang, aber ich konnte sein Gesicht nicht sehen.«

«Niemand, den ich kenne. Und eigentlich kenne ich jeden weißen Mann auf diesen Inseln, der sich einen teuren Anzug leisten kann. Muß ein Tourist gewesen sein ein Tourist im Auftrag des Schakals. Natürlich hatte er keinen Ausweis bei sich. Henry hat ihn rüber nach Montserrat bringen lassen.«

«Wie viele Leute hier wissen, was los ist?«

«Außer den Angestellten und unseren Leuten nur noch die vierzehn Gäste, und niemand hat eine Ahnung. Ich habe die Kapelle abriegeln lassen. > Sturmschäden. < Und selbst die, die was wissen — wie der Doktor und die beiden Burschen aus Toronto kennen nicht die ganze Geschichte; und außerdem sind sie Freunde. Ich vertraue ihnen. Die anderen sind vom Rum benebelt.«

«Was ist mit den Schüssen?«

«Und was ist mit dem lautesten und schlechtesten Blasorchester der Insel? Außerdem warst du dreihundert Meter weit weg im Wald… Schau, David, viele sind ja schon abgefahren, außer ein paar Unentwegten, die auch in Teheran Urlaub machen würden. Was kann ich dir mehr sagen, als daß die Bar ein Bombengeschäft macht.«

«Es ist wie eine geheimnisvolle Scharade, wie ein Schattenspiel«, murmelte Borowski und bog wieder vorsichtig seinen Hals. Er starrte an die Decke.»Schattenfiguren, zusammenhangslos, gewalttätige Ereignisse hinter weißen Vorhängen, und nichts macht einen Sinn; man erkennt nur das, was man erkennen möchte… «