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Nein! Weg mit dir! Du bist nichts, und ich bin alles!

Laß mich, David, um Himmels willen, laß mich…

Borowski verließ den Weg und rannte über das harte tropische Gras zum Seiteneingang des großen Hauses. Blitzartig, außer Atem verlangsamte er sein Tempo zu einem Spazierengehen, als er jemanden durch die Tür herauskommen sah. Dann, als er den Mann erkannte, rannte er auf ihn zu. Er war einer der wenigen Leute unter den Angestellten, an die er sich entsann, und einer der wenigen, die er zu vergessen wünschte. Es war der unerträgliche Snob von einem stellvertretenden Manager mit Namen Pritchard, ein geschwätziger Langweiler, der zwar hart arbeitete, aber dabei niemanden die Wichtigkeit seiner Familie in Montserrat vergessen ließ — sein Onkel war der stellvertretende Direktor der Einwanderungsbehörde, für Tranquility Inn nicht ganz unwichtig.

«Pritchard!«schrie Borowski.»Haben Sie die Bandagen?«

«Wie bitte, Sir?«schrie der Vizemanager verwirrt.»Sie sind hier? Uns wurde gesagt, daß Sie heute nachmittag abgefahren sind…«

«Oh, Scheiße!«

«Sir?… Ich möchte Ihnen mein Beileid…«

«Seien Sie bitte still, Pritchard. Verstehen Sie mich?«

«Natürlich, Sir, ich war heute morgen nicht hier, um Sie zu begrüßen, oder heute nachmittag, um Ihnen Lebewohl zu sagen und meine tiefen Gefühle zum Ausdruck zu bringen, denn Mr. St. Jacques bat mich, heute abend zu arbeiten, obwohl…«

«Pritchard, ich bin in Eile. Geben Sie mir die Bandagen und sagen Sie niemandem, wirklich niemandem, daß Sie mich gesehen haben. Haben Sie verstanden?«

«Oh, das ist deutlich, Sir«, sagte Pritchard und gab ihm drei Rollen elastische Binden.»Derartig privilegierte Informationen sind bei mir gut aufgehoben, so sicher wie das Wissen, daß Ihre Frau und Ihre Kinder hier waren — oh, lieber Gott, vergib mir. Vergeben Sie mir, Sir!«

«Ich werde Ihnen vergeben und er auch, wenn Sie von nun an Ihren Mund halten.«

«Versiegelt. Er ist versiegelt. Ich fühle mich geehrt.«

«Sie werden erschossen, wenn Sie die Ehre mißbrauchen. Ist das klar?«

«Sir?«

«Verstellen Sie sich nicht, Pritchard. Gehen Sie dort in die Villa und sagen Sie Mr. St. Jacques, daß ich mit ihm in Verbindung bleibe und daß er dort bleiben soll… Sie übrigens auch.«

«Vielleicht könnte ich…«

«Na los! Gehen Sie schon!«

Der beredte Manager rannte über den Rasen, und Borowski eilte durch die Tür nach drinnen. Er nahm zwei Stufen auf einmal — noch vor ein paar Jahren wären es drei gewesen — und langte außer Atem im Büro seines Schwagers an. Er ging sofort zum Schrank, wo St. Jacques, wie er wußte, verschiedene Anzüge zum Wechseln aufbewahrte. Beide Männer hatten etwa die gleiche Größe Übergröße, wie Marie behauptete —, und Johnny hatte sich schon oft Jacken und Hemden von David ausgeliehen, wenn er auf Besuch war. Jason wählte leichte graue Hosen und einen dunkelblauen Blazer aus Baumwolle. Das einzige Hemd, ebenfalls aus Baumwolle, war kurzärmelig und glücklicherweise braun. Dunkle Sachen, die kein Licht reflektierten.

Er begann sich auszuziehen, als er einen scharfen, heißen Stich im Nacken spürte. Er sah in den Schrankspiegel. Das, was er sah, beunruhigte ihn, machte ihn aber auch wütend. Die Bandage um seinen Hals war dunkelrot, und das Blut breitete sich immer weiter aus. Er griff zur breitesten der Binden. Es war zu spät, den Verband zu wechseln, er konnte ihn nur verstärken und hoffen, das Blut zum Stillstand zu bringen. Er wickelte sich die Binde um seinen Hals und befestigte das Ende mit den Klammern, die in sie eingerollt gewesen waren. Seine Bewegungsfreiheit war damit noch weiter als zuvor eingeschränkt, aber er wollte einfach nicht daran denken.

Er wechselte die Kleidung, zog den Kragen des Hemds am Hals weit hoch, steckte die Automatic in den Gürtel und die Fischerleine in die Tasche… Schritte! Die Tür ging auf. Er hatte sich an die Wand gedrückt, die Hand an der Waffe. Der alte Fontaine kam herein. Er stand einen Moment reglos, starrte Borowski an und schloß dann die Tür.

«Ich habe versucht, Sie zu finden, und wußte ehrlich nicht, ob Sie noch leben.«

«Wir benutzen die Funkgeräte nur, wenn wir müssen. «Jason löste sich von der Wand.»Ich dachte, man hätte es Ihnen gesagt.«

«Man hat es mir gesagt, aber Carlos wird inzwischen wohl auch ein Funkgerät haben. Er ist nicht allein, wissen Sie. Deswegen bin ich rumgelaufen und habe Sie gesucht. Dann fiel mir ein, daß Sie und Ihr Schwager vielleicht hier oben, im Hauptquartier, sein könnten.«

«Nicht sehr klug von Ihnen, draußen herumzulaufen.«

«Ich bin kein Idiot, Monsieur. Dann wäre ich schon viel früher zugrunde gegangen. Ich war sehr vorsichtig…«

«Was ist denn? Sie und der Richter sollten eigentlich irgendwo in einer leeren Villa sein, anstatt herumzulaufen.«

«Sind wir, waren wir. Sehen Sie, ich habe einen Plan, und ich denke, daß er Sie interessieren könnte. Ich habe ihn mit Brendan diskutiert…«

«Brendan?«

«Mit dem Richter, Monsieur. Er findet ihn brillant, sehr sagace…«

«Scharfsinnig? Kann ich mir vorstellen. Aber Brendan ist nicht in unserem Geschäft.«

«Er ist auch ein Überlebenskünstler. In dem Sinn sind wir alle gleich. Er meint, da gäbe es ein gewisses Risiko, aber welcher Plan ist unter diesen Umständen ohne Risiko?«

«Schießen Sie los.«

«Es geht darum, dem Schakal eine Falle zu stellen und dabei die anderen Leute hier möglichst wenig zu gefährden.«

«Das macht Ihnen wirklich Sorgen, wie?«

«Ich habe Ihnen bereits gesagt, warum. Ich brauche es, glaube ich, nicht zu wiederholen…«

«Machen Sie schon«, unterbrach Borowski ihn irritiert.»Was für eine Strategie haben Sie? Und ich hoffe, Sie haben begriffen, daß ich den Schakal ausschalten werde, und wenn ich die ganze Insel als Geisel nehmen muß. Ich bin nicht in Geberlaune. Ich habe schon zu viel gegeben.«

«Sie und Carlos umschleichen sich also? Zwei verrückte alte Jäger, besessen, den anderen zu töten, egal, wer sonst noch umgebracht oder verwundet oder zum Krüppel wird bei dem Handel?«

«Sie wollen Mitleid — dann gehen Sie in die Kirche und beten zu Gott. Er muß einen verschrobenen Sinn für Humor haben… Reden Sie vernünftig, oder ich haue ab.«

«Ich habe mir gedacht…«

«Reden Sie!«

«Ich kenne den Monseigneur, weiß, wie er denkt. Er plante meinen Tod und den meiner Frau. Doch sollten unser Tod und Ihrer zunächst in keinem unmittelbar erkennbaren Zusammenhang stehen. Nichts sollte von seinem Triumph über Sie ablenken. Die Enthüllung, daß ich, der sogenannte Held von Frankreich, in Wirklichkeit das Instrument des Schakals war, sein Geschöpf, sollte später kommen und wäre noch ein zusätzlicher, abschließender Beweis für seinen Triumph gewesen. Verstehen Sie?«

Jason schwieg und studierte den alten Mann.»Ja, ich verstehe«, antwortete er ruhig.»Er ist größenwahnsinnig. Davon gehe ich aus. In seinem Hirn ist er der König der Hölle und möchte, daß die Welt ihn und seinen Thron anerkennt. Er denkt, er sei ein verkanntes Genie und sei böswillig auf das Niveau von Punkkillern und Mafiamördern reduziert worden. Er möchte Pauken und Trompeten, aber alles, was er kriegt, sind Polizeisirenen und schlappe Razzien.«

«C'est vrai. Er hat sich einmal bei mir beklagt, daß beinahe niemand in Amerika ihn kennen würde.«